Die Welt ist unser Hinterhof
Es gab diese Woche zwei gute Nachrichten: Die EU will Einwegplastik verbieten, und der Klimaschutz kommt endlich ein bisschen voran. Nicht allen gefällt das. Für diese Haltung gibt es ein Wort. Für die sehr verbreitete „sollen doch erst mal die anderen“-Haltung gibt es den schönen englischen Ausdruck Nimbyism. Nimby steht für not in my backyard, nicht in meinem Hinterhof. In Großbritannien ist der Begriff sogar schon zu einer gesellschaftlichen Kategorie geworden: Sei kein Nimby. In seiner SPIEGEL online-Kolumne vom 23.12.2018 empiehlt uns Christian Stöcker dringend ein Umdenken in Richtung „Nomp“.
Nachdem die EU viele Plastikgegenstände zu verbieten beschlossen habe, notierte Stöcker teils „erstaunliche Reaktionen“. Man konnte, so der SPIEGEL-Kolumnist, gar „den Eindruck bekommen, Plastikbecher seien ein zentraler Bestandteil der nationalen Identität. Mancher schwärmte ernsthaft von der Haptik von Plastikwattestäbchen.“ Die Bürger der EU würden „drangsaliert“ und ähnlicher Unsinn schoss bei Twitter ins Kraut.
Hilfs-Nimby Altmaier
Hauptargument der Plastikverbots-Gegner ist aber nicht, dass Plastik sich so toll anfühlt, sondern: Die anderen seien viel schlimmer. Warum ausgerechnet wir? Sollen doch die Chinesen erst mal. Oder die Inder. Denn die produzieren doch das Zeug. Dass sie das ganz schnell wieder sein ließen, wenn unsere Nachfrage erschlaffte, spielt in der messerscharfen Argumentation keine Rolle. Das bringt Stöcker dazu, sich lustvoll-polemisch den VDA und die von ihm vertretene Branche vorzuknöpfen, die Automobilindustrie:
„Der seit Jahren größte, mächtigste und rücksichtsloseste Nimby in Deutschland ist die Automobilindustrie. Als sich die Welt in Katowice endlich auf wenigstens etwas verbindlichere Ziele zur Reduktion des CO2-Ausstoßes verständigt hatte, bemängelte der Lobbyverband VDA tatsächlich, durch neue Grenzwerte würde die ‚europäische Automobilindustrie im internationalen Wettbewerb stark belastet'“. Stöcker empfiehlt, die Pressemitteilung des VDA ausführlich durchzulesen, sie sei „ein erschütterndes Dokument des institutionellen Nimbyism“. Denn darin wird allen Ernstes das Fehlen „effektiver Anreize für Innovationen“ bemängelt. Stöcker: „Ernsthaft? Peter Altmaier sprang der Branche als eine Art Hilfs-Nimby zur Seite.“ Die Argumente seien stets gleich: Alles sei zu schwierig. Zu teuer.
Und Stöcker spricht die Autoschlosser persönlich an: „Liebe Vertreter der Automobilindustrie: Nicht zuletzt durch eure jahrzehntelange Unfähigkeit, Lösungen für die bekanntlich von euren Produkten erzeugten Probleme zu finden, gepaart mit bemerkenswerter krimineller Energie, sind wir jetzt in dieser Situation. Den Leuten auf den Seychellen, den Salomonen und all den anderen Inseln und Küstenstreifen, die demnächst verschwinden werden, ist es egal, dass ihr befürchtet, dass dieser blöde Klimaschutz ‚Arbeitsplätze gefährdet‘.
Schließlich kommt die Erläuterung des neuen Begriffs „nomp“ – bitte weiterlesen.