Stimmt das denn? „12 Fakten zur Klimapolitik“ der INSM

INSM-Fakt 3: „Deutschland verfehlt seine 2020-Klimaziele. […] Umso wichtiger ist nun, den Rückstand aufzuholen. Denn bis 2030 sollen die Emissionen um 55 Prozent, bis 2050 um mindestens 80 Prozent im Vergleich zu 1990 reduziert werden.“
Faktencheck: Es ist korrekt, dass Deutschland seine selbst gesteckten Klimaschutzziele für 2020 genauso verfehlen wird wie das nicht eingehaltene Ziel von 2005. Das Reduktionsziel der Bundesregierung für 2050 stammt allerdings noch aus der Zeit vor dem Beitritt zum Pariser Klimaschutzabkommens und zielt auf eine Stabilisierung der globalen Erwärmung auf deutlich höhere Werte als die neue Zielvorgabe von möglichst 1,5°C. Darum müssten eigentlich die nationalen deutschen Ziele dringend angepasst werden, was die Regierung bislang aber unterlassen hat. Zum Einhalten des Pariser Klimaschutzabkommens sollte eine Klimaneutralität in Deutschland bereits im Jahr 2035 angestrebt werden [Rah19]. Aber selbst damit ist nur eine Stabilisierung des Temperaturanstieges auf 1,75°C zu erwarten. Außerdem zielt das Reduktionsziel der Bundesregierung auf eine Einsparung von 80 bis 95 Prozent bis zum Jahr 2050 und nicht um „mindestens 80 Prozent“. 100 Prozent sind derzeit im Gespräch. Auch das Ziel ist für das Pariser Klimaschutzabkommen noch zu gering. Die Angabe der INSM hat aber offensichtlich das Ziel, möglichst schwache Reduktionsziele in den Köpfen zu verankern.

INSM-Fakt 4: „Industrie fährt Emissionen deutlich zurück. 85 Prozent aller Treibhausgasemissionen hierzulande entstehen durch die Umwandlung von Energieträgern in Strom und Wärme. […] Die Hoffnung, dass eine milliardenschwere Förderung von regenerativer Energie bei der Reduktion des CO2-Ausstoßes zum Ziel führt, hat sich nicht erfüllt.“
Faktencheck: Mit den ersten beiden Sätzen suggeriert die INSM, dass 85 Prozent aller Treibhausgasemissionen nicht von der Industrie stammen. Dabei bezieht die Industrie auch große Mengen an Strom und Wärme. Hier wird der Gesamtanteil der Industrie an den Emissionen von Treibhausgasen bewusst kleingerechnet. Der Anteil der Industrie am deutschen Endenergieverbrauch lag im Jahr 2017 bei 29 Prozent [BMWi19].
Weiterhin wird unterstellt, dass der Ausbau erneuerbarer Energien nicht zum Einhalten der Klimaschutzziele beitragen kann. Wie allerdings weiterhin Treibhausgase eingespart werden sollen, wird bewusst offengelassen. Die Klimaneutralität in Deutschland kann nur erreicht werden, wenn erneuerbare Energien den Energiebedarf vollständig decken. Um das zu erreichen, müssen natürlich auch die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt und Markteinführungsprogramme finanziert werden. Die bisherige Finanzierung der Markteinführung der erneuerbaren Energien durch das EEG kann als voller Erfolg gewertet werden. Die Kosten für Photovoltaik-Kraftwerke in Deutschland sind von 2006 bis 2018 um 75 Prozent gefallen [ISE19]. Damit stehen nun sehr preiswerte erneuerbare Energieanlagen für weitere ambitionierte Klimaschutzbemühungen zur Verfügung. Im Jahr 2018 wurden durch erneuerbare Energien in Deutschland immerhin 184 Megatonnen CO2-Äquivalente vermieden und der Ausstoß aller Treibhausgase damit auf 866 Megatonnen gedrückt. Mit der Angabe in CO2-Äquivalenten werden auch andere Treibhausgase wie Methan und Lachgas mit ihrer Klimaschädlichkeit erfasst. Mittlerweile werden doppelt so viele Treibhausgase durch erneuerbare Energien vermieden wie 2010 [UBA19b]. Zum Einhalten der Klimaschutzziele muss der Ausbau erneuerbarer Energien zwar erheblich gesteigert werden, aber es entbehrt jeder Grundlage, die bisherigen Ausbaubemühungen als nicht zielführend zu diskreditieren. Die INSM hat bereits in der Vergangenheit erfolgreich versucht, den Ausbau erneuerbarer Energien zu verlangsamen. Die gleiche Intention scheint bei diesem INSM-„Fakt“ vorhanden zu sein.

Durchschnittlicher Netto-Endkundenpreis für fertig installierte Aufdachanlagen von 10 bis 100 kW – Grafik © Volker Quaschning/ISE

INSM-Fakt 5: „So betragen die Kosten einer durch Photovoltaik eingesparten Tonne CO2 415 Euro. […] Mit Hilfe marktwirtschaftlicher Instrumente wie dem ETS könnten wir uns darauf konzentrieren, dort CO2 zu reduzieren, wo es kostengünstiger ist.“
Faktencheck: Die exorbitant hohen Kostenangaben für die CO2-Einsparungen durch die Photovoltaik sind vollkommen aus der Luft gegriffen. In Deutschland werden derzeit die ersten Photovoltaikanlagen realisiert, die vollkommen ohne Förderung auskommen [PVM19]. Selbst bei kostenintensiveren Aufdachanlagen, die noch eine Förderung benötigen, entstehen nicht einmal ansatzweise die genannten Kosten.
Als einzig sinnvolle Option für die Reduktion von CO2-Emissionen wird der europäische Handel von Emissionszertifikaten ETS genannt. ETS steht für Emissions Trading System, bei dem der Staat eine Anzahl an Verschmutzungsrechten herausgibt und diese nach und nach reduziert. Für den Ausstoß von Treibhausgasen wird dann die entsprechende Anzahl an Rechten benötigt. Diese Rechte können dann gehandelt werden, in der Hoffnung, dass zuerst dort Treibhausgase eingespart werden, wo das am preiswertesten erfolgen kann. Genau mit diesem System ist es aber in den letzten Jahren nicht gelungen, die anvisierten Klimaschutzziele in Deutschland zu realisieren. Es wird suggeriert, dass mit den niedrigen ETS-Preisen auch günstig Klimaschutzmaßnahmen realisiert werden können. Um den nötigen Druck für wirksame Klimaschutzmaßnahmen zu erzeugen, müssten die ETS-Preise weit mehr als verdoppelt werden. Das dürfte aber kaum Zustimmung bei der INSM finden.

Folgt:  INSM-Fakt 6