Expertenkommission auf Sanktnimmerleinstag vertagt
Nachdem die Bundesregierung im ersten Aufschlag die Verabschiedung eines modernen Gebäudeenergiegesetzes nicht geschafft hatte, sollte sich eigentlich eine Expertenkommission des Themas annehmen. Die Einsetzung dieser Kommission für Klimaschutz bei Gebäuden sollte das Kabinett in der Sitzung am 20.02.2019 beraten – und beschließen. Doch dazu kam es nicht: Die Bundesregierung hat da Thema kurzfristig von der Tagesordnung gestrichen – und erntete viel Kritik, wie das Architekturportal solarage.eu berichtet (siehe auch: solarify.eu/gebaeudekommission-vom-kabinetts-tisch). dena-Chef Andreas Kuhlmann, Sprecher der Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz (geea), sprach von „einem irritierenden Signal für die betroffenen Akteure“.
Baden-Württembergs Umweltminister Franz Untersteller (B90/Grüne) befürchtet weitere Verzögerungen durch das Nichthandeln der Bundesregierung: „Energieeffizienz und Energieeinsparung im Gebäudesektor sind ein Schlüssel für erfolgreichen Klimaschutz und um unsere Klimaschutzziele zu erreichen“, betonte er. „Eine auch mit externen Experten besetzte Kommission hätte diesem Thema mehr Nachdruck verliehen. Jetzt droht die Gefahr, dass die dringend erforderlichen Fortschritte beim Klimaschutz im Gebäudesektor – wie in den vergangenen Jahren auch – bereits im Ansatz stecken bleiben.“
Unsicherheit bei allen Akteuren
Auch die Immobilienbranche sei entsetzt, dass sich die Bundesregierung beratungsresistent zeige und sich statt dessen auf die eigenen Kompetenzen verlassen will. Ob diese im Beamtenstab der zuständigen Bundesministerien tatsächlich vorhanden seien, lässt sich Solarage zufolge „schwerlich einschätzen. Dass es dort aber an Kompetenz mangeln könnte, lässt schon der erste Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes vom November 2018 erahnen.“
„Die Hängepartie beim Klimaschutz im Gebäudesektor geht weiter“, sagt auch Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF). „Nach dem schwachen Entwurf für ein Gebäudeenergiegesetz werden mit der Absage der Gebäude-Kommission Klimaschutz und Energiewende mal wieder vertagt“. Untersteller hofft, „dass die große Koalition mit der Streichung der Kommission nicht auch das gesamte Thema gestrichen hat“.
„Wenn die Gebäudekommission nicht eingesetzt wird, fehlt die Einbindung von Fachleuten der Branche voll und ganz“, schimpfe Andreas Mattner, Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA). „Nicht zuletzt sorgt dieses Vorhaben erneut für Unsicherheit bei allen beteiligten Akteuren“, warnt der Chef des Spitzenverbands der Immobilienwirtschaft. „Sinnvolle und wirtschaftsverträgliche Maßnahmen“ könnten nur auf Dialogbasis geschehen. Mit der Energie- und Verkehrsbranche sei der Dialog geführt worden – „die Immobilienwirtschaft bleibt außen vor. So sieht keine verantwortungsvolle Politik aus.“
Auf die Gebäudekommission zu verzichten, enthebe die Bundesregierung nicht der Verantwortung, Lösungen für den Klimaschutz im Gebäudesektor vorzulegen, mahnte Holger Lösch vom BDI. Nähme die Bundesregierung ihre eigenen Klimaziele ernst, “müsste Deutschland seine Gebäude ab sofort annähernd doppelt so schnell sanieren wie heute”. Es bedürfe positiver Impulse für effizienten Klimaschutz, sonst drohe die nächste Zielverfehlung. “Die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung muss jetzt rasch und kraftvoll umgesetzt werden.“ Solarage jedenfalls fasst schon mal sarkastisch zusammen: „Ignoranz in Berlin“.