BEE legt Szenario 2030 zur Umsetzung des 65%-Ziels vor
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) legt in einer Szenariorechnung vor, welche Ausbaupfade für Erneuerbare Energien im Stromsektor notwendig sind, um das 65%-Ziel zu erreichen. Die Bundesregierung hat sich mit dem Koalitionsvertrag Klimaschutzziele für 2030 gesetzt. Um das Sektorziel im Stromsektor zu erreichen, soll bis 2030 der Anteil Erneuerbarer Energien auf 65 Prozent gesteigert werden. „Diese Zielsetzung wurde zudem von der Kohlekommission als dezidierter Bestandteil des Gesamtbeschlusses zum Kohleausstieg und entsprechender Strukturwandelmaßnahmen bestätigt“, betonte Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE).
Kerngröße des BEE-Szenarios 2030 ist der Bruttostromverbrauch. Unter Annahme ambitionierter Energiesparerfolge sowie zusätzlicher Energieverbräuche im Kontext der Sektorenkopplung geht der BEE von einem Bruttostromverbrauch in Höhe von 740 Terawattstunden (TWh) im Jahr 2030 aus. Bei einem Anteil Erneuerbarer Energien von 65 Prozent im Jahr 2030 entspricht das somit 481 Terawattstunden.
„Um im Jahr 2030 einen Anteil von 65 Prozent Erneuerbarer Energien zu erreichen, sind bessere Rahmenbedingungen erforderlich. Der Schalter muss sofort umgelegt und der Ausbau der Erneuerbaren wieder beschleunigt werden“, sagt Peter. „Unter Beibehalt der derzeitigen rechtlichen Gegebenheiten, die keine klaren Perspektiven für Planung und Investitionen bieten, wird Deutschland seinen Bruttostromverbrauch nur zu 44 Prozent aus Erneuerbaren Energien abdecken – mit negativen Implikationen für den Klimaschutz und für die innovative Erneuerbare-Energien-Industrie mit ihren zukunftsfähigen Arbeitsplätzen und ihrer enormen regionalen Wertschöpfung.“
Dabei ginge deutlich mehr: Aus Sicht des BEE könnte die Branche 2030 weit über 80 Prozent Ökostrom liefern, entsprechend ambitionierte Rahmenbedingungen vorausgesetzt. Damit wäre dann auch ein deutlich höherer Beitrag zum Klimaschutz möglich, was der Zielsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens näherkäme.
Peter forderte die Große Koalition auf, den energiepolitischen Leerlauf zu beenden und ihre energie- und klimapolitischen Ziele in ambitioniertes gesetzgeberisches Handeln zu überführen sowie ein Zeit- und Mengengerüst für das 2030-Ausbauziel vorzulegen. Die Ausbaupfade für Erneuerbare Energien müssten deutlich erhöht, die erforderlichen Flächen und Genehmigungen bereitgestellt und vorhandene Deckel – von der Photovoltaik, über den Biogas-Flexdeckel bis zu Offshore-Wind – gestrichen werden.
Außerdem müsse der Kohleausstieg vorangebracht und das Klimaschutzgesetz auf den Weg gebracht werden. Darüber hinaus müssten durch eine CO2-Bepreisung endlich faire Wettbewerbsbedingungen für saubere Technologien geschaffen werden. Diese könne sozialverträglich durch die entsprechende Absenkung der Stromsteuer sowie durch Rückverteilungsmodelle im Wärmebereich ausgestaltet werden.
