Etikettenschwindel der INSM – von Tina Ternus
Die INSM versteht sich nach eigenen Angaben als Plattform für alle, die sich dem Gedanken der sozialen Marktwirtschaft verbunden fühlen. Genau hier liegt der Etikettenschwindel vor. Die Initiative neue soziale Marktwirtschaft INSM ist eine Plattform, die für die REINE Marktwirtschaft steht. Weder sozial, noch ökologisch, noch ethisch. Gegen die Errungenschaften der sozialen Aspekte der sozialen Marktwirtschaft der Nachkriegsjahre führte die INSM einen regelrechten Feldzug ab den 2000er Jahren. Die dadurch forcierten Gesetze, die 1:1 umgesetzt wurden, führten zu gestiegener Armut und zu gestiegener Altersarmut.
Und da es irgendwann nicht mehr zu übersehen war, dass immer mehr Rentner in Abfalleimern nach Pfandflaschen suchten, kam dann prompt die dazu passende INSM-Kampagne, die allen Deutschen einreden sollte, dass es „den Deutschen so gut gehe wie noch nie“. Dass hierbei mit Durchschnittszahlen argumentiert wurde, die durch Vorhandensein von einigen Milliardären, deren Vermögen stetig angewachsen ist, automatisch nach oben verzerrt werden und rein gar nichts über die reale Verteilung im Land aussagen oder darüber, welches Auskommen mit seinem Einkommen der überwiegende Teil der Menschen im Monat hat, wurde geflissentlich verschwiegen. Alle großen Leitmedien druckten die von der INSM vorgegebenen Schlagzeilen dankbar ab und selbst die Kanzlerin benutzte die INSM-Formulierung
Gleichen Etikettenschwindel gab es auch 2012 bei der INSM-Kampagne „EEG stoppen – Energiewende retten“. Nachdem Jahre zuvor durch Einflussnahme vom BDI mittels der sehr stark gestiegenen Industrieausnahmen, sowie Einflussnahme des BDEW mittels des 2009 geänderten Wälzungsmechanismus und Implementierung des EEG-Paradoxons durch Merit-Order und sinkende Börsenstrompreise, die EEG-Umlage künstlich aufgebläht wurde und viel stärker anstieg, als sie normalerweise durch Zubau neuer EEG-Anlagen angestiegen wäre, wurde das EEG und die dadurch bis dahin erfolgte Energiewende in einer beispiellosen Hetzkampagne medial zum Abschuss freigegeben.
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Das Ergebnis war ein kompletter Zusammenbruch des Photovoltaik-Zubaus mit 80.000 verlorenen Arbeitsplätzen vor allem im Handwerk und Handel sowie der seit 2018 erfolgte Zusammenbruch des Onshore-Wind-Zubaus, zusätzlich verstärkt durch Gegenbewegungen wie „Gegenwind“ oder „Vernunftkraft“. Der erwartete Arbeitsplatzverlust bei Wind-Onshore liegt bei derzeit 40.000. Nicht die Energiewende wurde gerettet, sondern wohl eher die großen Stromkonzerne vor der bis dahin erfolgten Bürgerenergiewende.
Da das von der INSM propagierte „Wettbewerbsmodell Erneuerbare Energien“, umgesetzt durch die EEG-Novelle 2014 und 2017, maßgeschneidert für die großen Energieunternehmen ist, denen zum einen lästige Konkurrenz aus dem Weg geräumt, der Prozess des Wandels gebremst und zugleich der Weg geebnet wurde, langsam selbst mehr Marktanteile bei Erneuerbaren zu gewinnen. Dieser Anteil war bislang verschwindend gering. Das frühere EEG glich nämlich einem gewaltigen Umverteilungsprogramm. Die Einnahmen aus der Stromproduktion landeten nicht wie im fossil-atomaren System ausschließlich auf den Konten von börsennotierten Aktiengesellschaften, sondern kamen vor allem auch unzähligen Landwirten, Familien, Stadtwerken, Gemeinden, Energiegenossenschaften, Handwerksbetrieben und mittelständischen Produktionsbetrieben zugute.
Wer mit dem Zug von Nord nach Süd fährt, kann diesen Wandel deutlich sehen. Als die Zahl der Energiegenossenschaften rasant anstieg und diese mit innovativen PV-Mieterstrommodellen den Bevölkerungskreis derer, die vom EEG profitieren, erweitern konnten und endlich auch Mieter Teil der Bürgerenergiewende wurden, wurde von der INSM und dem Ausführungsorgan Altmaier eilig die Notbremse gezogen. Mit Ausschreibungen, verpflichtende Direktvermarktung ab 100 Kilowatt und einer Eigenverbrauchsabgabe – für Direktlieferungen von Solarstrom muss sogar EEG-Umlage in voller Höhe gezahlt werden. Dies entzog gerade den Genossenschaften die wirtschaftliche Grundlage für ihre Mieterstromprojekte. Das überbordend bürokratische Mieterstromgesetz, das 2017 eingeführt wurde, war ebenfalls wieder Etikettenschwindel. In der Realität brachte es weitaus mehr Hemmnisse und Einschränkungen für Mieterstrommodelle, als Chancen. Gerade einmal gut 1,5 Prozent des möglichen Förderrahmens von 1000 Megawatt. konkret 15 Megawatt sind nach knapp zwei Jahren ausgeschöpft worden.
