Schiefergas für meistes Methan in der Atmosphäre verantwortlich?

CH4 keine Lösung für Klimakrise

Die durch den bevorstehenden 1. EU-US Energy Council in Brüssel, wo ab 01.05.2019 über die Steigerung von Fracking-Gas- Importen nach Europa verhandelt werden soll, erneut aufgekommene Diskussion über Fracking und LNG wirft erneut die Frage auf, ob überhaupt, und wenn ja, wie sehr Methan und/oder Erdgas als Übergangs-Energieträger taugen. Oder ob das klimagefährliche geruch- und farblose Gas nicht so schnell wie möglich aus dem Verkehr gezogen werden muss.

Methan wirkt – wenn unverbrannt in die Atmosphäre entlassen – 20 bis 100fach stärker auf die Atmoshäre ein als “normales” CO2 – darauf wies Klaus Oberzig auf der Internetseite der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. am 31.08.2018 hin (siehe solarify.eu/erdgas-klimaschaedlicher-als-kohle). Und Anfang März 2019 kam Prof. Bob Howarth, David R. Atkinson-Professor für Ökologie und Umweltbiologie an der Cornell-Universität in Ithaca, New York, in einem Vortrag unter dem Titel „Die Rolle der Erschließung von Schiefergasen im Methankreislauf: Neue Erkenntnisse aus 13C- und 14C-Daten“ zu dem Schluss, dass der globale Anstieg des Methans in den letzten zehn Jahren weitgehend von der Öl-/Gasindustrie verursacht worden ist.

Howarth ist Biogeochemiker und Ökosystemwissenschaftler, dessen Arbeit die Umweltauswirkungen von Energiesystemen, insbesondere aus der Öl- und Gasentwicklung und aus Biokraftstoffen, umfasst und dabei den Schwerpunkt auf Wasserqualität und Treibhausgasemissionen legt. Seine aktualisierte Schätzung für die durchschnittliche, vollzyklische Methanleckrate aus der Erdgasgewinnung liegt bei 4,1%. Seine These war schon 2011, wer neben dem Treibhausgas CO2 auf Methan schaue, verstehe, dass Erdgas ein größerer Treiber für die Erderwärmung sei als Kohle und Erdöl. Er leitete sie aus seinen Arbeiten für aus Schiefer- und Sandstein per Fracking gewonnenes Erdgas ab, die er schon im Jahr 2011 veröffentlicht hatte.

Anti-Fracking-Kleinst-Demo am 19.03.2015 – Foto © Gerhard Hofmann für Solarify

Klimabilanz von Erdgas aus den USA

Wenn nämlich neben den beim Verbrennen entstehenden CO2-Emissionen auch die bei Förderung und Transport anfallenden Methanleckagen berücksichtigt werden, fällt die Klimabilanz von Erdgas deutlich schlechter aus als zunächst angenommen. Bereits bei dem sogenannten konventionellen (d.h. ohne Fracking gewonnenen) Erdgas entweichen rund vier Prozent der gesamten Produktion in die Atmosphäre. Dies geschieht durch Leckagen und Druckentlastung an der Förderstelle, während der Lagerung und beim Transport zum Abnehmer (dies betrifft auch die Herstellung und den Transport von Flüssigerdgas, dem sog. LNG). Bei gefracktem Gas (insbesondere Schiefergas) ist die Datenlage unsicherer, doch sind die Methanemissionen dort wahrscheinlich drei bis viermal so hoch, das heißt sie können bis zu 12 Prozent der Gesamtleistung einer Bohrstelle betragen, wie Bob Howarth schon 2016 in „Methan Emissioinen – der Treibhausgas-Fußabdruck von Erdgas“ publizierte.

Bereits 2012 bis 2013 kamen Wissenschaftler laut Environmental Impacts of Natural Gas“, Union of Concerned Scientists zu dem Ergebnis, dass die Methanverluste für Erdgaskraftwerke unter 3,2% gehalten werden müssen, um eine geringere Lebensdauer als neue Kohlekraftwerke über einen kurzen Zeitraum von 20 Jahren oder weniger zu erreichen. Und wenn die Verbrennung von Erdgas in Fahrzeugen nur geringfügige Vorteile bringen soll, müssen die Methanverluste im Vergleich zu Dieselkraftstoff und Benzin unter 1% bzw. 1,6% gehalten werden.

Forschungsergebnisse aus dem Jahr 2018 zeigen nach Mitteilungen des Forums Energiewende Vorpommern („LNG Flüssiggas als weitere Sackgasse auf dem Weg in die Energiewende„) schließlich auch, dass der Umstieg auf LNG bei der Antriebstechnik im Transportsektor nicht nur viel zu teuer ist, sondern damit auch die Klimaziele nicht erreicht werden können. Forscher des United Maritime Avisory Services warnten in Ihrer Studie „LNG as a marine fuel in the EU – Market, bunkering infrastructure investments and risks in the context of GHG reductions“ vor Flüssiggas als Schiffsantrieb. Obwohl sie sehr konservativ nur von geringen Methanemissionen (Leckagen oder sog. Methanschlupf) ausgegangen sind, analysierten die Forscher, dass – bei den benötigten 22 Mrd. US-Dollar Investments in LNG Infrastruktur bis 2050 – lediglich eine Treibhausgas-Reduktion von ca. 6% erreicht werden könnte. Wenn die Methanleckage-Raten höher als angenommen wären, würde der Ausbau der LNG-Infrastruktur sogar ein Anstieg der Treibhausgasemissionen zur Folge haben.

Natürlich bleiben  – so Klaus Oberzig – solche kritischen Bewertungen „auch innerhalb der Energiewendebewegung nicht unwidersprochen“. So halte etwa Manfred Fischedick, Vizepräsident des Wuppertal-Instituts für Klima, Umwelt, Energie, „nichts von der These vom schmutzigen Erdgas. Das Wuppertal-Institut habe schon vor mehr als zehn Jahren umfangreiche Messungen zusammen mit dem Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie in Russland durchgeführt. Danach habe sich Erdgas als klimaverträglicher als Öl und Kohle erwiesen.“

Oberzigs Schluss: „Gleichgültig wie schmutzig sich Erdgas tatsächlich darstellt, ist es an der Zeit, offensiv für erneuerbare Wärmetechnologien zu werben. Sie verdienen das gleiche Vertrauen wie PV und Windenergie. Dann braucht sich nämlich niemand an Erdgas festzuklammern.“

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