Eine Milliarde Euro für E-Ladestationen
Mit einem milliardenschweren Förderprogramm will Verkehrsminister Andreas Scheuer Elektroautos in Deutschland beliebter machen. „Wir brauchen Lademöglichkeiten zu Hause, am Arbeitsplatz und am Supermarkt“, sagte der CSU-Politiker in einem Interview. Gerade einmal 16.100 Ladepunkte gab es Ende 2018 im Bundesgebiet, wie die Tagesschau am 31.03.2019 unter Berufung auf den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) berichtete.
„Wir wollen für die Bürger Ladepunkte und deren Einbau in der eigenen Garage zur Hälfte fördern. Dafür brauchen wir sofort eine Milliarde Euro. Das muss sich im Bundeshaushalt abbilden“, sagte er. Der Staat solle sich demnach mit bis zu 3000 Euro pro Ladestation am Ausbau beteiligen, eine Schnellladestation solle mit 30.000 Euro bezuschusst werden.
Der Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Stefan Kapferer, forderte: „Damit die in Aussicht gestellten Fördergelder auch wirklich fließen können, muss sichergestellt werden, dass jeder Mieter und Wohnungseigentümer eine Ladesäule einbauen kann, wenn er es möchte und die Finanzierung sicherstellt.“
Frage und Antwortspiel am 01.04.2019 in der Bundespressekonferenz
Frage: Ich wollte die beteiligten Ministerien noch einmal nach dem Vorstoß von Verkehrsminister Scheuer vom Wochenende zur Elektromobilität befragen. Es geht um einen geförderten Ausbau von Ladestationen mit einem Umfang von einer Milliarde Euro. Mir ist im Kopf, dass es bisher schon ein Förderprogramm gibt, das aber nicht wirklich ausgeschöpft worden ist. Frau Buser, haben Sie da den aktuellen Stand?
Frau Kalwey, wie wird es denn in Ihrem Hause gesehen, 1 Milliarde Euro für die Förderung lockerzumachen?
Simone Buser, BMVI: Herzlichen Dank für Ihre Frage! – Nach Auskunft des BDEW gibt es aktuell ungefähr 16 100 Ladepunkte. Das BMVI hat zudem rund 16.000 Ladepunkte bewilligt, die in nächster Zeit in Betrieb genommen werden. Auch ein dritter Förderaufruf des BMVI zum Aufbau von Ladeinfrastruktur ist ergangen, und rund 11.000 neue Ladepunkte werden daraufhin jetzt auch zeitnah bewilligt und demnächst errichtet. Weitere Aufrufe werden folgen. Bislang haben wir 300 Millionen Euro für öffentlich zugängliche Ladepunkte bewilligt. Das soll weiter ausgebaut werden, weil wir da wirklich auf eine große Nachfrage gestoßen sind. Der neue Teil ist jetzt – das ist auch gewünscht -, auch private, also nicht öffentlich zugängliche Ladepunkte auch zu fördern. Das ist auch deswegen wichtig, weil zwischen 75 und 85 Prozent der Menschen zu Hause oder auch beim Arbeitgeber vor Ort laden möchten. Diese Möglichkeiten müssen auch geschaffen werden, um die Elektromobilität auch weiter voranzubringen.
Frage: Haben Sie im Kopf, wie viel Geld von den 300 Millionen Euro damit verbraucht ist?
Buser: Den aktuellen Stand kann ich Ihnen aus dem Stegreif nicht sagen. Es gehen ja fortlaufend Anträge ein, die dann auch bewilligt werden.
Zusatzfrage: Könnten wir die Zahl vielleicht noch bekommen?
Buser: Das kann ich Ihnen gerne nachliefern.
Nadine Kalwey, BMF: Ich kann Ihnen dazu sagen: Der Bundesfinanzminister hat sich jüngst ja zu dem ganzen Themenkomplex Elektromobilität geäußert, zuletzt in einem Interview am 28. März und davor auch in einem Interview am 17. Februar. Das können Sie, denke ich, überall nachlesen. Außerdem kann ich dazu noch sagen: Es gibt einen Eckwertebeschluss zum Haushalt, zum Regierungsentwurf 2020 zum Finanzplan 2023. Dieser durchläuft zurzeit das parlamentarische Verfahren. Alle weiteren Fragen, die sich stellen, wird man in diesem Verfahren regeln und diskutieren.
Frage: Sie sagten, 75 bis 85 Prozent würden gerne zu Hause laden. Wo haben Sie die Zahlen her? War das eine Umfrage?
Buser: Das müsste ich Ihnen nachreichen. Ich glaube, das war eine Umfrage, die der BDEW durchgeführt hatte.
