Neues chemisches Umwandlungsverfahren bei niedrigen Temperaturen entwickelt
Chemiker verbringen viel Zeit und Energie damit, chemische Reaktionen zu starten oder zu beschleunigen – aber manchmal kann es genauso wichtig sein, sie zu stoppen, bevor sie zu weit gehen. Chemiker aus den Frankreich, den USA und Deutschland (FHI-Berlin) haben jetzt einen Weg gefunden, Cyclohexan in Cyclohexen oder Cyclohexadien umzuwandeln, beides wichtige Chemikalien in vielen industriellen Verfahren. Der neue Prozess läuft bei niedrigeren Temperaturen ab, wodurch (normalerweise durch unerwünschtes Brechen von Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen entstehendes) Kohlendioxid vermieden wird – schreibt Jared Sagoff vom Argonne National Laboratory (ANL) des US-Energieministeriums am 05.04.2019.
„Dass wir diese Umwandlung bei niedrigeren Temperaturen durchführen können, schützt die Dehydrierungs-Zwischenprodukte Cyclohexen und Cyclohexadien davor, weiter in (dann unerwünschte Produkte) umgewandelt werden,“ bringt Koautor Stefan Vajda vom ANL den Forschritt auf den Punkt. Cyclohexan ist laut Vajda, der auch am J. Heyrovský-Institut für Physikalische Chemie in Prag arbeitet, ein wichtiges Ausgangsmolekül in vielen chemischen Reaktionen. Ohne einen geeigneten Katalysator, um die Reaktion einzuleiten, erfordert die Umwandlung von Cyclohexan in nützliche Produkte jedoch erhöhte Temperaturen, was hohen Energieaufwand verursacht. Zudem kann der Prozess unter schlechter Trennschärfe leiden.
Vajda untersuchte zusammen mit ANL-Chemiker Larry Curtiss und dessen internationalem Team eine Reaktion namens oxidative Dehydrierung, bei der Wasserstoffmoleküle von einem größeren Molekül abgespalten werden. Dadurch, dass nur eine begrenzte Anzahl von Wasserstoff-Kohlenstoff-Bindungen getrennt wird, kann die Reaktion Cyclohexen und Cyclohexadien produzieren, bevor die Verbrennung zu Kohlendioxid stattfindet. Die Arbeit wurde verbessert durch frühere Studien des Argonne-Teams über die Dehydrierung von Cyclohexan und Cyclohexen durch die Einführung zweier Schlüsselkomponenten: eines Kobaltoxidkatalysators in Sub-Nanometer-Größe auf einem Aluminiumoxidträger und einer kontrollierten Sauerstoffumgebung.
Die Forscher setzten Röntgenstreuungstechniken der Advanced Photon Source (APS) des ANL (Foto re.) ein, um die Art und Stabilität der Katalysatoren während der katalytischen Prüfung der Cluster in Echtzeit zu überwachen. Sie entdeckten, dass die Cluster eine partielle Dehydrierung des Cyclohexans bei Temperaturen um die 100 Grad Celsius durchführten – weitaus niedriger als zuvor bei dieser Art von Reaktion beobachtet – und die Cluster ihre oxidierte Natur und Stabilität bei Reaktionstemperaturen bis zu 300°C beibehielten.
Vajda und Curtiss stellten fest, dass der hochselektive Katalysator langlebig ist und durch die Reaktion nicht vergiftet oder abgebaut wird. In theoretischen und experimentellen Untersuchungen zur Größe des Katalysators fanden die Forscher heraus, dass Cluster der Größe zwischen 4 und 27 Atomen bei der Durchführung der Reaktion etwa gleich effizient waren. „Es scheint, als ob diese Zusammensetzung gut funktioniert, solange der Katalysator weniger als etwa einen Nanometer groß ist – ein wichtiger Faktor für die mögliche Skalierung dieser Katalysatorklasse durch traditionellere, aber weniger größenselektive Synthesewege,“ so Vajda.
Um die grundlegenden Mechanismen hinter der Aktivität und Selektivität der Kobaltkatalysatoren besser zu verstehen, verwendeten die Forscher Dichtefunktionstheorie-Berechnungen, um die Reaktionswege zu modellieren. „Die ausgezeichnete Leistung der Kobalt-Cluster lässt sich durch theoretische Berechnungen erklären, die hochaktive Kobaltatome in den Clustern offenbaren und zeigen, dass die oxidierte Natur der Cluster die Niedertemperaturbildung des Produkts verursacht“, erklärte Curtiss.
Ein auf der Studie basierendes Papier wurde unter dem Titel „Subnanometer cobalt oxide clusters as selective low temperature oxidative dehydrogenation catalysts“ („Subnanometergroße Kobaltoxidcluster als selektive oxidative Niedertemperatur-Dehydrierungskatalysatoren“) in der Online-Ausgabe von Nature Communications vom 27.02.2019 (mit Grafiken) veröffentlicht. Weitere Autoren des Papiers waren die Argonne-Wissenschaftler Sungsik Lee, Avik Halder, Glen Ferguson, Sönke Seifert und Randall Winans. Weitere Teilnehmer waren Detre Teschner und Robert Schlögl vom Fritz-Haber-Institut, Berlin und dem Max-Planck-Institut für chemische Energiekonversion, Mülheim an der Ruhr, Vasiliki Papaefthimiou von der Universität Straßburg in Frankreich und Jeffrey Greeley von der Purdue University.
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