„Aktuell erwartete Lücke 8 Prozentpunkte“
Peinlich für den selbsternannten Vorreiter: Deutschland wird das für 2020 gesteckte Klimaziel deutlich verfehlen. Daran lässt der Klimaschutzbericht 2018, den das Kabinett am 06.02.2019 nach Vorlage von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) gebilligt hat, keinen Zweifel. Statt – wie lange Zeit aus allen Polit-Ecken heraus vollmundig hinausposaunt – minus 40 Prozent wird Deutschland trotz zusätzlicher Maßnahmen nur 32 Prozent weniger Treibhausgase als 1990 in die Atmosphäre pusten: „Die aktuell erwartete Lücke wird trotz Beiträgen nach einer Studie des Bundesweltministeriums nach wie vor bei etwa 8 Prozentpunkten liegen“, heißt es kleinlaut in dem Dokument.
Und – stark untertrieben: Der erwartete Beitrag des 2014 beschlossenen Aktionsprogramms werde „nicht vollständig erreicht“. Die Regierung strebe aber an, das Ziel für 2020 „so schnell wie möglich“ zu erreichen.
„Die Quantifizierung zeigt, dass die Maßnahmen des Aktionsprogramms wirken und ein Beitrag zur Schließung der Lücke erwartet werden kann. Allerdings zeigt die aktuelle Schätzung erneut, dass die insgesamt erwartete Minderungswirkung der Einzelmaßnahmen mit 43 bis 56 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten für das Jahr 2020 weder die ehedem erwartete noch die aktuelle Lücke wird schließen können.“
Zum Vergleich: 2017 lag die Minderung bei 27,5 Prozent. Fortschritte werden bis 2020 für den Energiesektor erwartet, unter anderem aufgrund der erfolgreichen Reform des EU-Emissionshandels. Allerdings werden diese Fortschritte durch höhere Emissionen in den Bereichen Verkehr und Gebäude zum Teil zunichte gemacht.
Schulze will Klimaschutzgesetz vorlegen
Bundesumweltministerin Svenja Schulze in einer Pressemitteilung des BMU: „Deutschland war beim Klimaschutz in den vergangenen Jahren trotz einiger Fortschritte bei der Energiewende insgesamt noch nicht auf Zielkurs. Wir werden aus den Versäumnissen der Vergangenheit lernen, damit Deutschland nicht noch einmal sein Klimaziel verfehlt. Wir brauchen mehr Mut und Verbindlichkeit in der Klimapolitik. Darum werde ich ein Klimaschutzgesetz vorlegen, das die Einhaltung unserer Klimaziele verbindlicher macht. Der Bericht zeigt außerdem, wie dringlich es ist, dass die Bundesregierung neue Klimaschutz-Maßnahmen ergreift. Für den Kohleausstieg liegt jetzt ein guter Plan auf dem Tisch, der nun mit einer zielgerichteten Energiewendepolitik verbunden werden muss. Der Ausbau von erneuerbaren Energien und Netzen muss schneller vorankommen. Zudem müssen jetzt gute Klimaschutzkonzepte vor allem für den Verkehr und den Gebäudebereich folgen.“
Aktuell erarbeitet die Bundesregierung ein neues Klimaschutzgesetz. Dieses soll die Einhaltung der Klimaschutzziele 2030 gewährleisten. Dazu sollen die rechtlichen Rahmenbedingungen, nach denen die Maßnahmen umgesetzt werden können, festgelegt werden. Im Frühjahr wird ein entsprechender Gesetzentwurf vorliegen. Dieser wird in einem zweiten Schritt mit den Ressorts abgestimmt.
Schwacher Trost: Lücke ohne Aktionsprogramm und Aktionsplan noch größer
Die Mitteilung weiter: „Die Bundesregierung hatte 2014 erstmals eine Handlungslücke beim Erreichen des 2020er Klimaschutzziels beziffert. Um diese zu schließen, wurden damals das „Aktionsprogramm Klimaschutz 2020“ sowie der „Nationale Aktionsplan Energieeffizienz“ (NAPE) beschlossen. Die Fortschritte werden in jährlichen Klimaschutzberichten bilanziert. Der „Klimaschutzbericht 2018“ kommt nur acht Monate nach Beschluss des „Klimaschutzberichts 2017“. Er basiert teilweise auf der gleichen Datengrundlage und zeichnet daher ein ähnliches Bild. Demnach bringen die etwa 110 Maßnahmen, die 2014 beschlossenen wurden, zwischen 43 und 56 Millionen Tonnen CO2. Ursprünglich war mit 62-78 Millionen Tonnen kalkuliert worden. Im Ergebnis würde Deutschland ohne das Aktionsprogramm im Jahr 2020 statt auf 32 Prozent Minderung nur auf 28-29 Prozent kommen.
Nachdem der europäische Emissionshandel erfolgreich reformiert wurde, tragen höhere Zertifikatepreise einerseits stärker als erwartet zur Minderung von Treibhausgasen bei. Andererseits stagnieren die Emissionen im Gebäude- und Verkehrssektor auf hohem Niveau statt wie ursprünglich erwartet zu sinken.
Die Bundesregierung hatte sich für 2020 ursprünglich zum Ziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Im vergangenen Jahr wurde deutlich, dass dieses Ziel nicht rechtzeitig zu schaffen ist. Für 2030 gilt ein Ziel von 55 Prozent. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, dass die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket auf den Weg bringt, damit das Klimaziel für 2030 zuverlässig erreicht und die Lücke zum Erreichen des 40-Prozent-Ziels so schnell wie möglich geschlossen wird.“ Soweit die BMU-Mitteilung.