BDEW-Vorschlag sieht Senkung der Stromsteuer, Erhöhung des Wohngeldes und des ALG-II-Regelsatzes vor
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat am 09.07.2019 einen Vorschlag für eine sozial ausgewogene Ausgestaltung einer CO2-Bepreisung im Verkehrssektor und im Wärmemarkt veröffentlicht. Basis ist ein Gutachten des RWI Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung an der Ruhr-Universität Bochum.
Der BDEW spricht sich auf Basis des Gutachtens dafür aus, die Einnahmen aus einem CO2-Preis für den Mobilitäts- und Wärmemarkt vollständig an die Bürger zurückzugeben, indem die Stromsteuer auf das europarechtlich zulässige Minimum gesenkt wird. Zudem sollte mit den Einnahmen eines CO2-Preises das Wohngeld erhöht und der Regelsatz für Bezieher von Arbeitslosengeld II erhöht werden.
„Mit diesem Vorschlag würden mehrere wichtige Ziele erreicht: Zum einen würde die Rückzahlung zielgenau insbesondere an einkommensschwache Haushalte gehen. Zum anderen würden alle Haushalte in Deutschland beim Strompreis entlastet. Zugleich würden umweltfreundliche strombasierte Anwendungen wie zum Beispiel die Elektromobilität oder Wasserstoff wettbewerbsfähiger gegenüber fossilen Energieträgern wie Heizöl, Benzin oder Diesel werden. Dies ist für das Gelingen der Energiewende und die Klimaziele besonders wichtig“, sagte Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung.
Als Einstieg in eine CO2-Bepreisung empfiehlt der BDEW – wie bereits Anfang 2018 in einer Verbands-Positionierung vorgeschlagen – die Energieträger im Verkehrs- und Wärmesektor in Höhe des jeweiligen CO2-Zertifikatepreises im europäischen Emissionshandelssystem zu bepreisen.
„Dieser Einstieg wäre nach unserer Einschätzung politisch mehrheitsfähig – im Unterschied zu vielen Modellen, die entweder hochambitioniert oder aufgrund rechtlicher Restriktionen nicht in einem angemessenen Zeitraum umsetzbar sind. Solche Modelle haben dazu geführt, dass wir derzeit eine regelrechte politische Blockade-Situation haben: Zwar sind alle Akteure im Grundsatz einig, aber es liegt kein mehrheitsfähiger Vorschlag auf dem Tisch. Diese Blockade müssen wir auflösen, sonst schafft Deutschland den Einstieg in eine CO2-Bepreisung nicht“, so Kapferer.
Zum Gutachten: In der Studie wird die CO2-Bepreisung in Form eines sich am CO2-Ausstoß bemessenden Aufschlags auf die Energiesteuern von Heizöl, Erdgas, Diesel und Benzin für drei Preishöhen umgesetzt: 25, 45 und 65 Euro je Tonne CO2 – also jene Werte, die beispielsweise auch Agora Energiewende für Modellrechnungen zu Grunde gelegt hat. So würde sich beispielsweise Benzin um 5,9 Cent (bei 25 Euro je Tonne CO2) bis 15,4 Cent (65 Euro je Tonne) erhöhen.
Nach den vorgenommenen Abschätzungen würden dadurch Steuerzusatzeinnahmen von rund 7,7, 13,6 bzw. 19,2 Mrd. Euro erzielt werden können. Schon die bei einem CO2-Preis von 25 Euro erzielbaren Steuereinnahmen von rund 7,7 Milliarden Euro übertreffen die derzeitigen Stromsteuereinnahmen von knapp 7 Milliarden Euro deutlich und würden mehr als ausreichen, um die Stromsteuer auf die EU-weit gültigen Mindestsätze reduzieren zu können und zusätzlich das Wohngeld sowie die aus einer CO2-Bepreisung resultierenden erhöhten Unterkunftskosten für die Bezieher von Mindestsicherungsleistungen zu finanzieren.
In der Politik gibt es mehrere Vorschläge, die Einnahmen aus einer CO2-Bepreisung mittels einer Kopf-Pauschale an alle Einwohner Deutschlands zurückzuzahlen. Solche Modelle wären mit erheblichem bürokratischem Aufwand verbunden. Der BDEW-Vorschlag hat demgegenüber den Vorteil, dass er wesentlich leichter umsetzbar ist, insbesondere einkommensschwache Haushalte entlastet und grünen Strom konkurrenzfähiger gegenüber fossilen Energieträgern macht.
„Eine CO2-Bepreisung der Energieträger im Verkehr und im Wärmemarkt kann zudem nur eine – wenn auch besonders wichtige – Komponente sein, um die Energie- und Klimaziele Deutschlands zu erreichen. Auch im Stromsektor ist es nicht der CO2-Preis allein, der zu den erheblichen CO2-Minderungen des Energiesektors geführt hat. Vielmehr war und ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien ein weiterer zentraler Faktor. Gleiches gilt für die Sektoren Verkehr und Wärme: Hier brauchen wir neben einem CO2-Preis zwingend den zügigen Ausbau der Elektromobilität und die steuerliche Absetzbarkeit energetischer Gebäudesanierungen. Schnürt die Bundesregierung hier ein schlüssiges und ambitioniertes Gesamtpaket, kann Deutschland einen Riesenschritt mit Blick auf die Erreichung der Klimaziele machen“, so Kapferer abschließend.
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