Lesehinweis und mehr: Synthetische Kraftstoffe – Rettung des Verbrennungsmotors?

Handelsblatt: Designer Fuels als Ergänzung zum E-Auto

Bislang sei den E- oder Designer Fuels (auch synthetische Kraftstoffe, s. solarify.eu/alternative-kraftstoffe-synthetische-treibstoffe-desinger-fuels-e-fuels) der Durchbruch am Markt (noch) nicht gelungen, schrieb Kathrin Witsch im Handelsblatt vom 29.05.2019. Doch nun seien Ölindustrie, die Automobilbranche und Chemieunternehmen daran gegangen, das Thema voran zu treiben. Dazu die Sicht von Robert Schlögl, FHI/CEC.

Die Idee der so genannten E-Fuels, praktisch CO2-freie flüssige Kraftstoffe aus grünem Strom, die in jeden herkömmlichen Tank gefüllt werden könnten, gebe es zwar schon seit Jahren, der Durchbruch sei ihnen aber bislang nicht gelungen. Der Grund: Ein Liter Dieseläquivalent koste derzeit bis zu 4,50 Euro, steht in einer Studie im Auftrag des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Witsch: „Das sind die reinen Kosten – also ohne die Steuerlast, die heute selbst beim privilegierten Dieselkraftstoff mehr als die Hälfte ausmacht.“ Dennoch setzten jetzt Mineralölunternehmen, Autoindustrie und Chemiefirmen das Thema wieder auf die Agenda. Schon im vergangenen Oktober haben sich die Bundesländer dafür ausgesprochen, die CO2-Flottenregulierung dahingehend zu ergänzen, dass der Einsatz von synthetischen Kraftstoffen CO2-mindernd angerechnet werden soll.

Zapfhähne Dieselersatz OME und Solarstrom – Quelle © MPI CEC

Rohstoff für die strombasierten künstlichen Treibstoffe (die im Übrigen zum Antrieb für schwere Baumaschinen, große Lkw und Flugzeuge besser geeignet sind als Strom oder Biofuels) ist Wasserstoff aus Elektrolyse mit grünem Strom. Dieser reagiert mit CO2 (aus der Luft oder etwa aus Hüttengasen – siehe Carbon2Chem) zu Methan, woraus fast jeder Kraftstoff hergestellt werden kann. Von E-Diesel, E-Benzin bis zu E-Kerosin – Methanol oder OME (Oxymethylenether). Diese E-Fuels kann man in den bisherigen Verbrennungsmotoren fast rückstandsfrei nutzen. Getankt würde an Zapfsäulen des bestehenden Tankstellennetzes, eine neue Infrastruktur wäre nicht nötig. Nachteile: Preis, Aufwand und schlechter Wirkungsgrad. Witsch: „Strom ist immer dann am effektivstem, wenn er direkt aus der Steckdose verwendet wird, etwa wie beim Elektroauto.“

Schlögl: E-Fuels und hybriden Elektro-Antrieb kombinieren

Robert Schlögl, Direktor am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin und am MPI für Chemische Energiekonversion in Mülheim an der Ruhr vertritt schon seit längerem die Erkenntnis, die neuen Kraftstoffe seien praktisch emissionsfrei, weil aus CO2 und Wasserstoff, überall verfügbar und in heutigen Motoren einsetzbar (z.B. Oxymethylenether, OME, linke Flamme in Abb.). Das heiße: Es bedürfe keiner neuen Infrastrukturen (wie etwa Ladesäulen). Die Kosten hingen ab vom Strompreis. Entscheidend sei, dass keine Umweltgifte entstünden wie beim heutigen Benzin oder Diesel (rechte Flamme). Das liege am Konzept emissionsarmer Kraftstoffe: Die hätten keine C-C-Bindungen in der Molekül-Struktur, daher allerdings auch weniger Energiegehalt, dafür aber keine Rußpartikel. Schließlich kann die Bildung von NOx vermieden werden. Abgase könnten relativ einfach „rest-gereinigt“ werden (auch von neuartigen Emissionen). In Diesel- wie auch Ottomotoren einsetzbar. Am besten seien Kombinationen mit hybriden Elektroantrieben, deren Batterien von den E-Fuel-Motoren aufgeladen würden.

Die neuen Kraftstoffe, OME brennt sauber, Diesel rußt – Bild © Schlögl, MPI CEC

Zum Thema Preisgestaltung stellt Schlögl klar: „Man möchte glauben, dass Energiepreise etwas mit Angebot und Nachfrage zu tun haben. Das ist offenbar nicht richtig. Denn wir haben eher ein politisches Preissystem. Eine rein ökonomische Steuerung würde eine Vollkostenstruktur des Preises voraussetzen.“ Schlögls Fazit – was tanken wir morgen …(siehe hierzu: solarify.eu/was-tanken-wir-morgen):

  • Schnell weg von fossilen Kraftstoffen.
  • Aber nicht vom Verbrennungsmotor (ist sehr weit optimiert).
  • Ergänzung durch (hybriden) E-Antrieb.
  • Flüssige synthetische Kraftstoffe und Strom sind systemisch sinnvolle Optionen.
  • Wasserstoff direkt und viel Strom direkt sind weniger sinnvoll.

Manfred Aigner, Direktor des Instituts für Verbrennungstechnik am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sieht zwar auch, dass E-Fuels noch verhältnismäßig teuer seien, glaubt aber, dass die Kosten sinken werden. Viele seien von der Wirtschaftlichkeit schon jetzt nicht mehr weit entfernt, sagt der Experte im Handelsblatt – aber: „Natürlich, man darf sich nichts vormachen: so billig wie fossile Kraftstoffe werden synthetische Kraftstoffe nie werden. Wer etwas für die Umwelt tun will, muss in Zukunft auch mehr dafür bezahlen“. Trotzdem ist er überzeugt, dass wir eben aus dem Labor „in den halbtechnischen Maßstab [kommen], das ist schon ein großer Schritt nach vorne.“ Und wenn Wind, Sonne oder Wasser künftig quasi unendlich zur Verfügung ständen, spiele der Wirkungsverlust schließlich nur noch eine untergeordnete Rolle.

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