Verbrenner-Verbot vom Tisch?
Der Autogipfel im Kanzleramt am 24.06.2019 ging außer der losen Verabredung zu verstärktem Ladesäulenbau ergebnislos zu Ende – übrigens ohne Natur- oder Klimaschützer. Wenn es nach der Unionsfraktion im Bundestag geht, bekommt der Verbrennungsmotor dennoch eine neue Zukunft – mit synthetischen Kraftstoffen, auch E-Fuels oder Designer-Kraftstoffe genannt (siehe: solarify.eu/alternative-kraftstoffe-synthetische-treibstoffe-desinger-fuels-e-fuels); die wollen die Autoren eines Papiers, aus dem der SPIEGEL zitiert, jetzt auch fördern und nicht ausschließlich Elektroautos. Die synthetischen Kraftstoffe – werden aus Grünstgrom, Wasserstoff und Kohlendioxid erzeugt.
„Um unsere Klimaschutzziele zu erreichen, brauchen wir auch Wasserstoff und regenerative Kraftstoffe“, sagte der Initiator des Papiers, Christoph Ploß dem Nachrichtenmagazin. E-Fuels könnten „gängigen Benzin- und Dieselkraftstoffen sowie Kerosin beigemischt werden“ und etwa Flugzeuge, Schiffe und schwere Baumaschinen, für die der batteriebetriebene Elektroantrieb „keine Alternative bietet“, gar gänzlich unabhängig von fossilen Brennstoffen machen. Dadurch bliebe auch der „momentane Technologievorsprung deutscher Automobilhersteller“ erhalten.
Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik schreibt: “Um in Zukunft Mobilität zu gewährleisten und diese nachhaltig zu verbessern, müssen künftige Antriebskonzepte eine größere Vielfalt an nutzbaren Energieträgern aufweisen. Die Elektrifizierung des Antriebsstrangs stellt dabei einen Lösungsansatz dar. Zusätzlich müssen Alternativen zu den fossilen Kraftstoffen gefördert werden, um eine langfristige Verknappung endlicher Ressourcen zu vermeiden. Heutige Alternativen sind beispielsweise die Nutzung von Biogas, Biodiesel oder Wasserstoff.” Aber nicht nur.
Robert Schlögl, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion (CEC) in Mülheim an der Ruhr, will darüber hinaus “Verfahren finden, bei denen keine Abgase entstehen. Dazu nimmt man Wind-Strom, um mittels Elektrolyse Wasserstoff herzustellen. Den Wasserstoff reagiert man mit CO2 z.B. aus der Stahlerzeugung, aus Zementwerken, oder auch aus noch notwendigen fossilen Kraftwerken und erzeugt auf diese Weise Moleküle, die man als Kraftstoff verwenden kann: Inzwischen gibt es schon synthetische Kraftstoffe und Kraftstoffkomponenten. Die meistversprechenden darunter sind Oxymethylenether. Diese Verbindungen aus Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff sind effizient und nahezu emissionsfrei. Ihr hoher Sauerstoffgehalt unterbindet die Schadstoffbildung bereits während der Verbrennung.”
Denn seit den 70er Jahren wüssten wir zwar schon, dass man emissionsarme Kraftstoffe herstellen kann, aber das sei Literaturwissen, das bisher nicht sehr viele Anhänger gefunden habe. Erst jetzt sei man auf die Idee gekommen, dieses alte Wissen wieder herauszuholen und zu sagen, wir könnten doch auch CCU machen, also Carbon Capture and Use, und bei der Gelegenheit auch emissionsfreies Fahren realisieren. Das sei eine relativ neue Idee (siehe solarify.eu/carbon2chem-von-ccs-zu-ccu und solarify.eu/die-mobilisierte-energiewende).
Den Verbrennungsmotor nicht verbieten – Lösung: Hybrid mit E-Motor und E-Fuels
“Schwerlastwagen, Schiffe und Flugzeuge, aber auch Baumaschinen brauchen in jedem Fall weiterhin Verbrennungsmotoren. Hier wird es aber darauf ankommen, was man oben hinein tut und was hinten herauskommt. Neue Treibstoffe und Verfahren zur Abgasreinigung bieten genügend Möglichkeiten, um allen Anforderungen für Klimaschutz und saubere Luft weitestgehend gerecht zu werden. Also: Den Verbrennungsmotor nicht verbieten, sondern ihn klimatauglich machen! Keine Feindschaften zwischen Elektro- und Verbrennungsmotoren aufbauen, sondern ihre Stärken vernetzen – dies hilft der Einführung eines nachhaltigen Energiesystems mehr als international nicht umsetzbare Forderungen nach Abschaffung bewährter Technologien.”
Für Schlögl ist der Antrieb der Zukunft eine Kombination: “Der sogenannten Plug-in-Hybrid. Man fährt elektrisch, mit einer kleinen Batterie, Reichweite bis zu 50 km – wenn das nicht ausreicht, springt ein sogenannter Fuel-Prozessor an, ein einem Motor nachgebautes Gerät, das mit den künstlichen Treibstoffen die Batterie nachlädt. Zu Hause wird dann der Akku mit regenerativem Strom wieder voll aufgeladen.”
Der SPIEGEL gibt zu bedenken, hinter dem Unionspapier dürfte auch die Furcht vor dem Verlust von Arbeitsplätzen in Deutschland stehen, die am Verbrennungsmotor hängen. In dieser Technik seien deutsche Hersteller führend, in Elektroautos würde sie nicht oder kaum noch benötigt. Denn ein Elektromotor besteht heute lediglich aus rund 250 Teilen, ein komplexer Verbrennungsmotor aber hat nach aktueller Euronorm rund 2.500 Bauteile, die entwickelt, gefertigt und montiert werden müssen (so das Fachportal E-Auto-Journal).
Die Unionsfraktion will daher den synthetischen Kraftstoffen ebenso wie der Produktion von Wasserstoff zum Durchbruch verhelfen. Der SPIEGEL zitiert aus dem Papier: „So soll die Energiesteuer für regenerative Kraftstoffe auf den europäischen Mindestsatz gesenkt werden, und die E-Fuels sollen ebenfalls auf den CO2-Flottengrenzwert angerechnet werden. Die Abgeordneten sehen in den E-Fuels ‚vor allem im Schwerlast-, Schiffs- und Flugverkehr einen wichtigen Baustein für klimaneutrale Mobilität‘. Konkrete Maßnahmen für das Pkw-Segment sind jedoch nicht enthalten. Gedanken haben sich die Autoren auch über die Herkunft des Stroms gemacht, der zur Herstellung von E-Fuels benötigt wird. ‚Besonders wichtig ist dabei, den Verkehrssektor mit dem Energiesektor zu verknüpfen‘, sagte Ploß. Der Energieverbrauch eines mit E-Fuels betriebenen Verbrennerfahrzeugs ist dem Papier zufolge drei- bis fünfmal so hoch wie der eines reinen Elektrofahrzeugs.“ Wenn der Strom allerdings aus Bio, Wind, Wasser und Sonne kommt, also regenerativ ist, relativiert sich dieses Argument.
Der Nachrichtenagentur AFP zufolge setzt der CDU-Vorstand dagegen in einem eigenen Positionspapier stärker auf Elektromobilität und Anreize zum Klimaschutz. Dort wird eine ökologische Reform der Kfz-Steuer im Sinne „einer stärker nutzungs- und emissionsbezogenen Bepreisung des motorisierten Individualverkehrs“ erwogen.
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