Mehr als 80 Prozent Materialeinsparung
Konventionelle Batteriesysteme sind extrem komplex: Sie bestehen meist aus mehreren Einzelzellen, die über Kabel miteinander verbunden sind. Dies sei nicht nur aufwendig, sondern es bestehe zudem die Gefahr von Hot-Spots – also Bereichen, in denen die Kabel zu heiß werden. Dazu komme: Jede einzelne dieser Zellen müsse verpackt werden. Ein großer Teil der Batterie bestehe also aus inaktivem Material, das nicht zur Batterieleistung beitrage. Bipolare Batterien sollen dieses Problem lösen: Bei ihnen würden die einzelnen Zellen mittels flächigen Bipolarplatten miteinander verbunden. Allerdings träten hier andere Herausforderungen auf. Denn die Bipolarplatten beständen entweder aus Metall und seien somit anfällig für Korrosion. Oder sie würden aus einem Kunststoff-Kohlenstoff-Gemisch gefertigt, müssten dann allerdings herstellungsbedingt mindestens mehrere Millimeter dick sein. Forschende am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT in Oberhausen haben nun eigenen Angaben zufolge eine Alternative entwickelt.
„Wir stellen Bipolarplatten aus elektrisch leitfähig eingestellten Polymeren her“, sagt Dr.-Ing. Anna Grevé, Abteilungsleiterin am Fraunhofer UMSICHT. „Auf diese Weise können wir sehr dünne Platten realisieren und – verglichen mit konventionellen mit Kabeln verbundenen Zellen – über 80 Prozent des Materials einsparen.“ Darüber hinaus biete das Material zahlreiche weitere Vorteile. Zum einen korrodiere es nicht. Zudem lasse es sich nachträglich umformen. So könnten beispielsweise Strukturen hinein geprägt werden, wie sie für Brennstoffzellen wichtig sind.
Kostengünstige Herstellung durch Rolle-zu-Rolle-Verfahren
Und: Die neuartigen Bipolarplatten ließen sich verschweißen, so dass das erhaltene Batteriesystem absolut dicht ist. Konventionelle Bipolarplatten hingegen seien durch die thermische und mechanische Belastung des Materials während der Fertigung dagegen zum Verschweißen ungeeignet: Um sie so zusammenzufügen, dass weder Gase noch Flüssigkeiten die Fügestellen passieren können, seien Dichtungen erforderlich. Diese würden jedoch schnell porös, zudem brauchten sie Platz. Ein weiterer Vorteil des neuen Materials: Die Forscherinnen und Forscher könnten die Eigenschaften der Bipolarplatten an die jeweiligen Anforderungen anpassen. „Möglich sind sowohl Platten, die so biegsam und flexibel sind, dass man sie um den Finger wickeln kann, als auch brettharte“, konkretisiert Grevé.
Die Herausforderung liege vor allem in der Entwicklung des Materials und des Herstellungsprozesses. „Zwar verwenden wir marktübliche Polymere und Graphite. Das Geheimnis liegt jedoch im Rezept“, sagt Grevé. Da das Material zu etwa 80 Prozent aus Graphiten und nur zu etwa 20 Prozent aus Kunststoffen besteht, hätten die Verarbeitungsprozesse mit der üblichen Kunststoffverarbeitung nur wenig gemein. Das Forscherteam vom Fraunhofer UMSICHT habe sich für das Rolle-zu-Rolle-Verfahren entschieden, das eine kostengünstige Herstellung erlaube, und dieses mit viel Know-how angepasst. Schließlich müssten die Inhaltsstoffe in den produzierten Platten homogen verteilt sein, zum anderen müssten die Platten mechanisch stabil und komplett dicht sein. Aufgrund der Ausgangsstruktur der Materialien sei das nicht einfach gewesen. Doch die Experten hätten auch diese Herausforderung meistern können. „Wir konnten alle Anforderungen innerhalb eines Prozesses erfüllen. Die Platten können daher so verwendet werden, wie sie aus der Anlage kommen“, erläutert Grevé. Ein weiterer Vorteil des Verfahrens: Die Platten ließen sich in beliebiger Größe herstellen.
-> Quelle: umsicht.fraunhofer.de/bipolarplatte