Vom Musterknaben über den Vorreiter auf den vorletzten Platz

Europäischer Vergleich der Energie- und Klimapläne für 2030

Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken, versichert jedenfalls Bundeskanzlerin Merkel immer wieder. Doch ihr dürftiger Klimaplan kommt im EU-Vergleich schlecht weg. Umweltschützer haben den EU-Ländern für ihre Ambitionen beim Klimaschutz ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. „EU-Länder haben noch die Chance, ihre Klimapläne zu verbessern,“ steht über der von der European Climate Foundation (ECF) bei  Ecologic Institute und Climact in Auftrag gegebenen Untersuchung. Sie ist Teil der Net-Zero 2050 Serie, einer Initiative der ECF mit Beiträgen eines Konsortiums von Experten und Organisationen.

„Netto-Null-Emissions-Einsparungen werden nicht zufällig zustande kommen“, heißt es dort: „Es bedarf einer konsequenten Fokussierung und Planung, mit einem klaren Blick auf das Endziel. Die nationalen Energie- und Klimapläne (NECPs) bieten den EU-Mitgliedstaaten die Möglichkeit, ihre nächsten Schritte auf dem Weg in eine klimasichere Zukunft zu planen und die damit verbundenen wirtschaftlichen und sozialen Vorteile zu nutzen. Klare und robuste NECPs können als Werbung für große und kleine Investoren dienen und die Interessengruppen in die Umsetzung einbeziehen und zeigen, wo zusätzliche Anstrengungen erforderlich sind. Die Anfang 2019 von den Regierungen vorgelegten Planentwürfe sind jedoch dringend verbesserungsbedürftig.

In dem Bericht werden alle bei der Europäischen Kommission eingereichten Entwürfe integrierter nationaler Klima- und Energiepläne der Mitgliedstaaten bewertet und nach folgenden Kriterien bewertet

  • Das Niveau der Ambitionen,
  • Der Detaillierungsgrad der beschriebenen Richtlinien und Maßnahmen,
  • Die Qualität und Inklusivität des Redaktionsprozesses.

Dem Ranking zufolge sind Spanien und Frankreich mit 52% bzw. 47% führend, gefolgt von Griechenland (44%) und Schweden (43%). Der slowenische Klimaplan kommt mit einem Wert von 3% an letzter Stelle, wobei die Slowakei (12%) und Deutschland (12%) „leicht vorne“ liegen. Der Durchschnittswert für den EU-Block liegt bei 29%.

Diese Bewertung zeigt, dass die Länder zwar in den Entwürfen der nationalen Klimapläne angeben, dass sie bis 2030 Schritte in Richtung Klimaschutz unternehmen, aber noch nicht den Ambitionen der EU-Gesetzgeber und der Pariser Vereinbarung entsprechen. Wiederkehrende Probleme sind begrenzte Pläne für den Ausstieg aus den Subventionen für Kohle und fossile Brennstoffe, wenige Hinweise auf die erforderlichen Investitionen, zu viel Einsatz von nicht nachhaltiger Biomasse, unzureichende öffentliche Konsultation und mangelnde ausdrückliche Bemühungen, Pläne aus dem Ziel von 2050 zurückzuziehen.

Der deutsche NECP enthalte zwar eigene Energieeffizienz- und Klimaziele, die sogar über die EU-Vorgaben hinausgingen. Es fehlten jedoch „klare Informationen“ darüber, wie und mit welchen Mitteln diese erreicht werden sollen. Nur der slowenische Klimaplan falle unterm Strich noch dürftiger aus als der deutsche, urteilten die Klimaschützer.

BEE-Präsidentin Peter zum niederschmetternden deutschen Abschneiden

„Deutschland kommt beim Klimaschutz einfach nicht voran. Seit Jahren ist bekannt, dass die eigenen Klimaschutzziele verfehlt werden – sie stehen auf geduldigem Papier, doch Maßnahmen und Instrumente, die zur Zielerfüllung in den einzelnen Sektoren nötig sind, werden nicht ergriffen. Und nicht erst seit dem öffentlichen Druck von Fridays for Future ist klar, dass es dringend eines ambitionierten Rahmens bedarf, um den Erhalt einer lebenswerten Umwelt einerseits zu sichern und andererseits die riesigen ökonomischen Potenziale zu heben, die sich aus dem Ausbau sauberer Technologien ergeben – von den Erneuerbaren Energien bis zur Effizienz. Seit heute ist nun bekannt, dass Deutschland auch beim Vergleich der Nationalen Energie- und Klimapläne mit den anderen EU-Staaten schlecht abschneidet. Der vorletzte Platz – das ist ein peinliches Zeugnis für den einstigen Vorreiter“, sagte BEE-Präsidentin Simone Peter.

„Im deutschen Plan fehlen in erster Linie Maßnahmen, um die erforderliche Emissionseinsparung zu erreichen. So ist zwar das 65%-Ziel der Großen Koalition für Erneuerbare Energien im Stromsektor benannt, aber ohne ausformulierten Pfad und konkreten Instrumentenkasten. Denn ein Selbstläufer wird das nicht, wie das aktuelle BEE-Szenario 2030 zeigt. Bei einer Fortsetzung des Status Quo würde nur ein Anteil von 44 Prozent erreicht, obwohl über 80 Prozent Ökostrom bis 2030 möglich wären. Die Regierung ist daher in der Bringschuld jetzt verbindlich aufzuzeigen, wie wenigstens ihr Ziel erreicht werden soll und dann auch wirklich in die Umsetzung zu gehen. Denn das nächste geduldige Papier wird den klima- und energiepolitischen Leerlauf nicht überwinden.

Im Petersburger Klimadialog hat sich die Kanzlerin grundsätzlich für Klimaneutralität bis 2050 ausgesprochen. Dafür ist es essenziell, dass Deutschland ein ambitioniertes Klimaschutzgesetz verabschiedet und auf den CO2-Minderungspfad für 2030 einschwenkt. Das Klimakabinett muss hierfür dringend Gesetze und Maßnahmen auf den Weg bringen, damit Deutschland bei Klimaschutz und Energiewende wieder Anschluss an andere Länder erreicht. Ein schneller, sektorenübergreifender Ausbau der Erneuerbaren Energien ist hierfür unerlässlich.“

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