Aufgabe im L0-Systemintegrationsprojekt
Die Aufgabe im L0-Systemintegrationsprojekt besteht darin, die Ergebnisse aus den Teilprojekten L1-L6 zusammenzuführen und in das Gesamtsystem zu integrieren, was im Wesentlichen die systemischen Voraussetzungen für eine erfolgreiche technische Integration schafft. Neben den technikorientierten Fragen gibt es auch übergeordnete Aufgaben, wie z.B. die Berücksichtigung von soziokulturellen Interaktionen zwischen den sozialen Kräften, die sich aus dem Energiewechsel ergeben.
Deerberg skizzierte die Vorgehensweise und angestrebte Ergebnisse: Szenarien müssten generiert werden – aus 40 relevanten externen Einflussgrößen und Deskriptoren entstünden zunächst 900 Milliarden Szenarien; die müssten mittels einer sogenannten Cross-Impact-Bilanzanalyse reduziert werden (das sei schwierig und fehlerträchtig). Schließlich würden im Rahmen einer Einflussfaktoren-Analyse 25 Schlüsselfaktoren ausgewählt. Nach Definition von je 2-3 Ausprägungen pro Schlüsselfaktor komme man auf „nur noch“ ca. 250 Mrd. Szenarien. Mittels Wirkungsbilanzen würden dann konsistente Szenarien und maßgebliche Schlüsselfaktoren ermittelt – dann erfolge die Auswahl relevanter Szenarien und die Festlegung im Expertenteam. Für die Basisszenarien gelte: Parametersätze für Systembetrachtungen durch Simulation lägen vor.
Weiter gehe es um Generierung von Informationen und Bereitstellung von Daten:
- Zeitreihen müssten für Stoff- und Energieflüsse für ein Beispiel-Bezugsjahr aus dem Betrieb des Stahlwerkes erstellt werden
- Bestimmung der chemischen Komponenten im Rohgas (mehr als 700 Komponenten)
- Strommarktszenarien in Zeitreihen (bis 2030)
- Der erforderliche EE-Anteil muss ermittelt
- und Rolle der Strommarktpreise muss definiert werden
Die Entwicklung von Prozesskonzepten zeigte Deerberg exemplarisch an der Variante zur Integration der Methanolsynthese:
Laut Deerberg bestehen keine Hindernisse für eine CO2-arme Wirtschaft. In einer stationären Betrachtung ergibt sich, dass der Methanol-Produktions-Prozess ab 35 €/MWh wirtschaftlich ist; bei mehr als 80% EE ist der Prozess CO2-sparend. In einer dynamischen Betrachtung ergibt sich, dass der Strompreis mit steigendem EE-Anteil sinkt; Ziel seien daher: 550 Euro pro Tonne MeOH.
Zusammenfassend stellte Deerberg fest: Bisher seien keine technologischen Hindernisse bekannt – die Gasreinigung sei möglich und die Katalysatoren seien wechsellastfähig und tolerant gegenüber Änderungen in der Gaszusammensetzung. „Sowohl in stationärer als auch in instationärer Betrachtung“ sah Deerberg erfolgreiche Szenarien: „Die Optima liegen aber nicht übereinander“ – wesentliche Einflussparameter seien der Anteil der Erneuerbaren am Strommix, der Strom- und der CO2-Preis – schließlich deren Auswirkung auf den CO2-Fußabdruck. Entscheidend aber sei die Energie- und Wasserstoffversorgung; die Wasserelektrolyse dominiere den Energiebedarf. Regularien und deren Anpassung sah Deerberg noch als „offene Baustelle“.
