Zusammenfassung des Fortschrittsberichts
Von der Stromwende zur Energiewende – Weichen stellen für 2030
Die Energiewende ist kein deutscher Alleingang, sie findet inzwischen weltweit statt und ist eingebettet in die europäische Energiewende. Zentrale bisherige Maßnahmen waren ausgehend vom Ausstieg aus der Kernenergie bis zum Jahr 2022 zuletzt der Übergang zum Strommarktdesign mit freier Preisbildung und die Einführung von Ausschreibungen bei den erneuerbaren Energien. Inzwischen stammt mehr als jede dritte Kilowattstunde Strom aus erneuerbaren Energien. Bislang ist die Energiewende allerdings in erster Linie eine Stromwende. Insbesondere im Wärme-, Gebäude- und Verkehrssektor hat die Energiewende noch nicht das nötige Tempo erreicht. Um insbesondere auch den europarechtlichen Verpflichtungen im Energie- und Klimabereich für das Jahr 2030 nachzukommen, werden vor allem in folgenden Handlungsfeldern die Weichen für 2030 gestellt:
1. Europäische Energiewende
Die Energiewende ist inzwischen auch ein europäisches Projekt. Eine erfolgreiche europäische Zusammenarbeit unterstützt den Erfolg der deutschen Energiewende. Die Bundesregierung hat sich in die Verhandlungen zum europäischen Gesetzespaket „Saubere Energie für alle Europäer“ intensiv eingebracht und wird dieses gestärkte Fundament der europäischen Energiewende in die deutsche Energiewende einbauen.
Zentrale Maßnahme:
- Integrierter Nationaler Energie- und Klimaplan (NECP): Im Dezember 2018 hat Deutschland im Entwurf des NECP skizziert, mit welchen Maßnahmen es die europäischen Energie- und Klimaziele erreichen will. Nach Konsultationen soll der Europäischen Kommission Ende 2019 der endgültige Plan vorgelegt werden .
2. Bessere Synchronisierung von erneuerbaren Energien und Netzkapazitäten
Ein zielstrebiger, effizienter, netzsynchroner und zunehmend marktorientierter Ausbau der erneuerbaren Energien ist gemäß Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende und Klimaschutzpolitik. Die Bundesregierung strebt – insbesondere im Kontext der Herausforderungen einer besseren Synchronisierung von erneuerbaren Energien und Netzkapazitäten – eine Erhöhung des Erneuerbaren-Anteils im Stromsektor an, um das im Koalitionsvertrag verankerte Ziel von etwa 65 Prozent bis zum Jahr 2030 zu erreichen. Hierfür ist die Aufnahmefähigkeit der Stromnetze zentral. Eine Erhöhung des Erneuerbaren-Ausbaus ist nicht zuletzt erforderlich, um den Kohlestrom zu ersetzen und den zusätzlichen Strombedarf zu decken, damit die Klimaschutzziele im Verkehr, in Gebäuden und in der Industrie erreicht werden können. Bis Herbst 2019 wird auf Basis der Ergebnisse der Koalitionsarbeitsgruppe zu Akzeptanzfragen (AG Akzeptanz) und der Vorschläge der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (WSB) und unter Berücksichtigung des Maßnahmenplans Stromnetzausbau über konkrete Akzeptanzmaßnahmen und über Förderbedingungen entschieden ebenso wie über die weiteren Ausbaupfade für erneuerbare Energien im Stromsektor bis 2030, um das im Koalitionsvertrag angestrebte Ziel von 65 Prozent erneuerbare Energien zu erreichen.
Zentrale Maßnahmen sind insbesondere:
- Energiesammelgesetz und Festlegung des Erneuerbaren–Pfads für das im Koalitionsvertrag angestrebte Ziel von 65 Prozent für 2030
- Umsetzung des Aktionsplans Stromnetz und des beim Netzgipfel mit den Ländern beschlossenen Maßnahmenpakets, insbesondere NABEG-Novelle
- Netzentwicklungsplan 2019 bis 2030.
3. Energieeffizienz und Wärmewende
Trotz zahlreicher Instrumente und Förderprogramme sind die Senkung des Energieverbrauchs und die Verbesserung der Energieeffizienz in der Vergangenheit nicht weit genug vorangekommen; hierzu haben auch die im Berichtsjahr 2017 noch niedrigen Weltmarktpreise für Öl und Gas beigetragen. Wärme macht mehr als die Hälfte des deutschen Endenergieverbrauchs aus. Daher ist es für das Erreichen der Energie- und Klimaziele unabdingbar, dass die Dekarbonisierung der Versorgung von Gebäuden, Industrie und des Sektors GHD mit Wärme (Wärmewende) gelingt. Wärmenetzen kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.
Zentrale Maßnahmen sind insbesondere:
- Energieeffizienzstrategie
- Gebäudeenergiegesetz; Prüfung der Optionen, um die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung gemäß dem Koalitionsvertrag auszugestalten
- Vorantreiben der Wärmewende, insbesondere Aufbau neuer und Modernisierung bestehender Wärmenetze.
4. Kohleausstieg und Strukturwandel
Eine weitere große Herausforderung ist es, schrittweise die Kohleverstromung zu beenden und den damit verbundenen Strukturwandel in den Revieren zu bewältigen. Ohne den Kohleausstieg sind die Klimaziele im Energiesektor nicht zu erreichen. Ziel ist, die Versorgungssicherheit, Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit einzuhalten und es nicht zu Strukturbrüchen kommen zu lassen. Die Beschäftigten und ihre Regionen verdienen für ihren substanziellen Beitrag zur Energiewende eine gute Zukunftsperspektive.
