CO2 reduzieren…

Zweite Konferenz zur nachhaltigen Chemischen Konversion in der Industrie (Carbon2Chem®) -1-

„Wir führen den Kohlenstoff im Kreislauf“ – mit diesem kurzen Satz umschreibt sich das Projekt Carbon2Chem® (C2C), bzw. seine Macher, selbst. In C2C arbeitet ein großes Konsortium aus Wirtschaft und Wissenschaft an der Umsetzung eines flexiblen Carbon Capture and Utilization-(CCU)-Konzepts für die kohlenstoffbasierte Industrie. Gefördert wird das Kopernikus-Projekt, eines der größten, mit 60 Millionen Euro vom BMBF (siehe auch: solarify.eu/2016/06/27/co2-als-rohstoff-carbon2chem). In Berlin fand am 12. und 13.11.2018 die zweite Jahreskonferenz von Carbon2Chem statt.

CO2-Emissionen runter! – Fotomontage © Solarify

Ein besonderes Merkmal ist die Größe der umzusetzenden Lösung. Der modulare Ansatz zur CO2-Nutzung innerhalb branchenübergreifender Netzwerke aus Stahlindustrie, chemischer Industrie und Energiewirtschaft ermöglicht die Verbindung von Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit für große Industriestandorte nicht nur in Deutschland. Bisher lediglich energetisch genutzte Hüttengase dienen als Ausgangsstoff für die Produktion von Basis-Chemikalien, Kunststoffen und synthetischen Kraftstoffen.

Im Rahmen seiner zweiten Konferenz präsentierte das Konsortium nach zwei Jahren Projektlaufzeit in Dialog und Diskussion die Projektinhalte Fachleuten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, und untereinander. Die erste Konferenz hatte am 27.06.2016 in Düsseldorf stattgefunden (siehe: solarify.eu/nachhaltige-chemische-konversion-in-industrie).

Sven Plöger: „Vor lauter Anpassen das Vermeiden nicht vergessen“

Der ARD-„Wetterfrosch“ machte unter dem Titel „Klimawandel – Gute Aussichten für Europa?“ den ersten Aufschlag: Er zeigte eine Satellitenaufnahme vom Dürre-Sommer 2018 und zeigte so, dass der Klimawandel für jedermann spürbar geworden ist – viele hätten sich gefragt: „Ist das noch Wetter oder schon Klima?“ 70 bis 80 cm tief seien die Böden knochentrocken gewesen, die Probleme der Landwirte seien bekannt. Nur der Januar 2018 habe (viel) zu viel Regen gebracht, dann sei Schluss gewesen: im Oktober seien 99% weniger als gewohnt gefallen.

„Gegenwärtig emittieren wir 36 Mrd. t CO2 – und verbrauchen damit 1,6 Erden, 2050 werden es gar 2,3 Erden sein, wenn wir nichts ändern“. Daraus folgt für Plöger die Frage: „Wie erreichen wir die maximale Nutzung einer Erde? Die menschliche Gesellschaft sollte schon so schlau sein zu merken, dass es darauf ankommt, aktiv zu werden, aber wir sind 7,5 Milliarden Menschen.“ Und die Interessen auf verschiedenen Ebenen sei doch sehr unterschiedlich.

Unterschied zwischen Klima und Wetter

„Wetter ist der physikalische Zustand der Atmosphäre zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort“ – Wetter sei uns emotional sehr nah, und wir erinnerten uns an viele spezielle Wettersituationen; Klima dagegen sei die Statistik des Wetters, aber für Statistik hätten wir „halt kein Organ“.

„Klima ist die Gesamtheit der Wettererscheinungen an irgendeinem Ort oder einer Region während einer festgelegten Zeitspanne“. Entgegen der subjektiven Wahrnehmung müsse man beim Klima objektiv vorgehen – Plöger zeigte die seit 2002 steigenden Zuwächse der Jahresdurchschnitts-Temperaturen (2016 waren es +0,99 °C, 2002 dagegen noch +0,62°).