[note Abschließend teilte Deerberg ein positives Zwischenergebnis mit: „Nach zwei Jahren sind alle Projektmeilensteine eingehalten worden, aus der prozessbezogenen Sicht ist eine systemische Sicht geworden, die Vernetzung der komplementären Kompetenzen im Konsortium wächst.“ Zudem stehe die Infrastruktur des Projekts und ermögliche den Weg von der Grundlagenforschung zum industriellen Maßstab. Die Simulationsplattform und die meisten Modelle seien bereit. Man könne jetzt in die Jahre 3 und 4 mit dem Schwerpunkt Systemgestaltung und -bewertung (Wirtschaftlichkeit, Nachhaltigkeit, Übertragbarkeit) eintreten.]
Markus Oles (thyssenkrupp) : Die Herausforderung: Klimaschutzziele für die Wirtschaft
Die Klimaziele der Wirtschaft seien nicht zu trennen von den Klimazielen der Gesellschaft, begann der C2C-Verantwortliche bei thyssenkrupp seinen Vortrag. Als technische Herausforderungen der Industrie nannte Oles ähnlich wie sein Vorredner:
- Die Stabilität von Katalysatoren
- mit bestehenden Katalysatoren aus Hüttengasen Methanol und Ammoniak etc. herauszuholen, sei nicht selbstverständlich
- damit einhergehend die Gasreinigung und -konditionierung
- Alle sei abhängig von Schwankungen der Energieversorgung, der Gaszusammensetzung, des Portfolios der Produkte und der Stabilität der Elektrolysesysteme
- bis hin zur Umweltbilanz (LCA – Lebenszyklusanalyse).
Die CO2-Emissionen seien die größte Herausforderung der energieintensiven Industrien der EU, sie hätten aber bereits beträchtlich abgenommen – mit Chemie-Industrie, Düngemittelherstellung, Zement- und Stahlproduktion an der Spitze. Ähnliches gelte für ihren Energieverbrauch – sie hätten also bereits auf die Klimaziele „eingezahlt“. Anders die Emissionen aus dem Verkehr und aus Raffinerien: die hätten weiter deutlich zugenommen. Der Umstieg muss von C-basierten Produktionstechnologien zu e-basierter Produktion gelingen. Der Energieverbrauch in e-intensiven Industrien hat sich bereits signifikant reduziert.
Aber Chemie und Stahlindustrie nutzten im wesentlichen kohlenstoffbasierte Prozesse; die Energie dazu werde meistenteils importiert. Dabei bediene die Binnenschifffahrt it 22 Mio. t im Jahr die logistische Hauptschlagader, den Rhein – aber soeben gefährde der Klimawandel die Versorgung der Industrie. Momentan würden wegen des Niedrigwassers statt der großen Frachtkähne kleine Motorboote eingesetzt.
Die Gesamtproduktion an Erneuerbaren Energien würde gegenwärtig gerade für die Stahlproduktion ausreichen – das zeige, welch riesige Mengen benötigt würden.
Die Elektrifizierung schreite jedoch nur langsam voran, von 1990 bis heute nur um ganze 3 Prozent; das erfordere Import auch Erneuerbarer Energieträger wie Wasserstoff oder Ammoniak mittels Schiffen oder Pipelines. Investitionen in klimaneutrale Industrien laufen über Jahrzehnte, Lebensdauer der Anlagen begrenze jedoch diese Prozesse. Oles rechnet mit Mehrkosten von ca. 120-230 Mrd. bis 2030 und stellte die Frage, ob die Industrie das auf die Kunden umlegen oder auf staatliche Förderung vertrauen solle.
Es bleibe das Problem der sozialen Akzeptanz. Das Wachstum der EE, technische Innovationen und die vernetzte Welt bedeuteten weltweite industrielle Herausforderungen und brächten innovative Antworten hervor, so Oles. Er nannte vier Herausforderungen:
- Die technischen Herausforderungen nehme das Projekt Carbon2Chem auf
- Die Infrastruktur müsse geschaffen werden
- Ebenso der Zugang zu Erneuerbaren Energien
- „Die gesellschaftliche Akzeptanz wird uns weiter beschäftigen“ (Oles).
Folgt: Zea Stassberger (Akzo Nobel): Waste to chemistry: Waste to Methanol, lessons learnt!