Altmaier dreht bei – fast
Hatte Wirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier sich zu Beginn seiner Amtszeit noch verbeten, in seiner Gegenwart im Ministerium das Wort „CO2“ auszusprechen, zeigte er sich beim BDEW-Kongress offen gegenüber einem CO2-Preis gezeigt – getreu Adenauers Motto. „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“ Er lobte gar die CO2-Preis-Forderung und das BDEW-Gutachten, in dem verschiedene Alternativen wie die Pro-Kopf-Rückerstattung nach dem Schweizer Modell oder eine Senkung der Stromsteuer diskutiert werden, als „gute Vorschläge“.
Noch Anfang Mai war er strikt dagegen, verkündete bei jedem Auftritt, dass die „Nachteile überwiegen“ – eine CO2-Abgabe schade der Wirtschaft und könne dafür sorgen, dass Deutschland in die Rezession abgleite. So ganz hat der Minister auch nicht seinen Bedenken abgeschworen: Denn – wie bizz energy berichtete – folgte gleich nach dem Lob die Einschränkung: Zwar finde er die Vorschläge gut, aber man müsse sie auf ihre Wirkung überprüfen. „Ein Problem, das noch nicht gelöst ist, besteht darin, dass eine solche Maßnahme dazu führt, dass Menschen in ländlichen Gegenden es schwerer haben als solche in städtischen Ballungsräumen.“ Die Stadtbewohner hätten ein größeres ÖPNV-Angebot und besser isolierte Wohnungen. Die Wertschöpfung auf dem Land durch die Energiewende dürfe nicht einfach in die Kassen des Bundes fließen und dann im städtischen Ballungsraum rückverteilt werden, so Altmaier.
Das wiederum hatte gar niemand vorgeschlagen. Schuld an Altmaiers Hasenfüßigkei ist seine Angst vor Gelbwesten-Protesten auch bei uns. Nun sei das (im Koalitionsvertrag fehlende Thema) auf der Tagesordnung, weil es erfreulicherweise von immer mehr Menschen in Deutschland gefordert und für wichtig gehalten werde, das sei eine Voraussetzung dafür, Zustände wie in Frankreich zu vermeiden, sagte Altmaier in Anspielung auf die Gelbwesten-Bewegung.
Unerschrockenes Selbstlob für Einigung beim Netzausbau
In seiner Rede lobte sich Altmaier unverdrossen selbst für seine Einigung mit Hessen, Bayern und Thüringen über den Netzausbau. Eine gemeinsame Erklärung zum Netzausbau im Dreiländereck sieht vor, dass eine Stromtrasse bei Grafenrheinfeld in Unterfranken nicht gebaut wird, eine andere so weit wie möglich in Erdverkabelung. Die Stromleitung Südostlink wird laut der Einigung schmaler geplant und dort, wo es noch möglich ist, soll ebenfalls Erdverkabelung geprüft werden. In der Region gibt es seit Jahren Widerstand gegen den Bau der Stromtrassen.
Diese Verständigung zur Lösung der Netzprobleme im Dreiländereck Bayern, Hessen und Thüringen war am gleichen Tag auf Initiative Altmaiers erzielt und die gemeinsame Erklärung verabschiedet worden. Hierzu Altmaier: „In gemeinsamen Gesprächen des Bundes mit den Energieministern der Länder Bayern, Hessen und Thüringen wurde ein Durchbruch für den Netzausbau im Dreiländereck Bayern, Hessen und Thüringen erreicht. Das zeigt: Bund und Länder ziehen beim Netzausbau an einem Strang.
Der Ausbau wird auf das erforderliche Maß beschränkt, bürgerfreundliche Lösungen kommen verstärkt zum Einsatz, insbesondere durch die Erdverkabelung weiterer Abschnitte. Dadurch werden die Länder Bayern und Thüringen entlastet, ohne dass es in Hessen zum Neubau weiterer Leitungstrassen kommt.“
Folgt: Im Wortlaut: Vorschlag für Lösung der Netzprobleme im Dreiländereck Bayern, Hessen und Thüringen