Unwissenheit und mangelnde Erfahrung bremsen die Umsetzung der Energiestrategie 2050
„Die Nationalen Forschungsprogramme „Energiewende“ (NFP 70) und „Steuerung des Energieverbrauchs“ (NFP 71) haben die zentralen Einflussfaktoren für die gesellschaftliche Akzeptanz von Technologien und Verhaltensänderungen untersucht und zu konkreten Handlungsempfehlungen verdichtet. Der thematische Schwerpunkt „Akzeptanz“ bildet den Auftakt für den Abschluss der NFP 70 und 71.“ Der FNSNF – der Schweizerische Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung hat am 26.06.2019 das Ergebnis einer Umfrage zur Akzeptanz der Energiewende veröffentlicht.
„Grundsätzlich stehen die Schweizer dem Umbau des Energiesystems positiv gegenüber. Vorbehalte in der Bevölkerung etwa gegen ökologische Steuern oder neue Technologien hängen oft mit mangelnder Kenntnis der Funktionsweise und Wirkung zusammen. Ähnliches gilt für politische Eliten, die ebenfalls schon eingeführten oder aus anderen Kontexten bekannten Instrumenten eher zustimmen“, hält Andreas Balthasar, Präsident der Leitungsgruppe des NFP 71, fest.
So glauben 60 Prozent der Bevölkerung, dass eine Lenkungsabgabe wegen der Rückverteilung keinen Effekt auf den Energieverbrauch habe. Architekten und Bauherren verzichteten auf gebäudeintegrierte Photovoltaik, weil sie nicht damit vertraut seien. Wissensdefizite seien aber nicht die einzigen Hemmnisse. Staatliche Vorgaben, zu kurzfristige Kosten-Nutzen-Überlegungen und die Tatsache, dass bei Unsicherheit negative Informationen grundsätzlich stärker gewichtet werden als positive, stellten ebenfalls Herausforderungen dar.
Umfassende Untersuchung der gesellschaftlichen Akzeptanz
Unter der Bezeichnung „NFP Energie“ werden die über 100 Projekte der NFP 70 und 71 zusammengefasst. Dieses liefert unter anderem eine umfassende Untersuchung der gesellschaftlichen Akzeptanz von Massnahmen zur erfolgreichen Transformation des Energiesystems.
Balthasar fasst die Erkenntnisse zusammen: „Akzeptanz muss auf drei Ebenen erarbeitet werden: Das Fundament bilden glaubwürdige und transparente Informationen. Darauf aufbauend müssen Bevölkerung und Wirtschaft sowohl den Gesamtnutzen als auch individuelle Vorteile erkennen können. Und schliesslich überzeugen konkrete, persönlich nachvollziehbare Beispiele.“
Konkrete Handlungsempfehlungen
In einem mehrstufigen Prozess haben Akteure aus Energieforschung, Energiewirtschaft und Verwaltung auf Basis der wissenschaftlichen Grundlagen konkrete Handlungsempfehlungen erarbeitet:
Lokalen Bezug als wirksames Argument nutzen
So bevorzugten Schweizer auch bei der Energieerzeugung einheimische Lösungen. Je besser ein Projekt in der Region verankert sei – zum Beispiel durch Schweizer Investoren, regionale Genossenschaften oder Firmen – umso breiter sei die Unterstützung, auch wenn dies möglicherweise mehr kostet oder das Landschaftsbild verändert.
Positive Beispiele vermitteln
Gute Erfahrungen – möglichst im engeren Lebensumfeld – wirken positiv auf die Akzeptanz von Technologien und die Bereitschaft, das Verhalten zu ändern. Ein Einbezug in den Entscheidungsprozess steigert zudem die Akzeptanz von Infrastrukturprojekten.
Mit persönlichen Vorteilen überzeugen
Auf der Prioritätenliste der Schweizer nimmt Energie eine untergeordnete Position ein. Positive Nebeneffekte für Gesundheit, Lebensqualität, Komfort und Zeitverfügbarkeit durch neue Technologien und Verhaltensänderungen haben für die Meinungsbildung einen deutlich höheren Stellenwert als der Energieverbrauch.
NFP 70 und 71: das Nationale Forschungsprogramm „Energie“
In den Nationalen Forschungsprogrammen „Energiewende“ (NFP 70) und „Steuerung des Energieverbrauchs“ (NFP 71) des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) haben über 300 Wissenschaftler in mehr als 100 Forschungsprojekten Erkenntnisse zur substanziellen Verringerung des Energieverbrauchs, zu neuen Technologien sowie zu gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für deren Implementierung in den kommenden 10 bis 30 Jahren erarbeitet.
Aufgrund zahlreicher Wechselbeziehungen haben die parallel laufenden NFP 70 und NFP 71 von Beginn an eng zusammengearbeitet. Beide NFP werden anfangs 2020 abgeschlossen sein. Ab Sommer 2019 werden unter dem Titel „Nationales Forschungsprogramm Energie“ laufend Synthesen zu den Themenschwerpunkten „Energienetze“, „Gebäude und Siedlungen“, „Marktbedingungen und Regulierung“, „Mobilitätsverhalten“, „Wasserkraft und Markt“ sowie im Januar 2020 das abschliessende Programmresümee publiziert.
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