33% weniger CO2-Emissionen durch Brennstoffwechsel von Kohle auf Gas
Im Juni 2019 emittierten die deutschen fossilen Kraftwerke 33% weniger Kohlendioxid als im Juni 2018. Gründe für diesen beachtlichen Rückgang seien hauptsächlich die gestiegenen Kosten für CO2-Zertifikate, die niedrigen Börsenstrompreise und ein geringerer Stromverbrauch, teilte Fraunhofer ISE – Energy Charts am 16.07.2019 mit. Dabei habe die Kombination aus erhöhten Kosten für CO2-Zertifikatspreise, niedrigeren Börsenstrompreisen u.a. aufgrund hoher Anteile erneuerbaren Stroms sowie niedrigen Gaspreisen zu einem „fuel switch“ geführt, einem Brennstoffwechsel von Braunkohle zu Gas, da sich in dieser Konstellation die Stromerzeugung aus Braunkohle sehr schnell als unwirtschaftlich darstelle.
Der Preis für CO2-Zertifikate lag im Juni 2019 im Durchschnitt bei ca. 25 Euro pro Tonne CO2, 65% über dem Juni 2018 mit ca. 15 Euro/t CO2. Die spezifischen Emissionen von Braunkohlekraftwerken betragen ca. 1 bis 1,2 Tonnen CO2 pro Megawattstunde (MWh). Daraus ergeben sich CO2-Zertifikatskosten von ca. 25 bis 30 Euro pro MWh elektrischer Nettostromerzeugung aus Braunkohle. Hinzu kommen noch Betriebs- und Brennstoffkosten von 5 bis 10 Euro/MWh, womit die minimalen Erzeugungskosten der Braunkohle in Summe bei ca. 30 bis 40 Euro/MWh liegen. Der Day-Ahead Börsenstrompreis lag im Durchschnitt bei 31,84 Euro/MWh. D.h. insbesondere Braunkohlekraftwerke mit höheren spezifischen CO2-Emissionen oder höheren Betriebs- oder Brennstoffkosten waren im Durchschnitt unrentabel oder ließen sich nur in Stunden mit höheren Day-Ahead Preisen rentabel betreiben.
Gaskraftwerke haben deutlich geringere CO2-Emissionen von ca. 0,35 bis 0,4 Tonnen CO2 pro MWh elektrisch. D.h. die Zertifikatskosten schlagen hier nur mit ca. 10 €/MWh zu Buche. Der Gaspreis fiel von durchschnittlich 51,59 €/MWhth im Juni 2018 auf 7 €/MWhth im Juni 2019. Bei einem Wirkungsgrad von 40% bis 50% ergeben sich Brennstoffkosten von 14 bis 18 €/MWh. Zusammen mit den Zertifikatspreisen erhält man Basiskosten von 24 bis 28 €/MWh. D.h. die Summe aus Brennstoff- und Zertifikatskosten bei Gaskraftwerken liegt deutlich unter den reinen CO2-Zertifikatskosten der Braunkohlekraftwerke. Deshalb kam es im Juni zu einem Brennstoffwechsel (»fuel switch«) von Braunkohle und Steinkohle zu Gas.
Durch den Brennstoffwechsel von Braunkohle und Steinkohle zu Gas sank die Nettostromerzeugung aus Braunkohle um 38% von 11,3 TWh im Juni 2018 auf 7 TWh im Juni 2019. Die Erzeugung aus Steinkohle sank um 41% von 4,4 TWh im Juni 2018 auf 2,6 TWh im Juni 2019. Gaskraftwerke konnten ihre Produktion aufgrund der geringeren Brennstoff- und Zertifikatskosten um 62% von 2,3 TWh im Juni 2018 auf 3,7 TWh im Juni 2019 steigern. Aufgrund der Wetterverhältnisse stieg auch die Stromerzeugung aus Windkraftwerken um 14% und aus Solarkraftwerken um 21%.
Der Export von 1,7 TWh in Juni 2018 wandelte sich zu einem Import von 0,3 TWh im Juni 2019. Die Last sank um 8,1% von 40,7 TWh im Juni 2018 auf 37,6 TWh im Juni 2019.
Die hohe regenerative Stromerzeugung aus Solar und Wind, der gesunkene Verbrauch und weitere nationale und internationale Marktfaktoren führten zu geringeren Day-Ahead Strompreisen an der Strombörse. Sie verringerten sich um 24% von durchschnittlich 42,09 Euro/MWh im Juni 2018 auf 31,84 Euro/MWh im Juni 2019, was wiederum die Rentabilität der Kohlekraftwerke verringerte.
„Der erfreuliche Nebeneffekt dieser rein marktgetriebenen Ereignisse waren deutlich geringere Kohlendioxidemissionen aus der fossilen Stromerzeugung“, kommentiert Prof. Bruno Burger, Schöpfer der Fraunhofer ISE Energy Charts dieses Phänomen. „Sie fielen um 33% von 17,3 Mio. t im Juni 2018 auf 11,5 Mio. t im Juni 2019“. Den größten Rückgang um 4,9 Mio.t habe es bei der Stromerzeugung aus Braunkohle gegeben. Die Emissionen aus Steinkohlekraftwerken seien um 1,45 Mio.t CO2 gesunken. Bei Gas habe es aufgrund der höheren Produktion eine Steigerung um 0,5 Mio.t CO2 gegeben, so Burger.
Höhere CO2-Zertifikatspreise gekoppelt mit niedrigen Day-Ahead Börsenstrompreisen und niedrigen Gaspreisen führten sehr schnell zu einem Brennstoffwechsel von Braunkohle zu Gas. Wenn die Kosten für die CO2-Zertifikate (in Euro pro Tonne CO2) auf dem Niveau des Börsenstrompreises (in Euro pro MWh) lägen, würde die Stromerzeugung aus Braunkohle unwirtschaftlich, prophezeit der Wissenschaftler. Im Juni sei ein Teil der Stromerzeugung von Braunkohle auf Gas umgestellt worden, was zu einer Reduktion der CO2-Emissionen um ein Drittel gefüht habe. Würde die komplette Braunkohle durch Gas ersetzt, so würden die Emissionen um zwei Drittel fallen.
->Quelle: ise.fraunhofer.de/33-prozent-weniger-co2-emissionen-durch-brennstoffwechsel-von-kohle-auf-gas