Der niedersächsische Minister für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, , bestätigte: „Die Umsetzung des 65-Prozent-Ziels ist ein fundamentaler Bestandteil des Koalitionsvertrages und eine wesentliche Leitplanke für die Energie- und Klimapolitik der Länder. Damit die energie- und klimapolitischen Ziele erreicht werden können, muss der Ausbau der erneuerbaren Energien konsequent vorangetrieben werden. Gerade die Potenziale für Photovoltaik, On- und Offshorewind müssen genutzt werden. Die heute vorhandenen Ausbaubegrenzungen müssen aufgehoben werden. Außerdem benötigen wir deutlich mehr Investitionen in innovative Technologien – von der Elektromobilität über Wärmepumpen bis hin zur Wasserstoffproduktion. Die Zielfestlegung für 2030 ist Verpflichtung zur Schaffung der notwendigen Rahmenbedingung. Niedersachsen setzt sich für die Einbeziehung von grünem Wasserstoff als Schlüsselelement der Energiewende ein. Aus erneuerbarem Strom erzeugter Wasserstoff kann zum Beispiel auch als Kraftstoff einen wichtigen Beitrag für eine erfolgreiche Verkehrswende leisten. Wir brauchen daher klare politische Entscheidungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien und eine Technologieoffenheit für die Anwendung.“
Hintergrund
Berechnungsgrundlage des BEE-Szenario 2030 ist der Klimaschutzplan 2050 und die Annahme, dass alle Sektorenziele bis 2030 erreicht werden. Hierbei sind gleichzeitig Fortschritte sowohl beim Ausbau Erneuerbarer Energien als auch bei der Energieeffizienz sowie relevante Erfolge bei der Kopplung der Sektoren nötig. Einsparungen beim Stromverbrauch kalkuliert das BEE-Szenario 2030 ein, ihnen steht jedoch ein Mehrverbrauch durch die Sektorenkopplung und die zunehmende Elektrifizierung des Verkehrs gegenüber.
BEE-Vize-Präsidenten des BEE äußern sich:
Hermann Albers (Bundesverband WindEnergie):
„Das BEE-Szenario macht deutlich, dass die Windenergie auch in Zukunft der Lastenträger der Energiewende sein wird. Um das unzweifelhafte Potenzial des Energieträgers Wind voll auszuschöpfen und den ins Stocken geratenen Ausbau wiederzubeleben, müssen sich die Rahmenbedingungen besonders mit Blick auf die Genehmigungsverfahren und den Weiterbetrieb schnell verbessern. Daneben zeigt das Szenario deutlich, dass Wind- und Solarenergie das zukünftige Energiesystem nur partnerschaftlich tragen können. Der Irrweg der technologieoffenen Ausschreibungen, in denen die beiden Energieträger in einen ruinösen Kostenwettstreit gestellt werden, muss daher schnell verlassen werden.“
Carsten Körnig (Bundesverband Solarwirtschaft):
„Jeder Reisende weiß: Wer rechtzeitig ans Ziel kommen will, legt eine Strecke fest und orientiert sein Tempo an Wegmarken. Beim Ausbau der Solarenergie müssen wir das Tempo vervielfachen, um das Klimaziel 2030 zu erreichen. Statt Trippelschritten braucht es Siebenmeilenstiefel! Solartechnik ist sehr preiswert geworden, sie genießt höchste Akzeptanzwerte und kann sehr schnell realisiert werden. Dafür müssen Ausbauziele heraufgesetzt, Bremsen gelöst werden und Förderdeckel fallen!“
Hans-Peter Lang (Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke):
„Die Wasserkraft kann als verlässliche und dezentrale erneuerbare Energie netzstabilisierend wirken und den Verteilnetzausbau reduzieren. Dafür sollte die Bundesregierung ein (mit Landesförderprogrammen kombinierbares) Förderprogramm zur ökologischen Modernisierung auflegen und eine neue Vergütungsklasse für Anlagen bis 150 kW einführen. Die Bundesländer müssen die Genehmigungsverfahren vereinfachen und deutlich beschleunigen.“
Horst Seide (Fachverband Biogas):
„Die Stromerzeugung aus Biogas, Holz und anderen Biomassen deckt 8,5 Prozent des Brutto-Stromverbrauchs und ist damit nach wie vor eine der bedeutendsten Technologien der Erneuerbaren Stromerzeugung. Es gilt jetzt, diesen Beitrag zu stabilisieren und zu optimieren, um die Erreichung des 65-Prozent-Ziels nicht zu gefährden. Ein weiterer Abbau der Biomasse muss dringend abgewendet werden.“
Karl-Heinz Stawiarski (Bundesverband Wärmepumpe):
„Nur mit einem massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien lassen sich die Klimaziele im Gebäudebereich erreichen. Den uns zur Verfügung stehenden regenerativen Strom müssen wir außerdem so effizient wie möglich einsetzen. Dabei werden Wärmepumpen eine zentrale Rolle spielen.“
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