Gelder für Anschaffung hochgiftiger Gase zur Optimierung von Prozessen der Kohleindustrie
Eigentlich soll es in der EU bald vorbei sein mit der Kohleenergie – spätestes ab 2025 soll es keinerlei Subventionen für die Kohleindustrie mehr geben. Und doch fördert die EU-Kommission weiterhin die Kohleforschungsprojekte großer Energieunternehmen. Das geht aus Dokumenten im Besitz des European Environmental Bureau hervor, die EURACTIV vorliegen und die sich Florence Schulz für EURACTIV.de näher angeschaut hat.
So untersucht eines der rund 150 geförderten Projekte die Vergasung von Braunkohle und Wertstoffen, um den Prozess „effizienter und kostengünstiger“ zu machen. Bei der sogenannten HTW-Vergasung werden aus Synthesegas flüssige Brennstoffe wie Methanol oder Diesel hergestellt. Mit über 1.750.000 Euro fördert die EU-Kommission das Projekt, bei dem der Energieversorger RWE in Zusammenarbeit mit der TU Darmstadt 2015 eine Pilotanlage erbaute. Ebenfalls involviert sind ThyssenKrupp, die Universitäten von Ulster und L’Aquila sowie das Centre for Research and Technology Hellas und das polnische Institute for Chemical Procesing of Coal.
Ziel der Anlage ist es, die Vergasung von Kohle zusammen mit anderen Stoffen zu untersuchen. Bezieht man andere Stoffe – zum Beispiel Biomasse oder Kunststoffe – mit ein, könnte der Anteil der Kohle an diesem in der Industrie sehr üblichen Prozess potentiell reduziert werden, sagt ein Forscher der TU Darmstadt auf Anfrage. Wie in zahlreichen anderen Projekten unterstützt die EU das Forschungsvorhaben mit 60 prozentigen Zuschüssen beim Personal, Anschaffungen und anderen Kostenpunkten. So erhielt die TU Darmstadt über eine halbe Million Euro zur Anstellung von Personal, welches die Vergasungsanlage betreut.
Auch RWE erhielt unter anderem knapp 330.000 Euro Personalgeld aus Brüssel, sowie 360.000 Euro für Equipment. Dazu gehören auch der Kauf hochgiftiger Gase wie Schwefelwasserstoff. Für die Umweltorganisation EEB ist diese Art der Förderung nicht akzeptabel: „Der Umweltbeschmutzer wird bezahlt“, sagt der Christian Schaible.
Hintergrund der Fördergelder ist der sogenannte „Recherchefonds für Kohle und Stahl“ (RFCS) der EU-Kommission. Daraus gehen jährlich rund 40 Millionen Euro in die Kohleforschung, wie EURACTIV berichtete. Etabliert wurde der Fonds 1994 durch Unternehmen der Kohle- und Stahlindustrie, unter der damaligen Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS). Nach ihrem Ende wurde der Fonds der neuen EU-Kommission zur Verwaltung übertragen, bis heute vergibt sie jährlich Gelder daraus.
Die Entscheidung, wohin die Fördermittel fließen, wird von einer Gruppe von Fachexperten der Kommission und Vertretern der Mitgliedsstaaten getroffen. Ebenfalls beteiligt ist eine sogenannte Coal Advisory Group (CAG), bestehend aus 17 Mitgliedern, die zumeist Vertreter großer Unternehmen wie RWE sind. Für Anton Lazarus, Communication Manager am EEB, steht fest: „Ich sehe da einen klaren Gewissenskonflikt. Es sieht einfach nicht gut aus, wenn die Beratergruppe über die Verteilung des Geldes debattiert.“
->Quelle: Euractiv.de/eu-foerdert-projekte-zur-kohleverstromung