Leseempfehlung: Vorleben statt verbieten
„Der Klimawandel ist keine Drohung mehr, sondern seit diesem Sommer Realität. Und alle machen weiter wie bisher. Wir brauchen endlich eine exekutive Härte im Alltag“, fordert der ZEIT-Kommentator. „Von rechts schallt es jetzt sicher laut: Ökodiktatur!“ Ein Kommentar von Jan Freitag auf Zeit-Online
(Kommentare geben Meinung und Informationen der Kommentierenden wieder, nicht in jedem Fall die von Solarify.)
Wer im Sommer aus dem Fenster sah, der spürte es: Die Klimakatastrophe kommt nicht, sie ist da. Und Schuld? Sind wir alle. Auch ich, soviel Ehrlichkeit muss sein. Würde das Gros der Menschheit meinen Lebensstil im Herzen einer deutschen Großstadt kopieren, die Erde hätte sich längst um mehr als zwei Grad erwärmt. Und das, obwohl ich vegetarischer Radfahrer mit Palmölphobie, Vintagehandy, einem Umwelttick bin, der mich lieber aus Pfützen denn aus Einwegplastik trinken ließe. Meine Frau meint schon, ich werde kauzig. Mag sein. Aber Käuze wie ich müssen allein 6,3 Milliarden Dosen Red Bull kompensieren, deren Produktion dafür mitverantwortlich ist, dass es kaum noch Pfützen gibt.
Man darf mich gern als Kauz bezeichnen. Als was ich mich hingegen nicht mehr bezeichnen lasse: missionarisch. Seit einem Kurztrip in den (Mitte der Neunziger noch masochistischen) Veganismus habe ich mir das Predigen nämlich abgewöhnt. Schlachtlaute im Grillimbiss wirkten schon damals destruktiv. Mein Freund Christoph zum Beispiel hat auf meine Tierwohlmahnungen hin nur ein zweites Big Meal geordert. Weil Druck bloß Gegendruck erzeugt, moralisiere ich kaum noch und falls doch, verständnisvoll. Vorleben statt verbieten, lautet die Devise. Und immer schön freundlich. Erzählt mir mal wieder jemand im Bekanntenkreis, er äße echt nur noch voll selten Fleisch, erwidere ich aufmunternd: „Wenn alle wären wie du, hätten wir kein Klimaproblem.“ Das ist zwar gelogen, aber ich kann dazu sehr glaubhaft lächeln.
Doch jetzt ist Schluss mit der Demutsroutine. Die Katastrophe beginnt ja bereits im Kleinen, jeder weiß es, aber wer ändert deshalb wirklich seinen bequemen Lebenswandel?
->Quelle und weiterlesen: zeit.de/klimawandel-umgang-konsumverhalten-regeln-einwegplastik-veganismus