Die globalen Temperaturen „springen förmlich nach oben“ Der Klimawandel macht entgegen allgemeiner Wahrnehmung keine Pause – denn wir haben die Atmosphäre plus Hydrosphäre, die Meerestemperaturen seien stark angestiegen, die Ozeane hätten die Erderwärmung abgepuffert. Insgesamt sei die Durchschnittstemperatur in den vergangenen 100 Jahren um 0,8° angestiegen, seit der letzten Eiszeit um 4-5°, für die nächsten 100 Jahre würden 2 bis 4° C erwartet. Wenn sich aber die Mitteltemperatur erhöhe und sich die Temperaturkurve verschiebe – Plöger zeigte die Gaußsche Normalverteilungskurve – dann ergebe das viel mehr heißere Tage (in Deutschland hätten die von 3 in den 50er Jahren auf heute 8 zugenommen).

„Über ‚menschengemacht‘ kann man lange diskutieren, aber klar ist, dass der Mensch einen erheblichen Einfluss hat. Meine persönliche Hoffnung ist, dass man sich nicht so an das Anpassen gewöhnt, dass man darüber das Vermeiden vergisst“. Man müsse die unbestreitbaren Ergebnisse der Klimaforschung „so nach außen bringen, dass die Leute darauf anspringen“ (das gelte für die Wissenschaft überhaupt). Plöger zitierte Schellnhubers drastische Formulierung: „Der Klimawandel  ist im Grunde genommen ein Asteroideneinschlag in Zeitlupe“. Deshalb geschehe zu wenig und zu langsam.

Plöger demonstrierte eindrucksvoll, welchen Einfluss das menschenverursachte Abschmelzen des Arktiseises (inzwischen seien 3,3 Mio km² Eis – ein Zehntel der Fläche Deutschlands – verschwunden) auf unser Wetter in Mitteleuropa habe. Wenn das arktische Eis abnehme, ergebe das manchmal ortsfeste Wetterextreme – sogenannte ständige „Blocking-Lagen“ – „wie ein defekter Rasensprenger“ – auf der einen Seite entstehe die Pfütze, die andere  vertrockne. Der Ausschlag des Jetstreams werde durch den geringeren Temperatur-Unterschied zwischen Äquator und Arktis stärker, die sogenannte Rossby-Welle lässt das Wetter „stehen“, mit teils katastrophalen Folgen, wie am 29.05.2016 in Braunsbach bei Heilbronn. Damals habe sich die Wetterlage („Tief über Mitteleuropa“) stabilisiert. Das habe dann solche Unwetter mit extremen Regenfällen zur Folge gehabt, die engen Tal-Durchlässe hätten die Gewalt des Wassers noch verstärkt. Plöger bejahte den Trend, dass der Klimawandel Extremwetterereignisse befördert.

Die Klimamodelle von vor 20 Jahren könnten laut Plöger inzwischen als bestätigt gelten. Klimawandel sei nicht nur Theorie. Aber: Noch würden mehr als 80 % der Energie fossil erzeugt. Die Sonne liefere 6.000mal soviel Energie, wie wir weltweit verbrauchten. Erneuerbare Energien seien inzwischen grundlastfähig. „Wenn wir die Energiewende gut hinkriegen, dann wäre das ein Beispiel für die Chinesen, denn nachmachen können die, dann haben wir einen Beitrag zur Rettung der Welt geleistet“. Im Anschluss ergänzte Robert Schlögl (Gründungsdirektor des CEC Mülheim): Das habe sich bereits gedreht: Die Chinesen seien heute schon weiter als wir. Nicht sie hätten von uns, sondern wir von ihnen zu lernen.

Folgt: Görge Deerberg (Fraunhofer UMSICHT): Carbon2Chem® – Stand nach zwei Jahren