BUND: Power-to-X nicht per se klimafreundlich

Im Wortlaut: Die Schlussfolgerungen des Öko-Instituts

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  • Bei der Ableitung von Nachhaltigkeitsanforderungen und deren Verifizierung sind neben direkten Effekten auch indirekte Effekte (z. B. Auswirkungen auf andere Sektoren und andere Nachhaltigkeitskategorien; Auswirkungen auf andere Regionen und Länder) zu beachten, die sich durch die Einbindung in das Energie- und Wirtschaftssystem ergeben.
  • Die Nachhaltigkeitsanforderungen an die PtX-Produktion ändern sich über die Zeit durch den veränderten THG-Reduktionsanspruch. Kriterien, die heute formuliert werden, müssen mit den gesetzten Reduktionsansprüchen für den Zeitraum bis 2050 kompatibel sein.
  • Spätestens beim Übergang von der Demonstrationsphase zur Skalierung der Technologie müssen Nachhaltigkeitsanforderungen mögliche positive Nachhaltigkeitswirkungen fördern und potenziell negative ausschließen. Pfadentwicklungen, die eine Lenkungswirkung für wenig nachhaltige Herstellungsprozesse und gegebenenfalls einen neuen „Lock-In“ in solche Prozesse generieren, müssen vermieden werden.

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  • Der Strombezug ist für die Klimaschutzwirkung strombasierter Stoffe der relevanteste Parameter. Bei ungeeignetem Strombezug können durch die PtX-Herstellung mehr Emissionen frei werden als bei der Nutzung fossiler Alternativen.
  • Der CO2-Bezug ist für die Klimaschutzwirkung strombasierter Stoffe ein relevanter Parameter. Bei ungeeignetem CO2-Bezug können durch die Art der CO2-Quelle Kohlenwasserstoffe produziert werden, die hinsichtlich ihrer THG-Bewertung äquivalent zu fossilen Stoffen zu werten sind und zu keiner THG-Minderung beitragen.
  • Die Inanspruchnahme von Wasser und Flächen kann auf lokaler Ebene an den Produktionsstandorten zu positiven wie negativen sozialen Wirkungen führen. Die Flächeninanspruchnahme kann über indirekte Effekte zudem auch einen Effekt auf die Treibhausgasfreisetzung besitzen.
  • Der Strom- und CO2-Bezug sind relevante Faktoren für die Kosten der PtX-Herstellung. Eine kostengünstige Herstellung ist an vielen Punkten mit einer Produktion verbunden, die nicht zur THG-Minderung beiträgt. Der nachhaltige Zugang zu Wasser und zu Flächen kann zudem ein begrenzender Faktor für die Produktionsmenge und Skalierung der PtX-Produktion sein.