Frage: An das Verkehrsministerium: Warum kommt Herr Scheuer jetzt darauf, und warum ist das so ein einzelner Vorstoß? Man bräuchte ja ein gesamtes Programm, um da etwas zu entwickeln; im Wohnungs- und im Mietrecht müsste etwas geändert werden. Warum also jetzt dieser Vorstoß? Wollte der Minister einmal wieder bei „Bild am Sonntag“ auftreten?
Buser: Zugrundeliegend war natürlich, dass die Nationale Plattform Elektromobilität wichtige Impulse erarbeitet hat, und ein wichtiger Impuls ist gewesen, die Elektromobilität weiter zu forcieren und weiter schneller auszubauen. Wir haben natürlich auch bislang schon andere Anreize gegeben, und ein wichtiger Schritt ist jetzt, da noch einmal nachzusetzen und die Arbeit in Richtung Förderung der Elektromobilität weiter zu intensivieren. Auch die Arbeitsgruppe 5 hat wichtige Berichte – auch mit einem Sofortpaket zur Ladeinfrastruktur – vorgelegt. Das Ganze ist auch auf der Seite der Nationalen Plattform Elektromobilität zugänglich.
Frage: Am Wochenende gab es dazu bereits eine erste Reaktion des BDEW, des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, in der ausdrücklich auf das Justizministerium verwiesen wird. Es geht darum, dass es wohl Änderungen im Mietrecht als auch im Wohneigentümerrecht bedürfe. Wie ist denn überhaupt die aktuelle Situation, wenn ich als Mieter gerne eine Ladestation in der Tiefgarage hätte? Hätte ich dann Anspruch darauf, dass der Vermieter das zulässt? Wie muss sich eigentlich eine Eigentümergemeinschaft im Mehrfamilienhaus entscheiden, wenn sie Elektromobilität oder eine Ladestation in der Tiefgarage will?
Josephine Steffen (BMJV): In der Tat sind das jetzt Fragen, die in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe derzeit erörtert werden. Ich möchte vielleicht noch einmal kurz erklären, warum wir da mit drin sind: In der Tat ist für das Miet- und Wohneigentumsrecht das BMJV zuständig. Der Einbau einer Ladeeinrichtung zum Betrieb eines Elektrofahrzeugs erfordert in der Regel Eingriffe in die Bausubstanz, die bei einer Eigentumswohnanlage gemeinschaftliches Eigentum aller Wohnungseigentümer darstellt. Aus diesem Grund kann die Zustimmung aller übrigen Wohnungseigentümer zu den notwendigen Maßnahmen erforderlich sein. Es gibt dazu zwei Diskussionsentwürfe – beide finden Sie auf unserer Seite -: einen, den wir im vergangenen Jahr veröffentlicht haben, und einen vom Justizministerium des Freistaats Bayern. Derzeit werden die zu verändernden Punkte beziehungsweise die Vorschläge in dieser Bund-Länder-Arbeitsgruppe diskutiert, und diese Diskussionen sollen auch zeitnah zu einem Ergebnis gebracht werden. Sie sprechen die Frage an, wie es im Einzelfall ist: Das kann ich Ihnen jetzt so detailliert nicht darlegen. Die ganze Problematik zeigt aber auf, dass wir an dieser Stelle für Rechtsklarheit und Rechtssicherheit sorgen müssen, insbesondere für diejenigen Wohnungseigentümer, die so eine Ladestation haben möchten, und dann eben auch für die ganze Wohnungseigentümergemeinschaft.
Frage : Ich weiß nicht, ob Frau Buser oder für Kalwey dafür zuständig ist: Wenn jetzt eine Milliarde Euro mehr ausgegeben werden sollte und das Ganze, soweit ich weiß, nicht zu den sogenannten prioritären Maßnahmen im Bundeshaushalt oder in der Finanzplanung gehört, muss dann nicht innerhalb des Verkehrsetats umgeschichtet werden, um das Geld aufzubringen?
Kalwey: Ich kann mich dazu eigentlich nur wiederholen: Es gibt einen Eckwertebeschluss. Dieser befindet sich zurzeit im laufenden Verfahren. Alles Weitere gilt es dann zu klären. Mehr kann ich Ihnen an dieser Stelle jetzt nicht dazu sagen.
