Wie sich Fahrer von E-Autos besser auf die Schätzung der verbleibenden Reichweite verlassen können
Eine wesentliche Hürde für den Durchbruch der Elektromobilität in Deutschland ist die Reichweite von E-Autos, die noch deutlich unter der von Autos mit Verbrennungsmotor liegt. Für die Kundenakzeptanz ist es daher besonders wichtig, die verbleibende Reichweite während der Fahrt zuverlässig vorherzusagen. Patrick Weßkamp entwickelte in seiner Doktorarbeit an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Ruhr-Universität Bochum (RUB) ein Testsystem, das zuverlässigere Aussagen darüber erlaubt. Für seine Doktorarbeit wurde er am 28. Juni 2019 mit dem Gebrüder-Eickhoff-Preis 2019 ausgezeichnet.
Akkus schwächeln im Alter
Um die verbleibende Reichweite eines E-Autos zu berechnen, brauche man Informationen über den aktuelle Lade- und Alterungszustand des Energiespeichers, da seine Kapazität mit zunehmenden Alter abnimmt. Beides lasse sich bei den gängigen Lithium-Ionen-Zellen jedoch nicht direkt messen. „Es werden Schätzverfahren genutzt, die auf der Messung von Strom, Spannung und Temperatur beruhen“, erklärt Patrick Weßkamp. Sie basierten allerdings auf stark vereinfachten Modellen der Energiespeicher, die Alterungseffekte nicht adäquat abbilden und daher im Laufe der Lebensdauer zunehmend Schätzfehler verursachen. In seiner Doktorarbeit ging es deswegen darum, die Genauigkeit und Robustheit von Ladezustands- und Alterungsschätzung über die gesamte Lebensdauer eines elektrischen Energiespeichers zu sichern.
Effizient und genau schätzen
Patrick Weßkamp stellt in seiner Arbeit verschiedene Verfahren vor und entwickelt ein Testsystem, das die im realen Betrieb auftretenden elektrische Belastungen im Labor nachbilden und die Veränderungen des elektrischen Verhaltens akkurat erfassen kann. Das Testsystem wurde in einem Testzentrum mit mehr als 100 Einzelmessplätzen für Langzeit-Alterungsstudien an Lithium-Ionen Zellen eingesetzt. Anhand der so gewonnenen Daten erstellt er ein mathematisches Modell des elektrischen Zellverhaltens, das unter den Betriebsbedingungen im Auto für die gesamte Lebensdauer des Akkus gültig ist. „Im Mittelpunkt steht die effiziente und dennoch hinreichend genaue Modellierung von Alterungseffekten“, so Weßkamp. Das abgeleitete Zellmodell könne nun für die Schätzung von Lade- und Alterungszustand verwendet werden.
Kombinierte Algorithmen
Bestehende Schätzverfahren zur Bestimmung von Lade- und Alterungszustand sind jedoch nicht für den Einsatz mit dem um Alterungseffekte erweiterten Modell geeignet. Patrick Weßkamp entwickelt und optimiert daher kombinierte Schätzalgorithmen für Lade- und Alterungszustand, die für eine Echtzeitanwendung in Kraftfahrzeugen geeignet sind. Den Abschluss der Arbeit bildet ein Ausblick auf Prognoseverfahren, die anhand der geschätzten Werte eine Vorhersage des zukünftigen Alterungsverhaltens und der verbleibenden Lebensdauer ermöglichen.
->Quelle: Ruhr-Universität Bochum/rub.deeickhoff-preis-wie-weit-der-akku-noch-reicht