Hardware-Nachrüstung von Klein-Lkw

Dieselgipfel 3: Regierung buttert eine halbe Milliarde Euro mehr zu

Sie geht also doch, entgegen den übereinstimmenden gebetsmühlenhaften Beteuerungen mehrerer Verkehrsminister und Autobosse: Die Hardware-Nachrüstung – jedenfalls im ÖPNV. Die Bundesregierung will die Kommunen mit zusätzlichem Geld unterstützen, um die Luft in den Städten zu verbessern. Nach dem dritten Berliner Dieselgipfel in Berlin – diesmal ohne die Automobil-Unternehmen – kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel Merkel gemeinsam mit Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer an, der Bund werde das entsprechende Programm um eine halbe Milliarde Euro auf dann anderthalb Milliarden aufstocken – so zahlreiche Medien am 03.12.2018.

Diesel-Abgase vermeiden – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Zusätzlich werde der Bund noch gut 430 Millionen für die Hardware-Nachrüstung von Klein-Lkw, die in erster Linie Handwerker und Paketdienste nutzen, bereitstellen. Laut Merkel überschreiten derzeit bundesweit 65 Städte die Stickoxid-Grenzwerte, davon 25 deutlich (hier drohen Fahrverbote) – 249  nicht.

[note Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan: „Eine reine Finanzspritze greift viel zu kurz, um das gewaltige Problem, das die Autokonzerne uns eingebrockt haben, zu lösen. Verkehrsminister Scheuer muss VW, Daimler, BMW und Co in die Verantwortung nehmen und sie zu verbindlichen Hardwarenachrüstungen zwingen. Sonst wird auch diese zusätzliche Milliarde weitgehend wirkungslos verpuffen. Es braucht eine konsequente Verkehrspolitik, die klar aufzeigt, wie wir künftig Mobilität in unseren Städten ohne schädliche Diesel und Benziner organisieren wollen. Stattdessen führt Scheuer ein nicht enden wollendes Dieseldrama vor, bei dem auch dieser Gipfel nicht der letzte Akt war.“]

Die Vertreter der Kommunen kritisierten, dass die Mittel für eine Verkehrswende nicht ausreichten, schreiben Arne Meyer-Fünffinger und Josef Streule, ARD-Hauptstadtstudio, auf tagesschau.de. Das im vergangenen Jahr aufgelegte „Sofortprogramm Saubere Luft 2017-2020“ („Sofort“ wirke inzwischen eher lachhaft, so andere Korrespondenten) hatte bisher einen Umfang von einer Milliarde Euro. Mit den 500 Millionen Euro will die Bundesregierung den Städten unter anderem bei der Hardware-Nachrüstung unter die Arme greifen. Hinzu kommt noch mal eine ähnliche Summe, die der Bund für die Förderung der Hardware-Nachrüstung von Kleinlastern ausgeben will. 432 Millionen Euro sind dafür vorgesehen, wie Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer allerdings schon Ende November im Rahmen der Debatte über den Verkehrshaushalt im Deutschen Bundestag erläutert hatte.

Bei der Verkündung der nach dreistündigen Beratungen vorgestellten Ergebnisse sprach Merkel von einem „sehr sinnvollen Treffen“. Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling, Präsident des Verbandes Kommunaler Unternehmen, begrüßte zwar die Erhöhung der Fördersumme durch die Große Koalition, aber er kritisierte auch, es fehle der große Wurf für die Zukunft. Es gebe keine langfristigen Konzepte, und die Mittel für eine echte Verkehrswende reichten nicht aus, sagte er.

[note Ebling („Herr Scheuer sollte erst mal seine Hausaufgaben machen“) zu den Ergebnissen des heutigen Spitzentreffens in Berlin:

  1. „Die Bundesregierung hat das Thema viel zu lange unterschätzt. Sie hätte die Sorgen der Städte und Bürger früher ernst nehmen müssen. Nun kommt ein Urteil nach dem anderen. In dutzenden Städten drohen Fahrverbote und damit schwere Einschränkungen des öffentlichen Lebens.“
  2. „Jetzt drohte auch noch das Geld in den Fördertöpfen knapp zu werden. Bei der Förderung der Elektromobilität ist die Summe mehrfach überzeichnet. Viele Städte sind besorgt, mit ihren konkreten Projekten leer auszugehen. Deshalb ist es gut, dass die Bundesregierung heute unter dem Druck der Städte bei der Umstellung auf neue Antriebe nachgelegt hat.“
  3. „Uns fehlt der große Wurf für die Zukunft. Es gibt keine Langfristkonzepte und die Mittel für eine echte Verkehrswende reichen nicht aus.“
  4. „Das Dieselthema ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Verkehrswende aber bedeutet viel mehr. Die Bundesregierung muss dringend dauerhaft Mittel für den Wandel des Verkehrs in Städten bereitstellen. Wir kämpfen gegen den Kollaps. Die Städte wachsen weiter. Das bedeutet: Der öffentliche Nahverkehr muss ausgebaut werden und bezahlbar bleiben, der Individualverkehr besser gesteuert und alternative Konzepte wie Sharing-Modelle unterstützt werden.“]

Kuhn kritisiert Autoindustrie

Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn, auch Vizepräsident des Deutschen Städtetages, kritisierte die Automobilindustrie, die habe viel von dem angerichtet, was es jetzt zu reparieren gelte. Deren Umtausch- und Umweltprämien erreichten viele Menschen nicht, denn BMW, Daimler und Volkswagen böten ihre Rabatte nur in den Städten mit besonders hoher Schadstoffbelastung an. Kuhn will daher den Druck beim Thema Hardware-Nachrüstung für ältere Diesel-Pkw erhöhen und sprach sich für die Einführung der blauen Plakette zur leichteren Kontrolle der Einhaltung von Fahrverboten.

Bundesverkehrsminister Scheuer will den Zeitplan in Sachen Pkw-Hardware-Nachrüstung verschärft haben. Noch in diesem Monat werde die notwendige technische Richtlinie kommen, an der sich die spezialisierten Unternehmen orientieren können. Dass die Branche nachlegen muss,  belegte der Car-Rabatt-Index des Center Automotive Research an der Universität Duisburg-Essen. Darin kommt Automobilexperte Ferdinand Duddenhöffer zu dem Schluss, dass die bisherigen Umtausch- und Umweltrabatte bei den Verbrauchern zu einer großen Verunsicherung geführt haben. „Mittlerweile hat sich ein Dickicht an Aktionen entwickelt“, so Dudenhöffer. Zudem kämen die Eintauschprämien durch den hohen Wertverlust der älteren Diesel-Fahrzeuge bei den Haltern nicht an. Die Autohersteller selbst geben sich noch sehr bedeckt, was den Erfolg der im Herbst gestarteten Umtauschprämien angeht.

Der SPIEGEL ätzt denn auch: „Der Umtausch-Flop – Autofahrer verschmähen die sogenannte Umtauschprämie, mit der Regierung und Konzerne schmutzige Diesel von der Straße bekommen wollen. Ein BMW-Manager räumt ein, dass die Rabattaktion unattraktiv sei.“

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