Zentrale Maßnahme:
- Prüfung und Umsetzung der Vorschläge der Kommission WSB (unten)
5. Nachhaltige, bezahlbare und klimafreundliche Mobilität
Die Bundesregierung will Mobilität nachhaltig, bezahlbar und klimafreundlich gestalten.Wichtige Ansatzpunkte, um die emissionsarme Mobilität zu stärken und die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, sind unter anderem die Verbreitung elektrisch betriebener Fahrzeuge, der Ausbau der Ladeinfrastruktur und die Erhöhung des Verkehrsanteils von Radfahrern, Fußgängern und Öffentlichem Personennahverkehr. Insbesondere für einen raschen Ausbau der Elektromobilität wird es zentral sein, ausreichende Anreize für Sektorkopplung zu schaffen. Dabei sollen vor allem die Ergebnisse er Nationalen Plattform „Zukunft der Mobilität“ berücksichtigt werden. Der Gestaltung einer zukunftsfähigen, nachhaltigen Mobilität widmet sich auch die Forschungsagenda „Nachhaltige urbane Mobilität“. Weiterhin sind unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des „Zukunftsbündnisses Schiene“ Investitionen in die Schieneninfrastruktur, die Einführung innovativer Technologien im Schienenverkehr sowie neue Logistikkonzepte erforderlich. Am Ende soll ein automatisierter und digitalisierter Schienenverkehr zur Verfügung stehen. Angesichts des zunehmenden Transportbedarfs ist es wichtiger denn je, Verkehrsleistungen und Energieverbrauch stärker voneinander zu entkoppeln. Auch Potenziale, um Transportbedarf zu vermeiden bzw. Verkehrsleistung zu verringern, gilt es noch stärker auszuschöpfen. Eine Trendwende im Verkehr durch einen deutlich verringerten Energieverbrauch ist und bleibt dabei ein Langzeitprojekt. Die europäische Gesetzgebung zur Reduktion der CO2-Emissionen von Straßenfahrzeugen wird für die Zeit nach 2020 ambitioniert weiterentwickelt, um die Energieverbrauchs- und Klimaziele auf nationaler und europäischer Ebene zu erreichen.
Zentrale Maßnahme:
- Berufung einer Nationalen Plattform „Zukunft der Mobilität“
- Zwischenbericht der Arbeitsgruppe 1 der Nationalen Plattform „Zukunft der Mobilität“
6. Klimaschutz
Die Bundesregierung erarbeitet ein erstes Maßnahmenprogramm 2030 zum Klimaschutzplan 2050 und den nationalen Energie- und Klimaplan. Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass das Minderungsziel 11 für 2030 (mindestens minus 55 Prozent gegenüber 1990) erreicht wird und alle Sektoren ihren Beitrag leisten. Die Kommission WSB hat Vorschläge entwickelt, mit denen ein Erreichen des mit dem Klimaschutzplan beschlossenen Sektorziels 2030 für die Energiewirtschaft sichergestellt werden kann (siehe folgender Kasten). Alle Maßnahmen werden hinsichtlich ihrer ökologischen, ökonomischen und sozialen Folgen abgeschätzt. Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, erarbeitet die Bundesregierung ein Gesetz, das die Einhaltung der Klimaschutzziele 2030 gewährleisten soll.
Zentrale Maßnahmen sind insbesondere:
- Maßnahmenprogramm 2030 zum Klimaschutzplan 2050
- Gesetz, das die Einhaltung der Klimaschutzziele 2030 gewährleisten soll
- Kabinettausschuss „Klimaschutz“, um die rechtlich verbindliche Umsetzung der Klimaschutzziele für das Jahr 2030 vorzubereiten .
In all diesen Handlungsfeldern setzt die Bundesregierung soweit wie möglich auf Marktprozesse, um die Energiewende im Rahmen der gesetzten Ziele technologieoffen und kosteneffizient umzusetzen.
Umsetzung der Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“
Nach intensiven Debatten haben sich die 28 Mitglieder der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (WSB) auf einen Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland geeinigt, der den betroffenen Menschen und Unternehmen Planungssicherheit und Perspektiven für eine nachhaltige Entwicklung nach der Kohle gibt. Ende Januar 2019 übergab die Kommission ihren Abschlussbericht an die Bundeskanzlerin. Die Kommission setzte sich aus Vertretern unterschiedlicher Gruppen zusammen: Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Umweltorganisationen, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen und den vom Kohleausstieg betroffenen Regionen. Zahlreiche Wissenschaftler und Interessengruppen wurden angehört.
Der Abschlussbericht der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ enthält eine Vielzahl von struktur- und energiepolitischen Empfehlungen, die eine schrittweise Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung und eine erfolgreiche Strukturentwicklung miteinander zu verbinden. Der Abschlussbericht ist im Internetauftritt des BMWi einsehbar.
Die Bundesregierung hat am 22.05.2019 die Eckpunkte zur Umsetzung der strukturpolitischen Vorschläge der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ beschlossen. Mit diesem Konzept werden dieWeichen gestellt, dass sich die Reviere zu modernen Energie- und Wirtschaftsregionen weiterentwickeln können. Die Eckpunkte sehen vor, dass der Bund bis spätestens 2038 insgesamt bis zu 40Milliarden Euro für dieWeiterentwicklung der bisherigen Braunkohlereviere in der brandenburgischen und sächsischen Lausitz, in Nordrhein-Westfalen westlich von Köln und in Sachsen und Sachsen-Anhalt um Leipzig und Halle zur Verfügung stellt. Auch die Standorte besonders betroffener Steinkohlekraftwerke und das ehemalige Braunkohlerevier Helmstedt sollen eine Unterstützung erhalten.
Folgt: Expertenkommission der Bundesregierung sieht erheblichen Handlungsbedarf bei der Energiewende