„Extinction Rebellion” jetzt auch in Berlin

XR-Aktivisten riskieren Gefängnis, um den Planeten zu retten

Die seit kurzem weltweit aktive Klima-Bewegung „Extinction Rebellion (XR)“ ist auch in Deutschland angekommen. Mit drastischen, aber friedvollen gewaltfreien Aktionen will XR in aller Welt Druck auf die Regierungen ausüben. Viele Umweltschützer – allen voran die großen international agierenden NGO – haben lange Zeit argumentiert, dass Angstmacherei Menschen davon abhalte, sich für den Klimaschutz zu engagieren: Wenn die Probleme nicht mehr zu bewältigen erscheinen, fühlen wir uns hilflos und wenden uns ab. Das scheint sich jetzt zu ändern.

Denn seit immer mehr Forscher warnen, dass die Erde auf das sechste große Massenaussterben zusteuere und dass wir nur noch ein knappes Jahrzehnt hätten, den verheerenden, unumkehrbaren Klimawandel abzuwenden, wächst die Zahl von Aktivisten, die überzeugt sind, dass nun Klartext geredet – und gehandelt – werden muss.

20-25000 Demonstranten bei Fridays4Future am 15.03.2019 auf dem Berliner Invalidenpark, im Hintergrund einer der Haupt-‚Sündenknaben‘, das BMVI – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

„Wir stehen vor einem beispiellosen globalen Notfall. Das Leben auf der Erde befindet sich in einer Krise: Wissenschaftler sind sich einig, dass wir in eine Zeit des abrupten Klimabruchs eingetreten sind, und wir befinden uns inmitten eines selbst verursachten Massensterbens.“

In London hat die Polizei innerhalb von vier Tagen fast 500 Klima-Aktivisten festgenommen, die einem XR-Aufruf gefolgt waren, unter anderem mit Sitzblockaden auf Straßen und Brücken für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. „Wir haben etwa 460 Personen festgesetzt“, sagte ein Sprecher von Scotland Yard am 18.04.2019 der Deutschen Presse-Agentur. Innenminister Sajid Javid erklärte nach einem Treffen mit der Londoner Polizeipräsidentin Cressida Dick, dass „gesetzwidriges Verhalten nicht toleriert wird“. Niemand dürfe „ohne Konsequenzen das Gesetz brechen“. Laut Javid sind mehr als 1.000 Polizisten pro Tag mit den Demonstranten beschäftigt. Die internationale Bewegung, die auch von der britischen Schauspielerin Emma Thompson unterstützt wird, will die Risiken des Klimawandels minimieren und den ökologischen Kollaps verhindern.

Heathrow im Visier

Eine Drohung der Aktivisten, an diesem (Kar-)Freitag den Betrieb des Londoner Großflughafens Heathrow zu stören, alarmierte den Airport: „Wir respektieren das Recht auf friedlichen Protest und stimmen zu, dass man etwas gegen den Klimawandel tun muss, aber wir stimmen nicht zu, dass die wohlverdienten Osterferien von Passagieren mit ihrer Familie und Freunden unterbrochen werden sollten“, so ein Flughafensprecher.

Im Wortlaut: „Die Zeit läuft uns davon“ – aus der deutschen Webseite von Extinction Rebellion

„Wir stehen vor dem ökologischen Kollaps. Emissionen von Treibhausgasen, Raubbau der natürlichen Welt, industrielle Landwirtschaft, Versiegelung und Bebauung, Massentierhaltung, die Überfischung, Versäuerung und Vermüllung der Meere bedrohen das Leben aller Tier- und Pflanzenarten auf diesem Planeten.

Seit über 30 Jahren warnen Wissenschaftler, die UN und andere Umweltorganisationen, dass ein „weiter so wie bisher“ unweigerlich in die Katastrophe führen wird. Der Bericht des Weltklimarates (IPCC) der UN betonte erst im Herbst 2018, dass die Erderwärmung unbedingt weit unter 1,5° bleiben muss. Aber die Emissionen von Treibhausgasen steigen global trotz der Verlautbarungen der Regierungen immer weiter an. Wir sind auf dem Weg zu 4°C Erwärmung.

‚Weiter so‘ bedeutet weit reichende Ernteausfälle, Hungersnöte und Massenflucht von hunderten Millionen von Menschen. ‚Weiter so‘ bedeutet, dass die Tropen zu heiß für menschliches Leben sein werden. ‚Weiter so‘ bedeutet die Destabilisierung und Zerstörung unserer Gesellschaften durch Krieg und Ressourcenmangel. „Weiter so“ heißt, dass das Leben unserer Kinder und Kindeskinder auf dem Spiel steht. ‚Weiter so‘ ist, was die Regierungen und die Wirtschaft billigend in Kauf nehmen.

Wir sind überzeugt, dass wir nicht länger darauf hoffen können, dass die deutsche Regierung rechtzeitig von selbst die nötigen Schritte gehen wird. Es ist an der Zeit, sie unter massiven, gesellschaftlichen Druck zu setzen. Es ist Zeit für eine massenhafte, gewaltfreie Rebellion, für das Leben und um des Lebens Willen.

Wir werden nicht still und folgsam in das Aussterben gehen. Wir werden nicht ruhen und nicht rasten, bis die Menschheit auf einem neuen, besseren Weg ist. Denn auch wenn die Lage ernst ist, ist es noch lange nicht zu spät.

Unsere Forderungen

  1. Die Regierungen legen die Wahrheit über die tödliche Bedrohung durch die ökologische Krise offen und revidieren alle Gesetze, die ihrer Bewältigung entgegenstehen. Darüber hinaus kommunizieren die Regierungen in Kooperation mit den Medien die Dringlichkeit des Umsteuerns, und was jede*r Einzelne, jede Gemeinde und jedes Unternehmen dazu Beitragen kann.
  2. Die anthropogenen Emissionen von Treibhausgasen werden über alle Sektoren hinweg bis 2025 auf Netto-Null reduziert. Der ökologische Raubbau wird mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln eingedämmt und – wenn möglich – wieder rückgängig gemacht. Zentrale Zielsetzung der Gesellschaft ist es in Zukunft, das Klima und die Ökosysteme der Erde so zu stabilisieren, dass sie allen Menschen und allen Arten, zuvorderst den am stärksten gefährdeten, ein sicheres Zuhause bietet.
  3. Die Regierungen rufen Bürger*innenversammlungen ein, die auf Basis partizipatorischer Demokratie ausarbeiten, wie die oben genannten Ziele verwirklicht werden. Dabei sind die Bedürfnisse derjenigen, die von der ökologischen Krise am stärksten betroffenen sind, besonders zu berücksichtigen, sowie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte einzuhalten.

Wir sind uns darüber im Klaren, dass diese Forderungen notwendige, erhebliche Veränderungen unserer Lebensstile und -standards sowie des vorherrschenden Systems bedeuten.“

„Extinction Rebellion“ wurde im vergangenen Jahr von britischen Wissenschaftlern gegründet und begann am 31.10.2018 mit einer Blockade des Londoner Parliament Square sowie der Verlesung einer „Rebellionserklärung“ gegen die britische Regierung. Die Bewegung fordert, einen Klima-Notstand auszurufen, die Emissionen von Treibhausgasen bis 2025 auf Null zu senken und Bürgerversammlungen zu Klima- und Umweltthemen zu initiieren. In kürzester Zeit verzeichnete XR – jüngst wohl in der Folge von „Fridays for Future“ und „Scientists for Future“ – ein extremes Wachstum: 382 Gruppen gibt es bereits weltweit, 32 in Deutschland.

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