Der neue Etikettenschwindel der INSM und auch deutscher Wirtschaftsverbände lautet jetzt Klimaschutz. Und plötzlich geben sich die gleichen Akteure, die über Jahrzehnte Klimaschutz und Energiewende über direkte und indirekte Einflussnahme auf Politik und Medien verhindert und ausgebremst haben, wo es nur ging, oder mittels Greenwashing die Öffentlichkeit gezielt getäuscht haben, als die Retter des Klimas und Versteher der Jugend. Aha. Ich rate jedem, die zahllosen Einträge des „Klimalügendetektors“ der letzten zehn Jahre zu lesen oder die ebenfalls mit vielen Quellen belegten Recherchen von Klimaretter oder Klimareporter und sich selbst ein Bild zu machen. Die INSM spielte übrigens wiederholt eine Rolle: Als Verhinderin von Klimaschutz.
Auffällig ist zunächst, dass die Forderungen der Jugend von der INSM sogleich abgeschwächt werden, indem ein 2-Grad-Ziel und nicht 1,5-Grad-Ziel als Marke genannt wird. Forciert wird von INSM und Wirtschaftsverbänden ein CO2-Deckel im Rahmen des europäischen Emissionshandels (ETS). Der Emissionshandel setzt rein auf die Kräfte des Marktes und überlässt den Klimaschutz ausschließlich den Akteuren, die das Problem verursacht haben: Den größten Treibhausgas-Emittenten zusammen mit Finanzakteuren. Bereits Albert Einstein wies sinngemäß daraufhin, dass die Lösung von Problemen nicht denen überlassen werden sollten, die das Problem verursacht haben. Den Emissionshandel gibt es seit 14 Jahren, er hat keinen nennenswerten Effekt gezeigt. Stattdessen wurde sich daran mit etwa 30 Milliarden Euro bereichert, da die verschenkten Zertifikate den Stromverbrauchern auf ihrer Stromrechnung in Rechnung gestellt wurden. Die Vergangenheit zeigte außerdem, dass das System sehr anfällig für Geschäftemacherei und Betrug ist.
Investitionen löst der ETS immer nur dann aus, wenn die Vermeidungskosten durch das Abschalten von Anlagen oder einer Investition zur Emissionsminderung geringer sind als das jeweils aktuelle oder für die Zukunft erwartete Preisniveau der Zertifikate. Die betroffenen Unternehmen kauften in der Realität jedoch bereits in der Vergangenheit eher günstige Emissionsrechte (vor allem aus Osteuropa) als in die Reduktion von Treibhausgasen zu investieren und sichern zukünftig möglicherweise steigende Zertifikatspreisen durch Sicherungsgeschäfte, das sogenannte „Hedging“, ab. Schneller und effektiver Klimaschutz sieht anders aus.
Die genauen Zahlen und Grenzen des CO2-Deckels werden von der INSM nicht benannt. Die werden sicherlich derzeit wie bei vorherigen Energie- und Umweltthemen auch von den in Berlin aktiven Lobbyisten der betroffenen Unternehmen und Wirtschaftsverbände direkt mit dem Wirtschaftsministerium und Kanzleramt ausgehandelt. Zusammen mit Ausnahmeregelungen, Begünstigungen u.a., möglichst wirtschaftsfreundlich und unwirksam. Wie entscheidend diese Grenzen und Rahmenbedingungen sind, zeigte sich bereits 2004. Als der damalige Bundeswirtschaftsminister und heutige INSM-Kuratoriumsvorsitzender Wolfgang Clement, der sich bereits als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen für die Fortsetzung der Steinkohlesubventionen und der Förderung großindustrieller Braunkohle-Projekte wie Garzweiler II einsetzte und bessere Konditionen beim Nationalen Allokationsplan (NAP) für Energiekonzerne und Industrie aushandelte. Dieser legte fest, wie viel CO2 die Industrie insgesamt künftig ausstoßen darf und wie diese Menge über Emissionszertifikate auf die einzelnen Kraftwerke und Fabriken verteilt wird.
Greenpeace reagierte mit einer Aktion und projizierte einen Totenkopf in die Abgaswolke des RWE-Kraftwerks und an einen Kühlturm mit dem Spruch „Kohle-Clement zerstört unser Klima„. Das war 2004 …. wir haben heute 2019! 2006 wechselte Clement zu RWE in den Aufsichtsrat und blieb dort bis 2016. Seit 2012 ist er für die INSM als Vorsitzender des Kuratoriums tätig.
Die Initiative neue soziale Marktwirtschaft INSM ist eine Lobbyorganisation deutscher Großunternehmen, die sich nach außen den Anschein von Unabhängigkeit und Überparteilichkeit gibt. Alleingesellschafterin der INSM GmbH ist die IW Medien GmbH, die wiederum eine 100 prozentige Tochter des IW Köln ist. Das IW Köln (früher Deutsches Industrie Institut DI) hat bereits seit der Gründung im Jahr 1951 als Trägervereine die beiden Wirtschaftsverbände BDI und BDA.
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt: Börsennotierte Aktiengesellschaften, deren größter Anteilseigner Fondsgesellschaften wie beispielsweise Blackrock sind, haben kein Interesse an Klimaschutz oder dem Allgemeinwohl. Das Unternehmensziel ist kurzfristige Gewinnmaximierung, um die Dividendenerwartungen der weltweit verteilten Anteilseigner erfüllen zu können.
– Die Autorin Tina Ternus, mehrfache Solarify-Autorin, ist Mitgründerin des photovoltaikbüros, das für Endkunden unabhängige Beratung und Monitoring anbietet, für Servicetechniker Schulungen durchführt sowie Fehleranalysen und Gutachten bei Mindererträgen erstellt. https://photovoltaikbuero.de/ –
->Quelle: pv-magazine.de/etikettenschwindel-der-insm-heute-ist-es-klimaschutz