NGO wollen Frankreich verklagen

Wegen Untätigkeit im Kampf gegen die Klimakrise

Vier Nichtregierungsorganisationen wollen den französischen Staat zum Klimaschutz zwingen: Wir werden ganz einfach den französischen Staat wegen Untätigkeit angesichts des Klimawandels verklagen“, schreiben sie auf ihren Internetseiten. Die Aktion nennt sich „L’Affaire du Siècle“ („Jahrhundertprozess“). Die vier Kläger sind Oxfam und Greenpeace France, die Fondation pour la Nature et l’Homme von Macrons Ex-Umweltminister Nicolas Hulot und Notre Affaire à Tous.

Rauch (CO2 und Feinstaub) – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Bis 30.12. schon fast zwei Millionen Unterstützer der Online-Petition

Die entsprechende Online-Petition für mehr Klimaschutz sprengt in Frankreich alle Rekorde. Jean-François Julliard von Greenpeace France erklärte: „Wir verklagen die französische Regierung, weil wir der Meinung sind, dass sie den Klimawandel nicht genug angeht. Wir wollen so sicherstellen, dass sie die Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels verstärkt.“ Wenn der Staat nicht innerhalb von zwei Monaten wirksame Gesetze erlasse, wollen die NGOs den Fall vors Verwaltungsgericht bringen. Fast zwei Millionen Franzosen unterstützen die Aktion bereits im Internet.

Kampf gegen den Klimawandel nicht zu Lasten der Schwächsten

„Der Klimawandel ist da: Er betrifft bereits unser Leben und schont niemanden. Wir erleben steigende Gewässer, schmelzendes Eis, eine Zunahme extremer Wetterereignisse, während Tier- und Pflanzenarten unaufhaltsam verschwinden. Dürren und Überschwemmungen werden immer verheerender. Unsere Bauernhöfe sind in Gefahr. Die Luft, die wir atmen, ist verunreinigt. Der Preis unserer Energierechnungen explodiert. Überall, sowohl im Süden als auch im Norden, sind verwundbare Bevölkerungsgruppen am stärksten bedroht. Besessen von den kurzfristigen Herausforderungen bleiben Staaten und Wirtschaftsakteure taub gegenüber den unzähligen Alarmmeldungen der am stärksten gefährdeten Personen, Wissenschaftler und Verbände. Während die Investitionen, die zur Behebung der Katastrophe erforderlich sind, hauptsächlich von den Reichen finanziert werden sollten, tragen die Mittelschicht und die Bedürftigsten heute auf undifferenzierte Weise dazu bei. Der Kampf gegen den Klimawandel darf nicht zu Lasten der Schwächsten gehen,“ schreibt das Portal boycottcitoyen.org.

Weltweit würden immer mehr rechtliche Schritte unternommen, um unzureichende Maßnahmen zur Eindämmung der globalen Erwärmung zu verurteilen – Frankreich bilde keine Ausnahme; Umwelt-Verbände hätten lange daran gearbeitet. Jetzt, nach der COP24, wo die Unfähigkeit der Staaten, ihre Maßnahmen zu verstärken, offensichtlich wurden, schickten die vier Nichtregierungsorganisationen Greenpeace, Oxfam, die Fondation pour la nature et l’Homme (FNH) und Notre affaire à tous am 18.12.2018 ein vorläufiges Dokument an Präsident Emmanuel Macron und die Regierung, in dem sie ihre Absicht kundtaten, den französischen Staat wegen Klimauntätigkeit zu verklagen.

„Wir ahnten, wie das Ergebnis der COP24 ausfallen würde“, erklärte Oxfam-Generaldirektorin und Ex-Ministerin Cécile Duflot: „Selbst bei ihren ersten Verpflichtungen sind die Staaten nicht in der Lage, Handlungsansätze zu entwickeln, und vor allem Frankreich nicht. Die Kläger weisen darauf hin, dass Frankreich, dessen Treibhausgasemissionen seit 2015 wieder ansteigen, seine kurzfristigen Ziele nicht einhält. Sie basieren auf der Verfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention, die den Schutz der Bürger gewährleisten. Sie verurteilen auch einen Verstoß gegen mehrere Verpflichtungen Frankreichs im Kampf gegen den Klimawandel nach internationalem Recht“.

Nach dem Verfahrensablauf hat der Staat zwei Monate Zeit, um zu antworten. Die NRO planen dann, wahrscheinlich im März, ein Rechtsmittel beim Pariser Verwaltungsgericht einzulegen. Die Idee ist, ihn zum Handeln zu zwingen“, sagt Cécile Duflot von Oxfam: „Dringlichkeit und Untätigkeit erfordern es. Es ist ernstzunehmen, dass die NGO, die sich immer an den Grenelle-Verhandlungen beteiligt haben, nun sagen: Jetzt ist es genug!“

Eine globale Bewegung, damit Staaten gegen den Klimawandel vorgehen

In anderen Länder klagen ebenfalls Bürger gegen Regierungen wegen Klimauntätigkeit:

  • In den Niederlanden haben die Gerichte die niederländische Regierung angewiesen, ihre Ziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Namen des Schutzes der Rechte ihrer Bürger zu erhöhen.
  • In Pakistan haben die Richter dank der rechtlichen Schritte eines Bauernsohnes einen Klimarat eingerichtet, um die Umsetzung der Klimaziele zu gewährleisten.
  • In Kolumbien haben 25 junge Menschen vom Obersten Gerichtshof die Notwendigkeit anerkannt bekommen, Maßnahmen gegen die Entwaldung und für den Klimaschutz zu ergreifen.

Der erste Schritt der Klage erfolgte am 18.12.2018 mit der Einreichung des vorläufigen Antrags an die Ministerien*), in der Hoffnung, eine starke und sofortige Antwort zu erhalten. Sollte die jedoch nicht zufriedenstellend ausfallen, werden die vier Verbände im März 2019 die vollständige Beschwerde beim Verwaltungsgericht Paris einreichen, die eigentliche Klage. In diesem Fall wird das Verfahren mehrere Jahre dauern. Entspreche die getroffene Entscheidung dann jedoch nicht den Erwartungen der beteiligten Antragsteller, könne eine Beschwerde beim Verwaltungsgericht und gegebenenfalls beim Staatsrat eingelegt werden.

*) Ministerium für den ökologischen und solidarischen Übergang, Wirtschaft und Finanzen, Öffentliches Handeln und Rechnungswesen, Territorialer Zusammenhalt und Beziehungen zum Parlament, Europa und Außenpolitik, Solidarität und Gesundheit, Landwirtschaft und Ernährung, Überseegebiete Frankreichs, Arbeit, Forschung und Hochschulwesen, Bildung.

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