Moderater CO2-Preis könnte Klimaziele einhalten helfen
Wie kann der deutsche Energiemarkt sinnvoll gestaltet werden, um CO2-Emissionen zu senken? Ist es effektiver, Erneuerbare Energien finanziell zu fördern oder CO2 zu besteuern? Diesen Fragen sind Forscher um den Kaiserslauterer Wirtschaftswissenschaftler Mario Liebensteiner nachgegangen. Sie haben dafür ein statistisches Modell entwickelt, mit dem sie relevante Daten zum Strommarkt in Deutschland mit denen in Großbritannien verglichen. Seit der Einführung einer CO2-Steuer nur für den Strommarkt sind dort die Emissionen zwischen 2012 und 2017 um rund 55 Prozent gesunken. Auch Deutschland könnte so seine Emissionen drastisch mindern, haben die Forscher berechnet, wie die Technische Universität Kaiserslautern am 19.08.2019 mitteilte.
Deutschland ist Teil des europäischen Handelssystems für Emissions-Zertifikate, dem European Union Emission Trading System, kurz EU ETS.
„Die Kosten, die hierbei pro Tonne Kohlendioxid entrichtet werden, sind jedoch weitgehend zu günstig, um Emissionen signifikant zu verdrängen. Sie lagen während unserer Untersuchung gerade einmal bei sieben Euro pro Tonne CO2 Effektive Klimapolitik sieht anders aus“, sagt Mario Liebensteiner vom Lehrgebiet für Ressourcen- und Energieökonomie an der Technischen Universität Kaiserslautern (TUK).
In der Folge gingen die Emissionen nicht zurück. Großbritannien sei vor ein paar Jahren neue Wege gegangen. Zusätzlich zu der EU-Abgabe habe das Land 2013 eine eigene CO2-Steuer für den Strommarkt eingeführt, die es im Laufe der Jahre zweimal angehoben habe.
„Alleine durch die effektive CO2-Bepreisung sind die gesamten Emissionen um rund 30 Prozent, die aus Kohle um etwa 50 Prozent gesunken“, so der Forscher weiter. Ursächlich dafür sei vor allem die Tatsache, dass es zu einer Verschiebung bei der Stromerzeugung gekommen sei. Seien zuvor Kohlekraftwerke stärker an der Einspeisung von Strom ins Netz beteiligt gewesen, seien es mittlerweile Gaskraftwerke. Diese setzten bis zu 60 Prozent weniger Kohlendioxid pro Kilowattstunde frei. Dieses Jahr habe es in Großbritannien sogar eine Woche gegeben, in der bei der Stromerzeugung komplett auf Kohle verzichtet werden konnte.
In Deutschland spielten Kohlekraftwerke bei der Energieproduktion hingegen immer noch eine wichtige Rolle. „Obwohl sich Deutschland die höchsten Pro-Kopf-Förderungen für erneuerbare Energien weltweit leistet, sind die Emissionen in den letzten Jahren nur leicht gesunken“, sagt Liebensteiner.
Die ökonomische Theorie sage eindeutig, dass Emissionen durch einen adäquaten Preis zu geringsten Kosten verdrängt werden könnten, wie es in Großbritannien der Fall sei. Subventionierungen wie bei den erneuerbaren Energien in Deutschland seien dagegen wesentlich teurer und wohl auch weniger effektiv.
In ihrer Studie hat Liebensteiner zusammen mit seinen beiden Kollegen Professor Klaus Gugler und Adhurim Haxhimusa von der Wirtschaftsuniversität Wien untersucht, ob dies wirklich der Fall ist, und ob sich diese Annahme auch mit Zahlen belegen lässt. Sie haben dazu mittels eines statistischen Modells und auf Basis relevanter Daten wie beispielsweise CO2-Preis, Preise für Gas und Kohle sowie Wind- und Solareinspeisung die Effekte auf CO2-Emissionen berechnet.
„In unserer Untersuchung verwenden wir zudem die direkt zurechenbaren Kosten der deutschen und britischen Klimapolitiken zusammen mit deren CO2-Verdrängungseffektivitäten“, erläutert Liebensteiner. „Damit können wir ermitteln, welche durchschnittlichen Kosten notwendig sind, um eine Tonne CO2 zu verdrängen.“
Demnach koste es in Deutschland bei einem Preis von 15 Euro pro Tonne CO2 lediglich 41 Euro, um eine Tonne Kohlendioxid zu verdrängen. „Damit ließen sich bereits 21 Prozent der täglichen Emissionen reduzieren“. Auf Basis der derzeitigen deutschen Subventionierung für Wind- und Solarenergie koste es durchschnittlich allerdings 204 Euro, um eine Tonne CO2 durch Windenergie zu verdrängen – für Solarenergie lägen die Kosten sogar bei 979 Euro. „Das liegt daran, dass Solarenergie in Deutschland ineffektiver ist, also weniger CO2 pro erzeugter Stromeinheit verdrängt, jedoch höher gefördert wird“, erläutert der Forscher von der TU Kaiserslautern.
Das britische System sei hingegen viel kostengünstiger und setzt marktbasierte Anreize. „Bei einem CO2-Preis von 36 Euro je Tonne kostet es nur noch 30 Euro, um eine Tonne CO2 zu reduzieren.“ Auch die Windenergie sei dort günstiger und effektiver, wobei ihre Kapazität weit unter der in Deutschland liege.
Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass auch in Deutschland ein moderater CO2-Preis helfen könnte, die Klimaziele einzuhalten. „Dies wäre günstiger als die derzeitige Subventionierung. Wir könnten in relativ kurzer Zeit bis zu 30 Prozent der Emissionen senken“, fasst der Wirtschaftswissenschaftler zusammen.
„Durch einen höheren Preis wird Kohlestrom teurer und Gaskraftwerke werden kosteneffektiver.“ Allerdings stehen in Deutschland derzeit weniger Gaskraftwerke zur Verfügung als in Großbritannien. „Ein CO2-Preis setzt aber auch langfristige Anreize, um Änderungen auf dem Strommarkt vorzunehmen“, so Liebensteiner weiter, „um etwa an neuen Technologien zu forschen.“
->Quelle und weitere Informationen: