Klimawandel mittels Bodenmikroben verlangsamen?

Nicht alle von verlockenden Ergebnissen eines Wissenschaftlers überzeugt

Während die CO2-Emissionen 2018 weltweit ein Allzeithoch erreicht haben, ist die Welt auf einem Kurs, der  nach Überzeugung von Klimaexperten bis 2100 (oder schon früher) zu einer katastrophalen Erwärmung führen wird, schreibt John J. Berger am 26.03.2019 in Scientific American. Einige davon halten es für unerlässlich, Anbautechniken einzusetzen, die der Luft Kohlendioxid entziehen und in den Böden speichern. Solarify übersetzt Ausschnitte.

David C. Johnson hält verbesserten Boden – Foto © mit freundlicher Genehmigung, newscenter.nmsu.edu

Bleibt die entscheidende Frage, ob Wissenschaftler Wege finden, mehr Kohlenstoff zu speichern und gleichzeitig landwirtschaftlichen Erträge zu steigern. David Johnson, 67-jähriger Mikrobiologe von der New Mexico State University, hält das für möglich. Sein Rezept: das Verhältnis von Pilzen zu Bakterien im Boden stark auf die Pilze auszurichten. Er hat zwar im Kleinversuch gezeigt, dass und wie das möglich ist. Offen bleibt aber, wie skalierfähig sein Verfahren ist. Johnson glaubt, man nur die Kohlenstoffspeicherung maximieren, die Wasserspeicherkapazität des Bodens erhöhen und reichlich Pflanzen anbauen kann, wenn das „Bodenmikrobiom“ wiederhergestellt wird. „Wir haben derzeit physikalisch, chemisch, aber vor allem biologisch sehr stark abgebauten Boden“, sagt er. „Mikroben stellen dieses Gleichgewicht wieder her.“

Johnson erhöht in bodenbiologischen Experimenten und Laboruntersuchungen die Kapazität landwirtschaftlicher Systeme zur Aufnahme von Kohlenstoff aus der Atmosphäre. In einem viereinhalbjährigen Feldversuch pflanzte Johnson schnell wachsende Zwischenfrüchte an und goss sie mit einer mikrobenreiche Lösung aus einem Vermikultur-(Wurm)-Kompost, der in einem selbst entwickelten Low-Tech-Komposter hergestellt worden war. Die Ergebnisse waren ungewöhnlich und sehr umstritten. Johnson berichtete von einem starken Anstieg der Ernteerträge und von einem jährlichen Nettozuwachs von fast 11 Tonnen Bodenkohlenstoff pro Hektar auf seiner Ackerfläche. Das würde einer jährlichen Entfernung von etwa 16 t CO2/ha aus der Atmosphäre entsprechen – dem Zehnfachen des Anstiegs, den andere Wissenschaftler in vielen verschiedenen Böden und Klimazonen gemeldet haben. Johnson führt diese Verbesserungen auf eine verbesserte Bodengesundheit zurück, die sich aus der Anwendung der Mikroben aus seiner Vermikultur ergibt, was zu einer Erhöhung des Verhältnisses von Pilzen zu Bakterien im Boden führt.

Professor Rattan Lal von der Ohio State University, die weithin als eine der führenden Autoritäten für die Kohlenstoffsequestrierung im Boden gilt, sagt, dass er von Johnsons Ergebnissen „fasziniert“ war. „Ich will verstehen, warum er so außergewöhnliche Ergebnisse erzielt.“ Lal zufolge sind weitere, größere Versuche notwendig, um Johnsons Arbeit zu bestätigen. Johnson glaubt, dass das Bodenbiom mit seinem Verfahren effizienter Kohlenstoff und andere Nährstoffe nutzen kann, und dass der Boden daher weniger CO2 an die Atmosphäre abgibt. Die Sache ist jedoch noch nicht entschieden. Obwohl die von Experten begutachtete bodenwissenschaftliche Literatur einige Bestätigungen enthält, sahen andere das anders.

Keith Paustian, Professor für Boden- und Pflanzenwissenschaften an der Colorado State University, hat einige „ziemlich hohe Raten der Kohlenstoffansammlung“ in degradierten Anbauflächen gesehen, die in produktive mehrjährige Grassysteme umgewandelt wurden. Aber er hat keine eindeutigen Beweise dafür gefunden, dass das gleiche Ergebnis durch Hinzufügen von Mikroben erzielt werden kann.

Johnson rechnet hoch, dass der gesamte weltweite CO2-Ausstoß ab 2016 auf nur 22 Prozent der weltweiten Ackerfläche gespeichert werden könnte, wenn sein Ansatz international in der Landwirtschaft angewendet würde. Er sagt, dass dies einen Nettovorteil von 500 bis 600 US-Dollar pro Hektar und nicht nur Nettokosten bringen würde, wenn Gutschriften für die CO2-Abtrennung bereitgestellt werden und damit verbundene Vorteile wie geringere Bewässerung und höhere Bodenfruchtbarkeit gezählt werden.

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