Vier Kategorien für Transformationen
„Einer biologischen Transformation lassen sich unterschiedliche Themengebiete zuordnen. Zu nennen sind hier: Nutzung von Biomassen, Biotechnologie, Gentechnik, Entwicklung bionischer Formen und Materialien, evolutionäre Entwicklungsansätze in der Technik, Übertragungen biologischer Erkenntnisse in die Ökonomie, Human Enhancement, Organisationsformen für Produktionsabläufe, Robotik sowie die Konstruktion von Maschinen, die Lebewesen oder Teile von Lebewesen als Funktionselemente enthalten. Aufgrund der Unterschiedlichkeit der genannten Themen wurde (Kap. 1.4) der Versuch unternommen, Aspekte, die das Wesen verschiedener Transformationen ausmachen, zu identifizieren.“ Dafür definierte der Fraunhofer-UMSICHT-Diskurs vier Kategorien:
- „Materialadaptionen umfassen den Ersatz von anorganischen Materialien durch biologisch entstandene Materialien, beispielsweise Biomasse.
- Formadaptionen beinhalten eine Übertragung von in lebenden Strukturen vorkommenden Konstruktionsprinzipien auf technische Anwendungen. Hierzu gehört die klassische Bionik.
- Systemadaptionen beinhalten Adaptionen von Eigenschaften, die Lebewesen zukommen ader in Systemen zu finden sind, die sich aus Lebewesen konstituieren. Hierzu gehört beispielsweise die Anwendung evolutionärer Prinzipen auf technische Entwicklungen oder wirtschaftliche Strukturen.
- Biologisch-Technische-Konvergenzen umfassen die Imitation oder Umgestaltung von Lebewesen, wie sie beispielsweise in den Forschungen zur Künstlichen Intelligenz (KI) oder in Teilgebieten der Synthetischen Biologie vorgenommen werden. Auch Kombinationen aus technischen Elementen und Lebewesen, lebenden Systemen bzw. funktionellen Einheiten aus Lebewesen (z. B. DNA-Segmente und Enzyme) gehören in diesen Bereich.“
Indem Unterschiede zwischen biologischen Vorgängen und technischen Prozessen befragt werden, stellt der Bericht fest, dass Technik, Wirtschaft und Gesellschaft von Menschen konstituierte Gegebenheiten sind. Mit Technik verfolgen Menschen zweckgerichtete Ziele – im Gegensatz zur Natur, die keine Zwecksetzung kenne. Zwecksetzung gebe der technischen Entwicklung eine Richtung, während die biologische Evolution ungerichtet verlaufe. Technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen seien im Kern von Menschen gesetzte Systeme, in denen an vielen Stellen Zwecksetzungen vorgenommen werden, beispielsweise Absichten und Ideen von Erfindern, Entscheidungen von Kapitalgebern oder forschungspolitische Richtungsvorgaben. „Die Zwecksetzung bleibt auch erhalten, wenn konventionelle Vorgehensweisen in der Technikentwicklung durch Strategien ersetzt werden, die sich an Mechanismen der biologischen Evolution orientieren, da die Auslesekriterien durch die von Menschen gesetzten Entwicklungsrichtungen vorgegeben werden (Kapitel 51). Dasselbe gilt auch, wenn der Begriff Evolution auf Organisationen wie Unternehmen angewandt wird, da auch hier Entscheidungen mit einer zwecksetzenden Absicht versehen sind.“ Der Begriff Lebewesen oder lebendes System könne bei Unternehmen (Kapitel 52) oder Maschinen nur metaphorische Bedeutung haben.
„Menschliche Zwecksetzung und die Existenzweise von Lebewesen treffen an verschiedenen Stellen der o. g. Felder aufeinander. Sie spielen beispielsweise eine Rolle, wenn Menschen und Maschinen ein neues Handlungssystem bilden, technische Elemente in den Körper von Lebewesen eingebracht werden oder technische Systeme konstituiert werden, die Lebewesen als technische Elemente enthalten. All diesen Kombinationen ist wesentlich, dass sie biologische und technische Aspekte miteinander kombinieren und sowohl eine biologische als auch eine technische Dimension enthalten (Kapitel 5.9)… Grundsätzlich ist festzuhalten, dass biologische Technik zu neuen Anwendungen führen wird, die das menschliche Handlungsvermögen erweitern können. Was aber liegt bei verschiedenen Kombinationsformen aus Biologie und Technik seinem Wesen nach vor und was ist die Grundlage für ethische Überlegungen, wie mit dieser neuen Biologie oder Technik umgegangen werden soll? Diese Aspekte wurden im vorliegenden Text für unterschiedliche Biologie-Technik-Kombinationen teilweise diskutiert.“
Würden Lebewesen und technische Komponenten zu einem System zusammengefügt, dominiere für das Gesamtsystem der technische Aspekt. Lebendige Teile von Lebewesen würden wie Maschinen optimiert und betrieben. Sie selbst seien aber Lebewesen, die auch als solche zu behandeln seien, obwohl ihre Seinsweise technisch verändert worden sei. „Wenn Menschen und technische Elemente zusammenwirken und die menschliche Komponente dominiert, wird Technik in das Leben von Menschen integriert; es bildet sich ein integriertes Handlungssystem aus.“
Folgt: Biologisch transformierte Technik „muss nachhaltig sein“