Klimapolitische Instrumente
Eine umfassende Bioenergiepolitik muss Energie-, Ressourcen- und Landnutzung integriert betrachten. Werden Rest- und Abfallstoffe künftig verstärkt energetisch genutzt, ergeben sich darüber hinaus enge Verknüpfungen zur Entsorgungswirtschaft. Die unterschiedlichen Instrumente in den einzelnen Politikbereichen müssen somit viel enger aufeinander abgestimmt werden als bisher.
Mit einem einheitlichen, ausreichend hohen CO2-Preis lassen sich die CO2-Emissionen der Bioenergie über den gesamten Lebenszyklus regulieren. Dieser muss alle Treibhausgase in allen Wirtschaftssektoren umfassen, insbesondere auch Emissionen aus der Landwirtschaft.
Alternativ oder ergänzend können diese Instrumente dazu beitragen, dass Bioenergie dem Klima nützt:
- Nationale oder EU-weite gesetzliche Regelungen können sicherstellen, dass in Deutschland produzierte Biomasse nachhaltig erzeugt wird.
- Alle Importe von Biomasse könnten zertifiziert werden. Neben Treibhausgasemissionen sollten die Zertifizierungen auch soziale und ökologische Nachhaltigkeitskriterien umfassen.
- Um heimische und importierte Biomasse gleich zu behandeln, können die Treibhausgasemissionen von Importen mit einem Grenzsteuerausgleich versehen werden.
Eine Regulierung von Bioenergie allein kann jedoch weitere Entwaldung kaum verhindern, denn nur ein kleiner Teil der Agrarproduktion wird energetisch genutzt. Für einen effektiven Schutz der Wälder müssten diese Instrumente daher auf alle land- und forstwirtschaftlichen Produkte gleichermaßen angewendet werden.
Technologien
Im Energiesystem der Zukunft wird Bioenergie voraussichtlich anders genutzt als bisher. Aufgrund der begrenzten Biomassepotenziale sollte Bioenergie vor allem dort eingesetzt werden, wo andere erneuerbare Energien an ihre Grenzen stoßen. Indem sie die Schwächen von Wind- und Wasserkraft, Photovoltaik und Geothermie ausgleicht, kann sie einen wertvollen Beitrag zur Energiewende leisten.
- Langfristig ist es sinnvoll, Biomasse vorwiegend zur Kraftstoffproduktion in Bereichen zu nutzen, in denen rein elektrische Antriebe nicht funktionieren, etwa im Flug-, Schiffs- oder Schwerlastverkehr.
- Ein weiteres wichtiges Anwendungsfeld ist die Bereitstellung von Prozesswärme in der Industrie, da Biomasse und Biogas auch bei hohen Temperaturen verbrannt werden können.
- In der Stromerzeugung sollte Bioenergie vor allem als Flexibilitätstechnologie dienen, zum Heizen sollte sie vorrangig in effizienten KWK-Anlagen genutzt werden.
Damit Bioenergie sowohl kurz- als auch langfristig einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, sollten einerseits bestehende Technologien wie Biomethanerzeugung und Kraft-Wärme-Kopplung weiterentwickelt sowie andererseits neue Technologien wie BECCS und Bioraffinerien erforscht und erfolgreich demonstriert werden.
Entwicklungspfade
In welchen Bereichen die Bioenergie künftig eingesetzt wird, hängt vor allem von drei Entwicklungen ab.
- ist entscheidend, ob CCS als Teil der Klimaschutzstrategie akzeptiert wird. Lehnt die Gesellschaft dies ab, kann sie weder BECCS noch Direct Air Capture zur CO2-Entnahme nutzen. Stimmt sie dem Einsatz von CCS zu, muss zeitnah eine Infrastruktur für den Transport und die Speicherung von Kohlendioxid aufgebaut werden.
