Nachhaltige Wasserstoffproduktion

CO2-frei und rentabel – klimafreundlicher

In einem Energiesystem mit Erneuerbaren Energien kann Wasserstoff eine Rolle als Treibstoff, Speicher und Stromnetzstabilisator spielen, wenn er nachhaltig produziert wird. Forscher der TU München und der Uni Mannheim legen nun dar, wie die Technologie mit flexiblen Produktionsanlagen und einer Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zu einem wichtigen Baustein der Energiewende werden kann – so eine Medienmitteilung der TU München – und ein darauf beruhender Artikel in energiezukunft.

Wasserstoff-Tanklastzug an Multi-Energie-Tankstelle – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Für die Industrie werde Wasserstoff derzeit noch überwiegend aus fossilen Rohstoffen hergestellt, so die Forscher. Alternativ wird im Zuge eines neuen umweltfreundlichen Energiesystems seit längerem „überschüssige“ Wind- und Solarenergie genutzt, um das Gas mittels Elektrolyse aus Wasser zu gewinnen – im Power-to-Gas-Verfahren (P2G). Die Energie kann der Wasserstoff später zurückgeben, erläutern die Forscher, indem er beispielsweise in Brennstoffzellen Strom und Wärme erzeugt, im Erdgasnetz beigemischt oder in synthetisches Erdgas umgewandelt wird.

Bislang galt P2G jedoch als relativ unrentabel – es wird noch zu viel Energie bei der Umwandlung verbraucht, die Energie- und Klimabilanz war daher nicht zufriedenstellend. Wissenschaftler der TU München und der Uni Mannheim haben sich des Problems angenommen und wollen nun zeigen, wie die Technologie mit flexiblen Produktionsanlagen und einer Änderung des EEG doch noch zu einem wichtigen Baustein der Energiewende werden könnte.

Bislang galt Power-to-Gas als nicht wettbewerbsfähig, erläutert Gunther Glenk vom Lehrstuhl für Controlling der TU München und Prof. Stefan Reichelstein, der an der Universität Mannheim und der Stanford University forscht. Die Forscher haben nun berechnet, wie Wasserstoff zu 100 Prozent CO2-frei und gleichzeitig rentabel produziert werden könnte. In ihrer Publikation in der Fachzeitschrift Nature Energy Economics of converting renewable power to hydrogen“*) kommen sie dabei zu dem Ergebnis, dass für die derzeitige Marktsituation in Deutschland zwei Faktoren entscheidend sind: Es sollten Anlagen zum Einsatz kommen, die Strom sowohl ins Netz einspeisen als auch zur Wasserstoffproduktion nutzen – und es müsste das EEG geändert werden. Solche Kombi-Anlagen müssten dabei optimal auf die großen Schwankungen der Windkraft und der Preise am Strommarkt reagieren. Der Betreiber sollte dabei zu jedem Zeitpunkt entscheiden können, ob er die Energie verkauft oder umwandelt, erläutert Reichelstein.

*) Abstract: „Der jüngste starke Rückgang der Kosten für erneuerbare Energien deutet darauf hin, dass die Erzeugung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien durch einen Power-to-Gas-Prozess wirtschaftlicher werden könnte. Hier untersuchen wir diese Alternative aus der Perspektive eines Investors, der ein hybrides Energiesystem betrachtet, das erneuerbaren Strom mit einer effizient dimensionierten Power-to-Gas-Anlage kombiniert. Die verfügbare Kapazität kann in Echtzeit optimiert werden, um von den Schwankungen der Strompreise und der intermittierenden Stromerzeugung zu profitieren. Wir wenden unser Modell auf das aktuelle Umfeld in Deutschland und Texas an und stellen fest, dass erneuerbarer Wasserstoff in Nischenanwendungen bereits kostengünstig ist (3,23 €/kg), wenn auch noch nicht für die industrielle Versorgung. Diese Schlussfolgerung wird sich jedoch voraussichtlich innerhalb eines Jahrzehnts (2,50 €/kg) ändern, sofern sich die jüngsten Markttrends in den kommenden Jahren fortsetzen.“

Die im EEG verankerte Einspeisevergütung garantiert derzeit Energieerzeugern Mindestpreise, wenn sie Strom ins Netz einspeisen. „Wasserstoffspeicher kann man in Deutschland mit einer einfachen Stellschraube rentabel machen“, sagt Glenk. „Die Vergütung wird nicht für die Einspeisung, sondern für die Erzeugung Erneuerbarer Energie gezahlt. Dann habe ich die Wahl, direkt zu verkaufen oder zu speichern.“ In Deutschland, so die Forscher, wäre unter diesen Voraussetzungen schon heute die Wasserstoffproduktion mit Windkraft bis zu gewissen Mengen konkurrenzfähig gegenüber der Produktion aus fossilen Quellen. „Für mittel- bis kleinvolumige Produktionen würde sich der Einsatz der Anlagen bereits rechnen“, so Reichelstein.

Für den Zeitraum bis 2030 prognostizieren die Ökonomen die Wettbewerbsfähigkeit auch in großem Maßstab, vorausgesetzt, die Kosten für Windkraft- und Elektrolyseanlagen fielen ähnlich stark wie in den letzten Jahren. „Power-to-Gas bietet Unternehmen verschiedener Branchen neue Geschäftsmodelle“, ist sich Glenk sicher. Energieversorger könnten zum Wasserstofflieferanten der Industrie werden, das produzierende Gewerbe mit eigenen Kombi-Anlagen in die dezentrale Stromversorgung einsteigen. „So können wir eine klimafreundliche und intelligente Infrastruktur aufbauen, die Stromversorgung, Produktion und Verkehr optimal verbindet“, schauen die Forscher optimistisch in die Zukunft der Energieversorgung.

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