Grüne fordern von Altmaier Augenmaß und Transparenz bei Netzausbauplan

Offener Brief

In einem offenen Brief an den Bundeswirtschaftsminister haben vier Abgeordnete der Grünen im Bundestag am 04.01.2019 gefordert, dass Peter Altmaier beim Netzentwicklungsplan transparent den Bedarf an neuen Leitungen darlegen soll. Aus Sicht der Grünen sollten auch die Optimierungspotenziale der bestehenden Netze ausreichend einbezogen werden. Als völlig unverständlich und kontraproduktiv – berichtet Sandra Enkhardt in pv magazine – bezeichnen sie, dass der Ausbau von Photovoltaik, Windkraft und Co. mit Verweis auf Netzengpässe verzögert wird. Solarify dokumentiert das Schreiben.

Netzausbau in Berlin – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

„Sehr geehrter Herr Bundesminister Altmaier, in Kürze soll der neue Netzentwicklungsplan (NEP) vorliegen. Er wird zentrale Weichenstellungen für die nächsten zehn bis 15 Jahre vornehmen und entscheidend sein für eine erfolgreiche Integration von erneuerbaren Energien in das Stromversorgungssystem.

Zugleich wird möglicherweise in diesem NEP zum ersten Mal ein höherer Bedarf an Stromnetzen sichtbar werden als in vergangenen Netzentwicklungsplänen. Dies erfordert eine besonders sorgfältige und transparente Planung.

Sie haben den Netzausbau zur Chefsache erklärt. Dafür müssen einige zentrale Punkte zur Netzentwicklung jetzt geklärt und für die Bürgerinnen und Bürger transparent gemacht werden. Die Menschen in unserem Land müssen nachvollziehen können, ob der Bau weiterer Stromleitungen tatsächlich notwendig ist oder vermieden werden könnte, ohne dabei die Ziele der Energiewende zu gefährden – zum Beispiel durch einen Ausstieg aus der Verstromung von Kohle oder einen intelligenteren Einsatz von Speichern. Dies schafft Klarheit, erhöht die Akzeptanz und ermöglicht einen zügigeren Netzausbau.

Wir fordern Sie daher auf klarzustellen:

  1. Inwiefern ein reduzierter Betrieb oder die gezielte Abschaltung von Kohlekraftwerken vor dem Netzengpass den Bedarf an neuen Leitungen verringert. Ebenso müssen die Ergebnisse der Kohlekommission in den NEP mit einberechnet werden.
  2. Durch welche Innovationen die bestehenden Netze künftig besser ausgelastet werden können. Daher bitten wir Sie neben anderen Innovationen zu prüfen, welche Vorteile es beispielsweise bringen würde, Netzbooster – große Batteriespeicher zur Stabilisierung des Stromnetzes – zunächst an kleineren Leitungen einzuplanen.
  3. Wieviel Netzausbau sich durch mehr regionale Flexibilität vermeiden lässt.
  4. Wie ein  Netz für 100% erneuerbare Energien aussehen müsste.
  5. Dass die Kosten für teure Netzeingriffe durch die Einigung mit der EU zum Vorrang von grenzüberschreitenden Stromflüssen nicht den Erneuerbaren zugeschrieben werden können.

Der Netzausbau ist zentral für den Erfolg der Energiewende, aber er ist auch für viele Menschen in diesem Land mit Eingriffen in ihre Umgebung verbunden. Deshalb setzen wir uns  für den notwendigen Netzausbau ein, achten aber auch darauf, dass keine Stromleitung gebaut wird, die wir nicht benötigen. Wenn die Öffentlichkeit den Bedarf transparent nachvollziehen kann, erhöht das die Akzeptanz für den notwendigen weiteren Netzausbau auf dem Weg zu 100% erneuerbaren Energien. Wir sehen darin einen zentralen Beitrag, den Netzausbau und die Energiewende insgesamt erfolgreich umsetzen zu können.

Völlig unverständlich und kontraproduktiv ist dagegen, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien unter Verweis auf Netzengpässe verzögert wird. Für die Verlässlichkeit der Netzausbauplanung ist es vielmehr notwendig, dass der vereinbarte Ausbau erneuerbarer Energien auch tatsächlich stattfindet.

Es liegt in Ihrer Verantwortung, jetzt Investitionssicherheit zu schaffen, um den Anteil an erneuerbar erzeugtem Strom – wie im Koalitionsvertrag vereinbart – auf mindestens 65% bis 2030 zu erhöhen. In den letzten Jahren sind wichtige Leitungen genehmigt und gebaut worden. Es ist absurd, dass trotz dieser Meilensteine immer noch keine Planungssicherheit für den Ausbau von erneuerbaren Energien ab dem Jahr 2022 besteht. Deshalb fordern wir Sie auf, dies schnellstmöglich zu ändern und einen verlässlichen Ausbaupfad für erneuerbare Energien bis 2030 festzulegen und mit Maßnahmen zu unterlegen.“

Mit freundlichen Grüßen
Julia Verlinden, Anton Hofreiter, Oliver Krischer und Ingrid Nestle

Sandra Enkhardt Enkhardt ergänzend dazu: „Im Gegenzug sichern die Grünen Altmaier Unterstützung zu. Altmaier hatte schon vor Amtsantritt auf dem BEE-Neujahrsempfang im Februar 2018 erklärt, dass er den Netzausbau ins Zentrum seiner Arbeit rücken wolle. Den Ausbau der erneuerbaren Energien will er diesem Thema unterordnen. Es dauerte jedoch bis zum August, ehe Altmaier einen „Aktionsplan Stromnetz“ präsentierte. Anschließend einigte er sich mit den zuständigen Länderminister über Maßnahmen zum Netzausbau. Mitte Dezember verabschiedete schließlich den Gesetzentwurf zur Beschleunigung des Netzausbaus (NABEG-Novelle).“

->Quellen: