Auch viele Benziner überschreiten Abgas-Grenzwerte

Report Mainz: Kaum wirksame Billigkatalysatoren

Nicht nur Betrugs-Diesel, sondern auch viele Benzin-Verbrennungsmotoren überschreiten die festgelegten Stickoxid-Grenzwerte. Der Grund: Es gibt kaum wirklich wirksame Austausch-Katalysatoren – ein Problem, das laut Report Mainz („Neuer Abgasskandal?“) seit Jahren bekannt ist. Seit Jahren werden nämlich auf dem deutschen Autoteilemarkt Ersatzkatalysatoren mit deutlich niedrigerem Wirkungsgrad verkauft.

Doppelauspuff, keinen Bagatell-CO2-Wert verheißend – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Damit tragen ältere Benziner ganz erheblich zur Luftverschmutzung bei. Jährlich bis zu 900.000 billige Ersatzkatalysatoren  halten – trotz europäischer Zulassung – Stickoxid-Grenzwerte nicht ein. Aktuelle Messungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die Report Mainz mit der Kamera begleitet hat, belegten extremen Stickoxidausstoß:  Billigkatalysatoren, die Grenzwerte für Stickoxide zum Teil erheblich überschreiten. Genauso wie schon vor vier Jahren eine Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen. Trotzdem haben die Zulassungsbehörden die Schrott-Katalysatoren bis heute nicht aus dem Verkehr gezogen. Weil Benzinfahrzeuge nur im Leerlauf gemessen werden und Stickoxide gar nicht kontrolliert werden, können sie bei der Abgasuntersuchung auch nicht auffallen, bleiben mangelhafte Katalysatoren unentdeckt. Fachleute fordern deshalb, die Abgasuntersuchungen und Kontrollen schnellstmöglich zu verschärfen, um mangelhafte Produkte aus dem Verkehr zu ziehen.

DUH-Projektmanager Simon Annen über die Untersuchungen: „Nur der hochwertige Katalysator hat den Grenzwert eingehalten. Die Billig-Kats sind alle weit über dem Grenzwert.“ Darauf weise die DUH seit Jahren hin, und, dass in Deutschland in großer Stückzahl Austauschkatalysatoren für Benzin-Pkw verbaut werden, die aufgrund mangelhafter Bauweise die erforderliche Emissionsminderung nicht gewährleisten. Dies führe zu einem drastischen Anstieg der NOx-Emissionen bei Benzinern. Bereits 2015 hatte die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) in einer Studie ermittelt, dass drei von vier untersuchten Austauschkatalysatoren nicht die rechtlichen Vorschriften zu Dauerhaltbarkeit und Emissionsminderungsleistung aufweisen. „Dies fällt mangels entsprechender Kontrolle derzeit nicht auf, trägt aber zur gesundheitsschädlichen Belastung der Luft in vielen Städten bei“, erklärt Dorothee Saar, Leiterin Verkehr und Luftreinhaltung bei der DUH.

Wie sich verschiedene Katalysatoren für Benziner hinsichtlich ihrer Wirksamkeit unterscheiden, hat die DUH bei Abgasmessungen im realen Fahrbetrieb untersucht. Dazu wurde ein Benzin-Pkw der Eurostufe 4 mit insgesamt fünf unterschiedlichen Katalysatoren ausgestattet und vermessen, darunter ein Modell des Fahrzeugherstellers, eines mit dem Blauen Engel sowie drei weitere Austauschkatalysatoren. Die Ergebnisse zeigen, dass die verschiedenen Katalysatoren starken Einfluss auf das Emissionsverhalten haben: Durchschnittlich über alle jeweils unternommenen Testfahrten emittiert das Fahrzeug mit dem durch den Blauen Engel zertifizierten Katalysator 38 mg NOx/km. Die NOx-Emissionen bei dem schlechtesten der getesteten Katalysatoren liegen mit durchschnittlich 619 mg/km rund 16fach darüber. Der Grenzwert für NOx im Zulassungsverfahren von Euro 4 Benzin-Fahrzeugen liegt bei 80 mg/km.

Ähnlich viele Stickoxide wie Schummeldiesel

Einige Modelle lagen beim Stickoxid-Ausstoß im Bereich der manipulierten Dieselfahrzeuge. „Das Problem ist, dass wir bei der Abgasuntersuchung gar keine Stickoxide messen. Das heißt, wenn ein Katalysator in diesem Bereich nicht funktioniert, kann das nicht auffallen“, erklärt Thomas Schuster von der Kfz-Prüforganisation KÜS.

So zeigte das Team von Report Mainz, dass ein VW Passat trotz eines mangelhaften Billigkatalysators ohne Probleme die AU bestand. Der grüne Verkehrspolitiker Oliver Krischer kritisiert denn auch: „Das heißt, ausgerechnet der Stoff (Stickoxide), über den die Republik seit Jahren diskutiert, wird bei der Auspuffmessung nicht gemessen. Das ist natürlich ein Unding und müsste dringend geändert werden“.

Massenhaftes Problem

Der Geschäftsführer des deutschen Kat-Herstellers HJS, Philipp Schulte: „Katalysatoren verlieren nach durchschnittlich rund acht Jahren oder über 80.000 Kilometern ihre Leistung“. Dann müssen sie gegen einen Austausch-Katalysator ersetzt werden. Dieser Markt werde von Billig-Katalysatoren aus Spanien und England beherrscht, „wir schätzen dass drei Viertel des Marktes Billigkatalysatoren sind, das ist stark zunehmend. Die Preise dominieren da den Markt“, sagt Schulte. Einem Katalysatorhersteller aus dem Badischen zufolge werden pro Jahr bis zu 900.000 Billig-Katalysatoren in Deutschland verkauft, meist online.

Gespart wird an Edelmetallen

Ohne funktionierenden Drei-Wege-Katalysator enthält auch das Abgas von Benzinfahrzeugen sehr hohe Stickoxid-Konzentrationen. Normalerweise verringern die Edelmetalle in den Katalysatoren die Schadstoffe deutlich. Zum Einsatz kommen Platin, Palladium und Rhodium. Letzteres ist das teuerste der drei Edelmetalle und sorgt für die Reduzierung der Stickoxide. Nach Angaben der deutschen Kat-Hersteller kostet ein mit Edelmetallen beschichtetes Innenteil eines Katalysators mehr als 100 Euro – der gesamte Kat zwischen 300 und 500 Euro. Aber die Billigkatalysatoren werden als Komplettsets inklusive aller Rohre im Internet schon ab 50 Euro angeboten. „Da muss man einfach davon ausgehen, dass ein seriöses Bauteil für den Preis nicht hergestellt werden kann“, erklärt Schulte.

Eigene Analysen von Report Mainz

Report Mainz hat einen weit verbreiteten Billigkatalysator für einen VW-Golf in einem unabhängigen Labor untersuchen lassen. Die Ergebnisse waren eindeutig. Der Katalysator enthielt nur 0,1 Gramm an Edelmetallen. In einem baugleichen Qualitätskat aus Deutschland lag der Gehalt zehnmal so hoch. Beim für die Stickoxide wichtigen Rhodium hatte der Billigkat sogar nur ein Dreißigstel der nötigen Menge. Experten fordern jetzt, dass neben der Abgasuntersuchung (AU) auch die Zulassung für Katalysatoren verbessert werden müsse, damit mangelhafte Kats nicht auf den Markt kommen.

Problem ist Behörden seit Jahren bekannt

Experten der BASt hatten schon 2015 mehrere günstige Katalysatoren verdeckt gekauft und untersucht. Einige Modelle lagen bereits im Neuzustand weit über den erlaubten Stickoxid-Grenzwerten, andere versagten nach  40.000 Kilometern Fahrleistung, andere schon ab 10.000 km. „Das Problem ist den Behörden also seit Jahren bekannt, aber das Verkehrsministerium hat überhaupt nichts unternommen,“ kritisiert Krischer. Ein Interview zu dem Thema lehnten sowohl das Kraftfahrtsbundesamt als auch das Verkehrsministerium ab. Diese Katalysatoren hätten aber EU-Zulassungen und daher seien deutschen Behörden die Hände gebunden. Ein nationaler gesetzlicher Alleingang sei ein Verstoß gegen die geltenden EU-Bestimmungen für den Binnenmarkt, so das Verkehrsministerium. Für ein Interview von Report stand man auch bei der Bundesanstalt nicht zur Verfügung. Das Bundesverkehrsministerium bestätigte dem Magazin lediglich schriftlich, dass es Probleme mit „unzureichender Qualität von Austauschkatalysatoren“ gebe.

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