Brennstoffzelle im Keller
Die erste Pilotanlage des Rostocker Start-ups Gensoric in Essen erzeugt mit Kohlendioxid aus der Umgebungsluft, Wasser und grünem Strom Methanol. Wenn es nach den Rostockern geht, wird jeder Haushalt mit einer Methanol-Brennstoffzelle ausgestattet und so völlig unabhängig von fossilen Brennstoffen wie Erdöl und Kohle werden. Dass das durchaus realistisch ist, haben sie mit der Pilotanlage nachgewiesen: „Das Verfahren funktioniert unter normalen Bedingungen“, sagt Nils Methling, einer der Gensoric-Chefs. Tatsächlich ist die Anlage von Willpower Energy bereits TÜV-geprüft und von der Innung abgenommen.
Die RWE-Tocherfirma Innogy unterstützte das Gensoric-Projekt als „grünes Leuchtturmprojekt“. In Essen soll eine Methanolbrennstoffzelle Autos und ein Fahrgastschiff antreiben und die Autos sogar in die Stromversorgung von Gebäuden einbinden. Am 28.08.2017 schrieb Solarify: “’MS Innogy‘ weltweit erstes Methanol-Schiff – Klimafreundlicher Treibstoff als Alternative zu Öl„. Damals meldete die innogy-Pressestelle stolz: “Die Energiewende nimmt Fahrt auf – jetzt auch auf dem Wasser.” Der damalige CEO Peter Terium und Essens OB Thomas Kufen hatten am 25.08.2017 am Essener Baldeneysee das Ausflugsschiff “MS innogy” getauft und es in den regulären Fahrgastbetrieb übergaben – weltweit das erste Schiff, das von einer umweltfreundlichen Methanol-Brennstoffzelle angetrieben wird. Die nötige Energie für den gesamten Betrieb stammt ausschließlich aus regenerativen Quellen.
Wenn das Schule macht, würde es ein Kernproblem der Energiewende lösen: Denn grüner Strom lässt sich nur eingeschränkt speichern. Methanol könnte als „grüner Sprit“ genutzt werden, wo Akkus nicht reichen – etwa bei Flugzeugen oder langen Strecken im Elektroauto.
CO2 aus der Luft
Für den Chemnitzer Thomas von Unwerth, Professor für Alternative Fahrzeugantriebe, klingt das Rostocker System „erstmal interessant“. Stationäre Technologien wie diese seien ein guter, innovativer Ansatz. Allerdings sieht er ein Problem: „Wenn wir in die Technologie genauer rein schauen, wirft das viele Fragen auf. Zum Beispiel lese ich von einem CO2-Filtersystem, da stellt sich mir als Ingenieur die Frage, wie groß, wie schwer und vor allem wie teuer ein solches CO2-Filtersystem ist?“ Die Antwort der Rostocker stammt aus der Raumfahrttechnik: Das Kohlendioxid werde mit einer Technologie aus der Umgebungsluft gefiltert, die die Firma Skytree ursprünglich für die Europäische Weltraumagentur ESA entwickelt habe. Sie sei auch in der Internationalen Raumstation ISS verbaut, so eine Gensoric-Sprecherin. In einem halben Jahr will das Team weitere Pilotanlagen – diesmal für den Einsatz in normalen Wohngebäuden vorstellen. Nach eigenen Angaben gibt es bereits jetzt zahlreiche Interessenten.
Von Unwerth sieht zwar das Potenzial der Power-to-Liquid-Technologie In der Verwertung der anfallenden Überschüsse bei den erneuerbaren Stromquellen: „Die Vorteile sind, dass wir hier tatsächlich aus erneuerbaren Energien aus Windkraft, Photovoltaik und Wasserstoff einen Kraftstoff erzeugen können“, sagt er. Aber der Experte sieht einen Haken: „Ein Nachteil dürfte sein, dass der Energiewandlungsprozess sehr energieintensiv ist. Das heißt, Sie erzeugen selbst einen Kraftstoff, den Sie dann wieder in einem nächsten Prozessschritt in einer Brennstoffzelle in elektrische Energie und Wärme umwandeln. Dadurch wird die Energiekette sehr lang und der Wirkungsgrad von der Primärenergiequelle bis zum Endversorger fällt gering aus.“
Unter der Bezeichnung Power-to-Liquid werden technisch Prozesse zusammengefasst, bei denen mithilfe von Energie aus erneuerbaren Energiequellen flüssige Kraftstoffe erzeugt werden sollen. Dabei wird außerdem meist auch noch schädliches Kohlenstoffdioxid gebunden. Derzeit gibt es drei verschiedene Methoden:
- Ein Power-to-Liquid-Prozess greift auf sogenannte Synthesegase zurück. Dabei handelt es sich um einfachen Wasserstoff aus Wasser und Kohlenstoff aus dem Kohlendioxid in der Luft. Daraus entstehen mittels Synthese langkettige, flüssige und feste Kohlenwasserstoffe wie beispielsweise Benzin oder Diesel. Der Vorreiter in diesem Verfahren ist die Dresdner Firma Sunfire, die mittels einer Testanlage bereits ihren Rohölersatz „Blue Crude“ herstellt.
- Das sogenannte EE-Gas wird im Power-to-Gas-Prozess aus erneuerbaren Energien gewonnen. Das Synthesegas wird hier mittels Wasserelektrolyse chemisch hergestellt. In einem weiteren Prozessschritt wird es verflüssigt. Das kostet zwar erneut Energie, allerdings ist das Gas in flüssiger Form leichter zu transportieren.
- Bestimmte Mikroben sind in der Lage, Solarenergie in flüssigen Treibstoff zu verwandeln. So wurde unter anderem bereits vor fünf Jahren eine Forschungsarbeit der University of California veröffentlicht, die einen elektro-mikrobiellen Bioreaktor beschreibt. Der soll mit Hilfe von gentechnisch veränderten Bakterien verschiedene flüssige Butanole erzeugen.
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