Schon lange vom Bundesrat gefordert – Scheuer-Ministerium veröffentlicht weitere Förderrichtlinien für Handwerker- und Lieferfahrzeuge
Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) stellt ab dem 01.01.2019 zunächst rund 333 Millionen Euro für die Hardware-Nachrüstungen von leichten und schweren Handwerker- und Lieferfahrzeugen bereit, um von NOx-Grenzwert-Überschreitungen betroffene Städte zu unterstützen. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer: Handwerker- und Lieferfahrzeuge z.B. von Glaserbetrieben oder Paketzustellern sind tagtäglich in unseren Innenstädten unterwegs. Hier können wir mit einer Hardware-Nachrüstung viel für die Luftqualität erreichen. Mit einer Hardware-Nachrüstung dieser Kleinlaster lassen sich bis zu 85 Prozent NOx einsparen.“
Derselbe Scheuer hatte noch am 16.09.2018, also vor gut drei Monaten, gesagt: „Ich habe weiterhin rechtliche, finanzielle und technische Bedenken, bei älteren Diesel die Hardware umrüsten zu lassen. Und die bleiben“. Die Botschaft (laut Welt): Aufwändige Umbauten an den Motoren lehnt er ab; er folgt den Autobossen, die gebetsmühlenhaft seit dem ersten Dieselgipfel wiederholt haben: Hardwarenachrüstung geht technisch und finanziell nicht (wenn sie auf ihre Kosten geht). Nur zwei Tage später sagte Scheuer etwas anderes: „Wir werden uns technisch Gedanken machen, wie wir bestehende Fahrzeuge noch sauberer bekommen“, gibt er mittels Videobotschaft bekannt – will heißen: Er werde ein neues Konzept vorlegen. Scheuer denkt schnell. Jetzt ist es nicht mehr unmöglich.
Förderberechtigt sollen nun sein:
- Fahrzeughalter mit gewerblich genutzten Fahrzeugen der Klassen Nl und N2 mit einer zulässigen Gesamtmasse von 2,8-7,5 t, die ihren Firmensitz in einer der 65 von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Städte mit einem NO2-Jahresmittelwert von mehr als 40 ?/m³ betroffenen Stadt oder den angrenzenden Landkreisen haben
- sowie die gewerblichen Fahrzeughalter, deren Firma nennenswerte Aufträge in der Stadt hat (25 Prozent oder mehr der Aufträge pro Jahr bzw. 25 Prozent oder mehr des Umsatzes).
Für die Förderung müsse zudem eine Allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) für die Nachrüstsysteme nachgewiesen werden. Damit werde sichergestellt, dass die Einsparziele in Höhe von bis zu 85 Prozent auch im Realbetrieb erreicht werden. Für die Relativierung des „technisch unmöglich“ schiebt Scheuers Ministerium eine Erklärung nach: Die Nachrüstung dieser Fahrzeuge sei „weniger komplex als bei den Pkw, weil es hier weniger Modellvarianten gibt und oftmals mehr Bauraum vorhanden ist“. Das BMVI habe dafür technische Anforderungen erarbeitet. Die Anträge für Nachrüstsysteme könnten beim KBA, Förderanträge für die Nachrüstung leichter (2,8 t – 3,5 t zulässige Gesamtmasse) und schwerer (3,5 t – 7,5 t zulässige Gesamtmasse) Handwerker- und Lieferfahrzeuge ab 01.01.2019 bei der Bundesanstalt für Verwaltungsdienstleistungen gestellt werden.
NachrüstungDie Kosten für Hardware-Nachrüstungen betrügen bei den leichten Handwerker- und Lieferfahrzeugen 4 – 8.000 Euro pro Fahrzeug, bei den schweren Fahrzeugen 6 – 12.000 Euro. Die Höhe des Zuschusses ist abhängig von der Unternehmensgröße. Dieser Zuschuss ist bei Fahrzeugen unter 3,5 t auf einen Höchstbetrag von 3.800 Euro und bei den Fahrzeugen ab 3,5 t auf einen Höchstbetrag von 5.000 Euro bei einer Antragstellung bis zum 31. Mai 2019 bzw. auf einen Höchstbetrag von 3.000 Euro, bzw. 4.000 Euro bei einer Antragstellung ab dem 01. Juni 2019 begrenzt.
2019 und 2020 stünden zunächst rund 333 Millionen Euro für das Förderprogramm zur Verfügung. Es sei bis zum Ende des Jahres 2020 befristet. Mit Veröffentlichung der Richtlinien könne die Hardware-Nachrüstung von zunächst mehr als hunderttausend Fahrzeugen gefördert werden. Die Förderrichtlinien für die leichten und schweren Handwerker- und Lieferfahrzeuge werden nach der jeweiligen Veröffentlichung im Bundesanzeiger auf den Internetseiten des BMVI unter dem Link bmvi.de/scheuer-richtlinie-lieferfahrzeuge veröffentlicht.
Solarify meint: Ein Weihnachtswunder! Das war doch bisher gar nicht möglich (aus verschiedenen Gründen, die perfekt ineinandergriffen) – auch nach Meinung verschiedener Minister. Sollten ihnen die Fahrverbotsurteile,aber auch die (verlorenen) Wahlen vielleicht! Beine gemacht haben…?
Bundesrat schon lange so weit
Der Bundesrat hatte schon in seiner 973. Sitzung 14.12.2018 die Bundesregierung in seiner Stellungnahme zur geplanten Immissionsschutznovelle aufgefordert, mit dem Sofortprogramm Saubere Luft verstärkt auf Hardware-Nachrüstung zu setzen. In seiner Stellungnahme spricht sich der Bundesrat unter anderem dafür aus, dass Nachrüstung und Umtauschprämien flächendeckend und nicht nur in besonders belasteten Gebieten möglich sein sollen. Außerdem müsse die beabsichtigte Förderung zur Nachrüstung von Kommunalfahrzeugen auch für kleinere gewerblich genutzte Fahrzeuge wie Liefertransporter gelten. Ausdrücklich appelliert er an die Bundesregierung, die Diesel-Nachrüstung unverzüglich zu regeln.
Ausnahmen klar definieren – Klasse 6 darf weiterfahren
Der Gesetzentwurf stellt unter anderem klar, dass Dieselfahrzeuge mit den Abgasnormen Euro 4 und 5 von den Fahrverboten ausgenommen werden, wenn sie im Alltag weniger als 270 Milligramm Stickoxid pro Kilometer ausstoßen. Diese Fahrzeuge müssten klar definiert werden, unterstreicht der Bundesrat. Die Bundesregierung solle eine entsprechende Liste vorlegen.
Vollständig vom Fahrverbot ausgenommen sind nach dem Gesetzentwurf Diesel-Pkw mit der Abgasnorm 6. Auch nachgerüstete Nutzfahrzeuge dürfen weiter fahren. Dabei geht es vor allem um solche Fahrzeuge, die mit öffentlichen Geldern nachgerüstet wurden.
Außerdem ermöglicht die beabsichtigte Gesetzesänderung es den Städten, auf Fahrverbote zu verzichten, wenn die Stickstoffdioxidbelastung 50 Mikrogramm nicht überschreitet. In diesen Gebieten sei davon auszugehen, dass der europarechtlich vorgegebene Wert von 40 Mikrogramm bereits mit Maßnahmen wie Softwareupdates, Elektrifizierung des Verkehrs, Nachrüstung des ÖPNV und Hardwarenutzung von Kommunal- und Lieferfahrzeugen erreicht werde, heißt es zur Begründung.
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