Streit um Verfassungsmäßigkeit der Kohlenstoff-Bepreisung hält an
Das Bundesumweltministerium hat die in einem Bundestagsgutachten enthaltene Kritik am Modell einer CO2-Steuer samt Zweifeln an ihrer Verfassungsmäßigkeit zurückgewiesen und die CO2-Abgabe als grundgesetzkonform bezeichnet. Die von einem Wochenblatt geäußerte These, der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages stufe die Einführung einer CO2-Bepreisung in den Sektoren Verkehr und Wärme über eine Anpassung der bestehenden Energiesteuersätze als verfassungswidrig ein, beruhe auf einem Missverständnis, so des BMU am 09.08.2019 in einer Medienmitteilung.
Der Wissenschaftliche Dienst stelle selbst fest, dass eine CO2-Bepreisung im Rahmen des bestehenden Energiesteuerrechts dann zulässig sei, „wenn der Steuertatbestand weiterhin am Verbrauch der fossilen Brennstoffe und Kraftstoffe ansetzt. Nichts anderes beinhaltet das Modell zur CO2-Bepreisung, das in den vom BMU in Auftrag gegebenen Gutachten beschrieben wird.“ Die finanzverfassungsrechtliche Zulässigkeit dieses Bepreisungsmodells bestätigten auch ein im Zuge der wissenschaftlichen Begleitung des Modells erstelltes Rechtsgutachten und andere Untersuchungen zur CO2-Bepreisung.
Berthold Goeke, Leiter der Unterabteilung Klimaschutzpolitik im BMU, dazu in einer Pressekonferenz am 08.08.2019 in Berlin anlässlich der Vorstellung des Weltklimarat-Berichts: „Zutreffend ist, dass es kein Steuerfindungsrecht des Staates gibt. Dazu braucht es eine verfassungsmäßige Grundlage. Die Überlegungen des BMU zielen aber gerade nicht darauf ab, einen neuen Steuertypus einzuführen. Vielmehr setzen wir auf der Energiesteuer auf, die um eine CO2-Komponente ergänzt werden soll. Die Energiesteuer ist klar eine Verbrauchssteuer und damit verfassungsrechtlich abgesichert.“
Das entscheidende Merkmal für die finanzverfassungsrechtliche Bewertung sei die Bestimmung des Steuergegenstands. Eine Steuer, deren Steuergegenstand die aus der Verbrennung fossiler Brenn- und Kraftstoffe entstehenden CO2-Emissionen seien, begegne zwar tatsächlich den dargestellten Bedenken gegen die Einordnung als Verbrauchsteuer („die CO2-Steuer ist in der Variante der direkten Besteuerung von Kohlendioxid-Ausstoß nicht als Verbrauchsteuer realisierbar, da CO2 kein verbrauchsfähiges Gut ist“), da die CO2-Emissionen selbst nicht verbraucht werden könnten, sondern ihrerseits die notwendige Folge des Verbrauchs der fossilen Brennstoffe seien. Die BMU-Erklärung weiter wörtlich. „Wenn der Steuergegenstand im Rahmen der CO2-Bepreisung aber weiterhin einheitlich am Verbrauch der fossilen Brennstoffe und Kraftstoffe ansetzt, bestehen diese Bedenken nicht. Der Bezug zu den CO2-Emissionen ergibt sich dabei ausschließlich auf der Ebene der Begründung für den Umfang der Erhöhung der Steuersätze. Der Einsatz der einbezogenen Brennstoffe führt zwangsläufig zu jeweils einer feststehenden Menge an CO2-Emissionen. Aus der Bepreisung dieser CO2-Emissionsmenge ergibt sich der Betrag, um den die bestehenden Energiesteuersätze erhöht werden. Steuerrechtlich bleibt also der Steuergegenstand identisch. Im Ergebnis begründen die CO2-Emissionen aus dem Einsatz fossiler Brennstoffe lediglich die steuerpolitische Motivation für die konkrete Erhöhung des Energiesteuersatzes.
„Allen Klimaschutz-Versprechungen zum Trotz nehmen Treibhausgase in der Atmosphäre immer weiter zu. Zur CO2-Bespreisung gehen die Meinungen von Politik als auch Experten auseinander“, schreibt Nicole Allé zum Thema in energiezukunft. Die Regierung will im September im Klimakabinett ein Paket zum Klimaschutz beschließen, um Geringverdiener nicht mit höheren Kosten zu belasten, hatte Umweltministerin Schulze im Klimaschutzgesetz vorgeschlagen, die CO2-Steuer mit einer Klimaprämie zu kombinieren.
Der Wissenschaftliche Dienst des Parlaments hatte nun im Auftrag des Bundestags-Haushaltsausschusses die Besteuerung von CO2-Emissionen untersucht und war u dem Schluss gekommen, „eine Besteuerung einer CO2-Emission scheidet aus verfassungsrechtlichen Gründen aus“. Somit wäre die Einführung einer CO2-Steuer nur mit einer Grundgesetzänderung möglich – dafür wären jeweils Zwei-Drittel-Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat nötig.
Nun erklärte der Ministeriums-Rechtsexperte Berthold Goeke, das BMU habe aber gar nicht die Absicht, eine neue Steuer zu erfinden. Das Modell von Umweltministerin Svenja Schulze setze vielmehr auf der bestehenden Energiesteuer auf, diese sollte um eine CO2-Komponente ergänzt werden. Damit handle es sich klar „um eine Verbrauchssteuer, und wäre damit verfassungsrechtlich abgesichert“, so Goeke.
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