Seit 2011 unrechtmäßiger Betrieb
Der Forschungsreaktor FRM II in Garching bei München, auch Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) genannt, wird bereits seit 2011 unrechtmäßig betrieben. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten der Rechtsanwältin Cornelia Ziehm, das vom BUND Naturschutz in Bayern, der bayerischen Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, den „Bürgern gegen den Atomreaktor Garching“ und dem Umweltinstitut in Auftrag gegeben wurde. Heute präsentierte Ziehm ihr Gutachten in München.
Waffenfähiger Brennstoff
Der Garchinger Forschungsreaktor FRM II wird seit 2004 mit hoch angereichertem Uran betrieben. Der Brennstoff mit einer Anreicherung von bis zu 93 % Uran 235 ist atomwaffenfähig und stellt ein erhebliches Proliferationsrisiko dar. Schon bei der Planung und Inbetriebnahme gab es Proteste gegen diesen Brennstoff im In- und Ausland, weil er internationale Bemühungen zur Abrüstung und zur Nichtverbreitung von Atomwaffenmaterial untergräbt.
Darum wurde in der Betriebsgenehmigung des Versuchsmeilers eine Umrüstung auf einen Brennstoff mit einer geringeren Anreicherung (unter 50 Prozent) bis Ende 2010 festgelegt. Diese Frist wurde vom Betreiber nicht eingehalten. Ein späteres Versprechen, die Umrüstung wenigstens bis 2018 durchzuführen, wurde ebenfalls nicht gehalten. Weder Betreiber, noch die Aufsichtsbehörde zogen daraus Konsequenzen. Der Reaktor in Garching hat damit den zivilen Markt für hoch angereichertes Uran wesentlich belebt: Der neue Brennstoff für den FRM II steckt aktuell in Frankreich fest, wo die Brennelemente produziert werden. Das Uran dafür wurde in Russland neu angereichert. So steht es in einem Geschäftsbericht der russischen Atomfirma TVEL. Um eine rechtliche Klärung herbeizuführen, und Möglichkeiten zu finden, den Einsatz von waffenfähigem Uran zu stoppen, hat das Umweltinstitut gemeinsam mit dem BUND Naturschutz in Bayern, der Landtagsfraktion der Grünen in Bayern, sowie der Bürgerinitiative gegen den Atomreaktor Garching das nun vorliegende Rechtsgutachten beauftragt.
Was steht im Rechtsgutachten?
Als entscheidend stellt sich die juristische Bedeutung der Maßgabe zur Umrüstung auf einen niedrigeren Anreicherungsgrad (<50 Prozent Uran-235) heraus, die in der dritten Teilgenehmigung von 2003 verankert ist. Ziehm arbeitet klar heraus, dass es sich dabei nicht um eine bloße Nebenbestimmung (oder Auflage) handelt, sondern vielmehr um eine wesentliche Inhaltsbestimmung. Ohne diese Bestimmung wäre der Betrieb überhaupt nicht genehmigt worden. Zur Einordnung werden einige vergleichbare Beispiele aus der Rechtsprechung gegeben. Sehr klar formuliert Ziehm die Konsequenzen für die Bayerische Atomaufsicht: „Das durchgeführte Vorhaben ist nicht von der Genehmigung gedeckt, damit (jedenfalls) formell illegal und von der Behörde auf ordnungsrechtlicher Grundlage genauso zu untersagen als wenn gar keine Genehmigung vorläge.“
Um dem zu entgehen, hätte die Technischen Universität München rechtzeitig eine neue Genehmigung für den Betrieb mit waffenfähigem Uran beantragen können. Die Behörde hätte dann erneut das Forschungsinteresse gegen die Risiken der Verbreitung atomwaffenfähigen Brennstoffs und anderer Risiken durch den Reaktorbetrieb abwägen müssen. Nichts davon ist geschehen. Die Frage, ob die Umrüstung technisch unmöglich war, spielt juristisch nur eine untergeordnete Rolle. Sollte aber aus tatsächlichen Gründen nicht umgerüstet werden können, müsste die Behörde formal anerkennen, dass die dritte Teilgenehmigung nichtig ist. Auch in diesem Fall ist der Betrieb des FRM II illegal.
Was sind die nächsten Schritte?
Das Umweltinstitut fordert die Genehmigungsbehörde, also das bayerische Umweltministerium, auf, von sich aus die Genehmigung für den FRM II zu widerrufen. Sollte die Behörde die Umrüstung für tatsächlich unmöglich halten, fordern wir, dass sie zudem formell die Nichtigkeit der dritten Teilgenehmigung feststellt. Auch die Bundesregierung kann als oberste Atomaufsicht auf diese Schritte hinwirken. Sollte die Behörde untätig bleiben, können beim bayerischen Umweltministerium entsprechende Anträge gestellt werden. Kommt es auch dann zu keiner Betriebsuntersagung von Amts wegen, könnte diese auf dem Weg einer umweltrechtlichen Verbandsklage durchgesetzt werden.
->Quellen und weiterführende Links: