Diskussion von FHI und ESYS: „Mobilitätskonzepte der Zukunft – Was tanken wir morgen?“
Im Rahmen der Berliner Langen Nacht der Wissenschaften diskutierten am 15.05.2019, moderiert von Daniela Niethammer (acatech, ESYS) vier Wissenschaftler und ein Politiker in einem Podiumszelt am Dahlemer Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft miteinander und mit dem Publikum. Themen waren vor allem: Welche neue Mobilität wollen wir? Soll man den Verbrennungsmotor so schnell wie möglich verbieten? Wie steht es um die Biomasse? Wie gehen wir mit den explodierenden Flugzahlen um? Wie entrümpeln wir den überregulierten Energiesektor?
Prof. Robert Schlögl, Fritz-Haber-Institut der MPG und Energiebeauftragter der Max-Planck-Gesellschaft, mahnte zu Beginn dazu, nicht nur die persönliche Mobilität zu bedenken, sondern auch den Transport von Waren – das sei schwer mit Elektroantrieb umsetzbar, ebenso wenig wie große Baumaschinen. Sein Plädoyer für den Verbrenner begründete er so: „Bei der Energiewende müssen wir so viel neu machen. Daher sollten wir mehr von dem nutzen, was es schon gibt.“ Wir müssten mehr über synthetische Kraftstoffe (Designer oder E-Fuels, siehe: solarify.eu/alternative-kraftstoffe-synthetische-treibstoffe-desinger-fuels-e-fuels) nachdenken, für die sei die Infrastruktur bereits vorhanden und man könne die gegenwärtigen Motoren verwenden. Schlögl wies anschließend darauf hin, dass schon sehr viel Geld in den Verbrenner investiert worden sei; das solle man nicht missachten. Er plädierte daher für die Eins-zu-Eins-Verwendung von synthetischen Kraftstoffen; die würden quasi rückstandsfrei verbrennen.
„Zu viele Autos“
TU-Prof. Felix Creutzig, Leitautor des Kapitels „Transport“ im Fünften Sachstandsbericht des IPCC, MCC-Mitglied, brach eine Lanze für die Elektromobiität: Elektroautos seien fast wettbewerbsfähig, nur die Batterien seien noch zu teuer. „Aber generell müssen wir weniger Autos nutzen, mehr teilen ist nämlich sowohl wirtschaftlicher als auch umweltschonend.“ Insgesamt hätten wir einfach zu viele Autos auf den Straßen, gleich mit welchem Antrieb sie führen.
Berit Erlach, acatech und Energiesysteme der Zukunft (ESYS) stellte fest, Elektroantrieb sei am effizientesten, brauche aber Speicher, bzw. Batterien. Die Synthetischen könne man ebenso wie Wasserstoff auch importieren, wenn man sie in Weltgegenden mit größerer Sonneneinstrahlung, etwa Wüsten, mit Grünstrom produziere. Strom sei zwar als Antrieb am effizientesten, benötige aber Speichersysteme. Daher müsse man auch Wasserstoff als Antrieb bedenken.
„Autos stehen 94,8 Prozent der Zeit still“
Prof. Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, bekannte, es „gibt nichts Schöneres, als elektrisch fahren“. Schon wieder seien 2.000 neue E-Autos ins Carsharing gegangen. Des sei deshalb wichtig, weil wir im vergangenen Jahr für zwei Milliarden Euro Strom ins Ausland verkauft hätten, „weil die herrschenden Interessen es so wollen“. Knie wandte sich ausdrücklich gegen den privaten Besitz von Autos: „Die stehen 94,8 Prozent der Zeit still, wenn sie mal fahren, sind sie mit 1,008 Personen besetzt – und nach drei Jahren sind sie nur noch die Hälfte wert“.
Der FDP-Bundestagsabgeordnete (und energiepolitischer Sprecher) Prof. Martin Neumann wollte die Energiewende lieber eine Rohstoffwende genannt wissen. Es gehe um Technologie-Mix und Verbraucherverhalten, beides müsse diskutiert werden. Klar sei, dass CO2 reduziert werden müsse, „im Moment geschieht das leider nicht so“. Bis vor kurzem seien zudem Speicher wie Verbraucher angesehen worden, daher seien „sie eher so etwas wie ein Parkhaus“. Er zeigte sich zufrieden, dass in Brüssel endlich ein Bremse gelöst worden sei, und Speicher ins volatile System der Erneuerbaren integriert werden könnten.