Frage: In der Annahme, dass Elektromobilität auch für Zweiräder gilt, sofern sie elektrisch betrieben sind: Der ADFC startet jetzt eine Kampagne zur Förderung der Mobilität auf zwei Rädern, und einer der Datensätze, der da veröffentlicht wird, besagt, dass der Ausstattungsgrad mit E-Bikes in ländlichen Regionen mehr als doppelt so hoch ist wie in Großstädten. Einer der Gründe dafür sei, dass in Großstädten zu wenig sichere Park- oder Abstellplätze für Pedelecs vorhanden seien. Man würde ja gerade bei den älteren Teilen der Bevölkerung, die gerne auf Pedelecs umsteigen, sozusagen diese Verlagerung der Elektromobilität sicherlich gerne fördern. Bedeutet das, Frau Buser, dass Ihr Haus auch der Schaffung solcher Parkhäuser für E-Bikes – nennen wir es einmal so – positiv gegenübersteht und dies gegebenenfalls in Förderprogramme aufnehmen würde?
Buser: Zunächst einmal: Diese angesprochene Forderung oder Formulierung vom ADFC sagt mir im Moment leider nichts, die kenne ich so nicht. Prinzipiell ist es für uns natürlich auch wichtig, dass ElektroKleinstfahrzeuge – angefangen vom Hoverboard über E-Tretroller bis natürlich auch zu E-Bikes und Pedelecs – eine relativ große Rolle für die urbane Mobilität, aber auch für ländliche Räume spielen. Natürlich ist es wichtig, dass man da Möglichkeiten schafft, und die Kommunen vor Ort sind natürlich dabei, solche Möglichkeiten zu schaffen. Da muss man künftig auch noch genauer hinschauen.
Zusatzfrage: Aber im Moment wäre die Förderung solcher E-Bike-Parkhäuser noch nicht im Handlungshorizont des Ministeriums?
Buser: Das liegt natürlich zunächst einmal bei den Kommunen vor Ort, weil die Kommunen vor Ort schauen müssen, wo es Möglichkeiten gibt. Wir sind natürlich auch dabei, im Rahmen des Sofortprogramms Saubere Luft vor Ort Maßnahmen zu ergreifen, um die Kommunen zu unterstützen.
Frage: Frau Buser, können Sie noch einmal detaillierter darstellen, welche Grundannahmen der Minister hinsichtlich der Kosten getroffen hat? Was kostet es, einen Ladepunkt zu installieren? Es gibt dann ja noch Unterschiede hinsichtlich der Ausgestaltung solcher Ladepunkte – Supercharger, also Schnellladestationen, sind deutlich teurer. Gibt es da Modellrechnungen für verschiedene Hausgrößen? Beim Eigenheim ist es ja rechtlich ziemlich unproblematisch, aber was kostet es denn, wenn sich ein Mehrfamilienhaus mit zehn Parteien mit einer Ladestation für zehn Pkw ausstatten will? Ich weiß nicht, wer da zuständig ist: Ist das überhaupt von den Netzen her machbar? Wenn zehn Autos gleichzeitig Strom saugen, dann ist das, glaube ich, für ein Netz eine erhebliche Belastung.
Buser: Ich kann gerne einmal anfangen: Eine normale „Wall Box“ mit einem einzigen Ladepunkt, für die eigene Garage zu Hause zum Beispiel, verursacht Kosten von 500 bis 2500 Euro. Natürlich muss immer betrachtet werden, ob es eventuell Bedarf gibt, die Netzanschlüsse noch weiter zu ertüchtigen. Generell sagt man, dass Normalladepunkte eher in die privaten Haushalte und gerade auch in Mietshäuser mit Tiefgaragen hineinkommen. Eine Normalladesäule hat meistens zwei Ladepunkte; da belaufen sich die Kosten auf 2000 bis 8000 Euro – je nachdem, wie viel noch ertüchtigt werden muss und wie hoch und umfänglich die Bauarbeiten sind. Da wäre auch unser Ansatz, dass davon – sowohl beim Einbau als auch bei der Netzertüchtigung – 50 Prozent der Kosten vom Bund übernommen werden, um die Attraktivität zu steigern.
Bei Schnellladesäulen sind wir wahrscheinlich eher in dem Bereich von Pflegediensten oder von anderen Einsatzkräften, die das vor Ort eher gewerblich nutzen, auch von Taxen oder Flottenbetreibern. Da sind wir bei Kosten zwischen 20 000 und 100 000, um da im Netz Kapazität zur Verfügung zu stellen. In modernen Mietwohnungen ist es momentan ja schon verpflichtend, dass dort die Ladeinfrastruktur mit aufgebaut ist. Da gibt es jetzt schon die ersten Möglichkeiten. Deswegen ist es sinnvoll, da weiter voranzugehen, um dort vor Ort – zuhause in den Mietswohnungen oder auch in den Garagen oder Tiefgaragen – Möglichkeiten zu schaffen.