INSM-Fakt 6: „Umweltschutz entwickelt sich zunehmend zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor für die deutsche Wirtschaft.“
Faktencheck: Umweltschutz und Klimaschutz sind durchaus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in Deutschland. Bis zum Jahr 2010 war Deutschland auch weltweit führend bei der Produktion von Photovoltaikmodulen. In der Solarbranche gab es tausende an Industriearbeitsplätzen, vornehmlich in den neuen Bundesländern. Im Jahr 2012 wurde in Deutschland allerdings durch politische Eingriffe, die auch von der INSM gefordert wurden, der Heimatmarkt für Solaranlagen auf ein Fünftel geschrumpft und damit auch die deutschen Klimaschutzziele unerreichbar gemacht. In Kombination mit der starken Konkurrenz aus China hat das zu einem Verlust von rund 80.000 Arbeitsplätzen in der Photovoltaikbranche geführt [Qua19]. Es ist durchaus paradox, dass eine von Arbeitgeberverbänden getragene Organisation zur Zerstörung von Industriearbeitsplätzen beigetragen hat. Gesamtmetall vertritt offenbar nicht die Interessen der Erneuerbaren-Energien-Branche.
Die deutsche Automobilbranche hat weltweit bei der Entwicklung und Markteinführung klimaschonender Fahrzeuge keine führende Rolle. Im Bereich der Batteriezellfertigung ist Deutschland quasi Entwicklungsland und bisherige Innovationen bei der Elektromobilität kamen vornehmlich aus den USA und aus China. Wenn jetzt erneut durch die INSM strengere Klimaschutzbemühungen unterlaufen werden, ist das für die Rolle Deutschlands bei der Entwicklung von Zukunftstechnologien kontraproduktiv und schadet damit am Ende auch dem Wirtschaftsstandort Deutschland. Zur Bewältigung der enormen weltweiten Herausforderungen der Klimakrise sollte Umwelt- und Klimaschutz jetzt auch dringend Einzug in die Firmenkultur erhalten und darf nicht weiter nur in schöne Worte verpackt werden.
INSM-Fakt 7: „Länder mit einem höheren Atomstromanteil an der Energiegewinnung wie Schweden, Frankreich oder das Vereinigte Königreich emittieren weniger CO2 je Wirtschaftsleistung.“
Faktencheck: Hier wird suggeriert, dass alle Länder mit einem höheren Atomstromanteil niedrigere relative CO2-Emissionen haben. Dabei handelt es sich nur um eine sehr selektive, vollkommen willkürliche Auswahl ohne jegliche Aussagekraft. Die USA oder Russland haben auch einen höheren Atomstromanteil als Deutschland, aber deutlich höhere CO2-Emissionen je Wirtschaftsleistung. Dänemark, Norwegen oder Italien haben gar keine Atomkraftwerke und geringere CO2-Emissionen je Wirtschaftsleistung als Deutschland. Die folgende Grafik zeigt, dass die spezifischen CO2-Emissionen in den Ländern der EU vollkommen unabhängig vom Atomstromanteil sind. Hier wird offensichtlich versucht, Stimmung für eine erneute Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken zu machen. Für den Klimaschutz ist das allerdings wenig hilfreich, denn Atomkraftwerke sind nicht flexibel genug, um als Backup für eine Energieversorgung mit einem hohen Anteil an Solar- und Windkraftanlagen genutzt werden zu können. Außerdem haben sich die Gründe, die zum Ausstieg aus der Atomenergie geführt haben, nicht geändert. Atomenergie bleibt eine Risikotechnologie.
INSM-Fakt 8: „In den vergangenen Jahren wurden die Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien immer wieder übertroffen. Das Problem an der eigentlich positiven Bilanz: Der Netzausbau kann mit diesem rasanten Tempo nicht mithalten. […] Und von den weiteren rund 5.900 Netzkilometern, die laut Bundesnetzagentur einen ‚zuverlässigen Netzbetrieb gewährleisten‘ sollen, sind lediglich 300 Kilometer installiert.“
Faktencheck: Hier wird suggeriert, dass ein weiterer schneller Ausbau erneuerbarer Energien den zuverlässigen Netzbetrieb gefährdet und im Prinzip wegen fehlender Netze nicht möglich ist. Ziel ist offenbar eine weitere Verlangsamung des Ausbaus erneuerbarer Energien. Der Netzausbau liegt zwar stark hinter den Planungen zurück, dennoch ist weiterhin ein schneller Ausbau erneuerbarer Energien möglich, wenn diese dezentral und verbrauchernah installiert werden. Allein das Potenzial der Photovoltaik auf Dächern wird mit 200 GW abgeschätzt [Qua16]. Es ist damit rund viermal so groß wie die bislang insgesamt installierte Photovoltaikleistung in Deutschland. Werden erneuerbare Energien an der richtigen Stelle zugebaut, braucht eine schnelle Energiewende nicht auf den Netzausbau zu warten.
INSM-Fakt 9: „Wer seine Stromrechnung begleicht, zahlt nicht nur für Erzeugung, Vertrieb und Transport des Stroms. Den mit Abstand größten Einzelblock bildet dabei die EEG-Umlage. Erzeugung, Transport und Vertrieb werden dagegen tendenziell günstiger.“
Faktencheck: An dieser Stelle soll der Ausbau erneuerbarer Energien offensichtlich als einziger Kostentreiber für die Strompreise verantwortlich gemacht werden. Die Preise für Erzeugung und Verteilung sind von 2000 bis 2013 spürbar angestiegen und seitdem nur sehr leicht gefallen. Dieser Rückgang ist im Übrigen auch auf die starke Konkurrenz durch die erneuerbaren Energien und den damit verbundenen Kostendruck zurückzuführen. Da in Deutschland die erneuerbaren Energien sehr stark ausgebaut wurden und Kraftwerksüberkapazitäten entstanden, mussten die Betreiber konventioneller Kraftwerke ihre Preise senken, um ihren Strom noch absetzen zu können. Durch den geplanten Kernenergieausstieg und steigende ETS-Preise (s. INSM-Fakt 5) sinkt derzeit aber der Wettbewerbsdruck. Die jüngsten Preisentwicklungen an der Strombörse und bei den Netzentgelten weisen darauf hin, dass der Kostenblock Erzeugung und Verteilung auch in den Jahren 2018 und 2019 wieder ansteigen könnte.
Selbst wenn die EEG-Umlage komplett gestrichen würde, wäre der Strompreis seit dem Jahr 2000 spürbar gestiegen. Es ist also nicht legitim, die erneuerbaren Energien zum alleinigen Sündenbock für Strompreissteigerungen zu machen.
Folgt: INSM-Fakt 10