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  • Die PtX-Produktion besitzt nur dann keine THG-Emissionen, wenn die eingesetzte Energie vollständig erneuerbar ist und Kriterien für eine zusätzliche erneuerbare Stromversorgung auf Systemebene entspricht. Dazu müssen die politischen Rahmenbedingungen für die Förderung der erneuerbaren Stromerzeugung angepasst werden (z. B. Erhöhung der EE-Ausbauziele, keine Anrechnung auf bestehende EE-Ausbauziele). Auch dürfen die Anlagen mögliche Netzengpässe nicht verstärken.
  • Für die Berücksichtigung in Förderinstrumenten ist die individuelle Betrachtungsweise relevant. Bisher existieren keine Nachweisverfahren, die die Förderung der zusätzlichen Stromversorgung der PtX-Anlagen sicherstellen. Es besteht die Möglichkeit, für die PtX-Produktion in der EU das bestehende System der EE-Herkunftsnachweise weiterzuentwickeln.
  • Ansätze aus der THG-Bewertung der internationalen Klimapolitik könnten gegebenenfalls weiterentwickelt werden, um die Zusätzlichkeit der erneuerbaren Stromerzeugung für die PtX-Produktion außerhalb der EU nachweisen zu können.
  • PtX-Anlagen können als große infrastrukturelle Projekte positive Wirkungen auf die lokale Wertschöpfung, den Lebensstandard vor Ort und die Strukturen für den Aufbau erneuerbarer Stromerzeugungsanlagen erzeugen. Bei durch Politikmaßnahmen geförderten PtX-Anlagen sollten Best-Practice-Maßnahmen und die unabhängige Evaluierung dieser Maßnahmen verpflichtend sein, um negative Wirkungen zu vermeiden und die Wirkungen auf lokaler Ebene möglichst positiv zu gestalten.
  • Die zusätzliche Stromnachfrage durch die PtX-Herstellung kann bei beschränkten Möglichkeiten des Aufbaus erneuerbarer Stromerzeugungsanlagen (z. B. fehlende verfügbare Flächen, fehlende Strukturen zum Aufbau der Anlagen) durch die hohen Umwandlungsverluste zu Mehremissionen im Stromsystem und zu höheren Stromkosten für die Verbraucherinnen und Verbraucher in den Produktionsländern führen. Vereinfachte Indikatoren zur Risikobewertung dieser Effekte könnten zunächst für eine Begrenzung der PtX-Produktion in Regionen/Ländern mit einem hohen Risiko für diese Effekte genutzt werden, bis gegebenenfalls besser geeignete Kriterien entwickelt sind.
  • Die Nutzung von CO2 aus nachhaltiger Biomasse und der Luft sind die einzigen erneuerbaren Quellen, die keine Treibhausgasemissionen verursachen, wenn die notwendigen Nachhaltigkeitsregeln für die Biomassenutzung und den Energiebezug eingehalten werden. CO2 aus geologischen und fossilen Quellen (z. B. industrielle Punktquellen) führt nur dann nicht zu Mehremissionen, wenn die für das Pariser Abkommen notwendige Treibhausgasminderungstrajektorie durch die Nutzung des CO2 in PtX-Stoffen nicht verlangsamt wird.
  • Die CO2-Abtrennung aus der Luft befindet sich in der Demonstrations- und Entwicklungsphase. Eine technologiespezifische Förderung zur Weiterentwicklung und Skalierung der Technologie erscheint zielführend zu sein.
  • Die aktuell gültigen Rahmenbedingungen stellen nicht sicher, dass die CO2-Nutzung aus fossilen und geologischen Quellen nicht zu Mehremissionen gegenüber der für den Klimaschutz benötigten THG-Minderungstrajektorie führt. PtX-Stoffe auf Basis dieser CO2-Quellen können also alleine durch die CO2-Nutzung dieselbe Klimaschutzwirkung entfalten wie ihre fossilen Alternativen. Solange keine geeigneten Kriterien existieren, durch die CO2-Mehremissionen vermieden werden können, ist die PtX-Produktion mit CO2 aus diesen Quellen mit einem hohen Risiko für CO2-Mehremissionen und eine verlangsamte Transformation des Industriesektors verbunden. Der Ausschluss bzw. die Begrenzung dieser CO2-Quellen für die PtX-Produktion würde dieses Risiko verhindern. Gegebenenfalls können geeignete Kriterien für die Nutzung dieser CO2– Quellen für eine zeitlich begrenzte Übergangsphase entwickelt werden.
  • Nachhaltiges und günstiges CO2 wird ein knappes Gut sein. Eine prioritäre Allokation des verfügbaren CO2 in PtX-Anwendungen mit einem hohen Effizienzpotenzial bzw. in Anwendungen mit wenigen alternativen Technologieoptionen zu treibhausgasneutralen Kohlenwasserstoffen erscheint sinnvoll zu sein, um höhere Kosten und gegebenenfalls Verfügbarkeitsbegrenzungen von klimafreundlichen Optionen in diesen Anwendungen zu vermeiden.
  • Der Aufbau von PtX-Herstellungskapazitäten kann in Regionen mit Wassermangel auf lokaler Ebene zu negativen (z. B. steigende Wasserkosten, mangelnde Wasserverfügbarkeit), aber auch zu positiven (z. B. erhöhte Wasserverfügbarkeit durch Meerwasserentsalzungsanlagen) Effekten hinsichtlich der Wasserverfügbarkeit führen. Bei Entsalzungsanlagen können zudem lokale ökologische Effekte durch die Rückführung der mit Salz und Chemikalien angereicherten Sole auftreten. Für durch Politikmaßnahmen geförderte Anlagen sollten die Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen sowie deren unabhängige Evaluierung verpflichtend sein.
  • Für die Bewertung des Flächenpotenzials müssen Kriterien für die Bewertung hinsichtlich des EE-Stromerzeugungs- sowie des Nutzungspotenzials des Stroms entwickelt werden. Solche Bewertungskriterien sind die Voraussetzung für die Entwicklung von Verifizierungsverfahren bezüglich des Strom- und CO2-Kohlenstoffbezugs.
  • Die genutzten Flächen für alle Anlagen entlang der Wertschöpfungskette müssen die geltenden Standards für den Schutz der Biodiversität und der Kohlenstoffspeicherung in Böden und Biomasse einhalten.
  • Beteiligungsverfahren der lokalen Bevölkerung sowie die Einhaltung möglicher Abstandsregelungen sind der Mindeststandard für den Aufbau von PtX-Anlagen. Langfristig sind weitere Untersuchungen notwendig, um eine Bewertung der maximalen Flächeninanspruchnahme und des daraus folgenden, gesellschaftliche akzeptierten PtX-Ausbaus je Region vornehmen zu können.

Solarify meint: Der Eindruck, es handle sich bei dem Impulspapier (und den vom BUND daraus gezogenen Schlüssen) um einen – möglicherweise sogar interessierten? – Schnellschuss, drängt sich hartnäckig auf. Denn Synthetische Treibstoffe (E-Fuels), Designer Fuels) wie Oxymethylenether oder Octanol kommen darin gar nicht vor – die aber verbrennen rückstandsfrei in herkömmlichen Motoren. Nachhaltigkeit als Voraussetzung zu nennen, verlangt Selbstverständliches. Was allerdings bleibt, ist der hohe Energieaufwand – wenn der jedoch aus (zusätzlichen) Erneuerbaren gedeckt wird – eine Binsenweisheit, die in allen Diskussionen über E-Fuels als unbedingte Voraussetzung gilt, spielen die Energiepreise keine Rolle. Zahlreiche Nachweise für die Zusammenhänge gibt es u.a. auf Solarify – siehe: solarify.eu/alternative-kraftstoffe-synthetische-treibstoffe-desinger-fuels-e-fuels und: https://www.solarify.eu/was-kosten-designer-fuels. Schließlich sei noch das Riesenprojekt Carbon2Chem erwähnt: solarify.eu/carbon2chem-von-ccs-zu-ccu – und einen Aufsatz von Prof. Robert Schlögl: solarify.eu/energie-wende-jetzt.

->Quellen und mehr Informationen