Energiearmut und Preisregulierung
Die Mitgliedstaaten werden in der Lage sein, die Preise vorübergehend zu regulieren, um energiearme oder gefährdete Haushalte zu unterstützen und zu schützen, so die Verhandlungsführer. Es sollte jedoch der Bekämpfung der Energiearmut durch Systeme der sozialen Sicherheit Vorrang eingeräumt werden.
EU-Mitgliedstaaten, die noch die Haushaltspreise regulieren, können dies weiterhin tun, aber sie legen Berichte vor, um die Fortschritte bei der Abschaffung der Preisregulierung zu bewerten. Bis 2025 legt die Kommission einen Bericht über die Fortschritte der EU insgesamt vor, der auch einen Vorschlag zur Abschaffung der regulierten Preise enthalten kann.
Nachdem die Einigung erzielt wurde, sagte der Berichterstatter Krišj?nis Karinš (EVP, LV): „Dieses Abkommen ist gut für das Klima und gut für die Brieftasche. Es wird zur Umstellung auf eine sauberere Stromerzeugung beitragen und den Strommarkt über die EU-Grenzen hinweg wettbewerbsfähiger machen. Es ist dem Parlament gelungen, die hohen staatlichen Subventionen abzuschaffen, damit der Markt seine Aufgabe erfüllen kann, die Industrie und die Haushalte der EU mit bezahlbarer und sicherer Energie zu versorgen“.
Nächste Schritte
Die Vereinbarung wird nun dem Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie und dem Plenum zur Genehmigung vorgelegt, ebenso dem Rat. Die Verordnung und die Richtlinie tritt 20 Tage nach ihrer Veröffentlichung in Kraft. Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie bis zum 31.12.2020 umsetzen.
„Die Reform des europäischen Strommarktes verankert zum ersten Mal das Recht für Verbraucher, ihren eigenen Strom in ‚Bürger-Energiegenossenschaften‘ zu erzeugen, zu verkaufen und zu teilen“, so Euractiv-Autor Simon. „Dies gilt als potenzieller Wendepunkt für kleine Erzeuger Erneuerbarer Energien.“ Bereits im November 2016, als er die Vorschläge präsentierte, kündigte der Klima- und Energiekommissar Miguel Arias Cañete „eine Revolution im Bereich der sauberen Energien,“ an. „Verbraucher und Kommunen werden befähigt, sich aktiv am Strommarkt zu beteiligen und ihren eigenen Strom zu erzeugen, ihn zu verbrauchen oder an den Markt zurückzuverkaufen,“ hatte die Kommission damals gesagt. Simon: „Zwei Jahre später scheint dieses Versprechen tatsächlich weitgehend eingehalten worden zu sein – zumindest auf dem Papier.“
Im Mittelpunkt der Vision stehen „aktive Verbraucher“, die ihren eigenen Strom über Dachsolarzellen, Batterien und Ladestationen für Elektrofahrzeuge erzeugen, bzw. verbrauchen. Nach Schätzungen der Europäischen Kommission könnten bis 2030 über 100 GW Wind- und Solarstrom im Besitz von Bürger-Energiegenossenschaften sein, was 17 bzw. 21 Prozent der insgesamt installierten Wind- und Solarkapazitäten entspricht.
Die Vereinbarung führt den Begriff der „Bürger-Energiegenossenschaften“ in das EU-Recht ein. Zu diesen Genossenschaften können sowohl Privatpersonen als auch Genossenden, lokale Behörden und kleine Unternehmen gehören.
Und die praktische Umsetzung?
Da nun auf europäischer Ebene Regeln für Bürger-Energiegenossenschaften verabschiedet wurden, stellt sich die Frage, wie die EU-Mitgliedstaaten diese auf nationaler Ebene umsetzen. Es zeigt sich bereits, dass viel Raum für eigene Interpretationen bleibt. Noch ist unklar, was die nationalen Regulierungsbehörden genau tun sollen. Faktisch können lokale Energiesysteme je nach Kontext und Geschichte der vorhandenen Infrastruktur sehr unterschiedlich aussehen. In Frankreich beispielsweise ist das Energieverteilungsnetz ein Monopol im Besitz des Staatsunternehmens Enedis, während die Netze in anderen EU-Regionen dem Wettbewerb offen stehen. Die Umsetzung der EU-Vorschriften auf nationaler Ebene könnte sich in der praktischen Anwendung stark unterscheiden.
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