- ist offen, in welchem Umfang die Markteinführung von flüssigen Biokraftstoffen aus Lignozellulose (zum Beispiel Holz oder Stroh) gelingt. Um sie wettbewerbsfähig herzustellen, muss die Technologie für Bioraffinerien im industriellen Maßstab weiterentwickelt werden. Entscheidend ist zudem, wie sich die jeweiligen Märkte für Kraft- und Rohstoffe sowie Koppel- und Nebenprodukte entwickeln. Vielfach wird die Kraftstoffproduktion aus Lignozellulose erst in großen Anlagen wirtschaftlich – das widerspricht der heutigen dezentralen Bioenergienutzung.
- kann der Ausbau von Infrastrukturen zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) dazu beitragen, Bioenergie flexibel zur Strom- und Wärmeerzeugung einzusetzen – sowohl in kleinen dezentraleren als auch in großen zentraleren Anlagen. Damit die Kraft-Wärme-Kopplung ihr volles Potenzial entfalten kann, müssen die Wärmenetze jedoch weiter ausgebaut und gefördert werden.
Rest- und Abfallstoffe können bereits kurz- bis mittelfristig verstärkt energetisch genutzt werden. Um sie effizient verarbeiten zu können, müssen die Anlagen technisch angepasst werden. Wird Biogas zu Biomethan aufbereitet, kann es ins Erdgasnetz eingespeist und in allen Sektoren flexibel genutzt werden. Werden statt klassischer Energiepflanzen Rest- und Abfallstoffe sowie naturverträgliche Anbaukulturen (zum Beispiel Gräser) zu Biogas verarbeitet, verbessert sich die Umweltbilanz.
Umfassende Bioenergiestrategie
Da nicht für alle denkbaren Anwendungsfelder genügend Biomasse zur Verfügung steht, werden verschiedene Einsatzgebiete um die Biomassepotenziale konkurrieren. Eine umfassende Bioenergiestrategie muss sicherstellen, dass Bioenergie möglichst viel zum Klimaschutz und zu einer sicheren und bezahlbaren Energieversorgung beiträgt, Umwelt und Natur nicht belastet und gleichzeitig gesellschaftlich akzeptiert wird.
- Der Einsatz integrierter Modelle von Energie- und Landnutzungssystemen ermöglicht es, verschiedene Biomasseszenarien zu bewerten und abzuschätzen, inwiefern mit ihrer Hilfe die Klimaschutzziele erreicht werden können. Um die Modelle entsprechend weiterentwickeln zu können, müssen die Chancen und Risiken der Technologien zur CO2-Entnahme systematisch erforscht werden.
- Eine Plattform zur Diskussion der Transformationspfade könnte dabei helfen, Entwicklungspfade der Bioenergie aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten und einzuordnen. Sie sollte alle beteiligten Akteure an einen Tisch bringen: von Verbänden der Energie-, Land- und Forstwirtschaft über Umweltverbände und Verbraucherzentralen bis zu Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen, Zivilgesellschaft und Bevölkerung.
- Ein systematisches Monitoring mit geeigneten Indikatoren könnte auf die verschiedenen Entwicklungspfade angewendet werden. Erkenntnisse aus der Diskussionsplattform zu den verschiedenen Bewertungsaspekten sollten darin einfließen. Das so geschaffene Systemwissen kann dazu beitragen, die Bioenergienutzung systemdienlich weiterzuentwickeln.
Entscheidend ist, in der Diskussion den immensen klimapolitischen Handlungsdruck im Blick zu behalten und zu kommunizieren. So stellen CO2-Entnahmetechnologien wie BECCS keinesfalls eine Alternative, sondern eine Ergänzung zu ambitionierten CO2-Vermeidungsstrategien dar. Verzichtet Deutschland etwa gänzlich auf CCS und CO2-Entnahmetechnologien, wird es schwerer, vor allem Industrieprozesse klimafreundlich zu gestalten und unvermeidbare Emissionen aus der Landwirtschaft zu kompensieren.
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