Aber: An Kohleausstiegsgesetz gekoppelt – bisher kein Entwurf
Das Bundeswirtschaftsministerium hat einer Medienmitteilung zufolge am 21.08.2019 die Länder- und Verbändeanhörung für den Referentenentwurf für das Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen (StStG) eingeleitet und setzt damit die Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (Kohlekommission)“ um. Der VKU kritisert die „völlig unnötige Kopplung des Inkrafttretens des Strukturstärkungsgesetzes an die Verkündung des Kohleausstiegsgesetzes, für das bisher nicht einmal ein Entwurf vorliegt“. BEE und Greenpeace fordern, Strukturhilfen für den Kohleausstieg an den Erneuerbaren-Ausbau zu koppeln.
Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ hat der Bundesregierung im Januar einen Bericht vorgelegt, wie der schrittweise Ausstieg aus der Kohleverstromung mit konkreten wirtschaftlichen Perspektiven für die betroffenen Regionen verbunden werden kann. Die Bundesregierung hat die Empfehlungen der Kommission geprüft und am 22.05.2019 „Eckpunkte zur Umsetzung der strukturpolitischen Empfehlungen der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung für ein Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ vorgelegt. Aufbauend auf diesen Eckpunkten folgte jetzt der Referentenentwurf für das Strukturstärkungsgesetz. Mit dem Referentenentwurf für ein Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen (StStG) will das BMWi ein Signal zur Unterstützung der vom Ende der Kohleverstromung betroffenen Regionen setzen.
Zum einen erhalten die Braunkohleregionen bis zum Jahr 2038 Finanzhilfen von bis zu 14 Milliarden Euro für besonders bedeutsame Investitionen. Im Strukturstärkungsgesetz wird dafür die rechtliche Grundlage geschaffen, so dass die Finanzhilfen schnell fließen können. Von diesen Mitteln sind 43 % für das Lausitzer Revier vorgesehen, 37 % für das Rheinische Revier und 20 % für das Mitteldeutsche Revier. Die Regionen können mit den Finanzhilfen die Wirtschaft in unterschiedlichsten Bereichen ankurbeln, etwa mit wirtschaftsnaher Infrastruktur, der Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs, der Breitband- und Mobilitätsinfrastruktur oder beim Umweltschutz und der Landschaftspflege. Weitere Einzelheiten werden nun zügig in einer Verwaltungsvereinbarung mit den Braunkohleländern geregelt.
Zum anderen unterstützt der Bund die Regionen durch weitere Maßnahmen in seiner eigenen Zuständigkeit, etwa durch Erweiterung von Forschungs- und Förderprogrammen oder die Ansiedelung von Bundeseinrichtungen. Zudem will der Bund die Verkehrsinfrastrukturen der Regionen stärker und schneller ausbauen. Dabei wird ein neu geschaffenes hochrangiges Bund-Länder-Gremium unter Vorsitz des BMWi eine zentrale Rolle spielen, um einen zügigen Projektfluss zu gewährleisten. Ein neues Förderprogramm „Zukunft Revier“ soll die Regionen zudem bei konsumtiven, strukturwirksamen Ausgaben unterstützen. Dieses wird aktuell vom BMWi erarbeitet.
Das neue Mantelgesetz Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen besteht aus dem neuen Stammgesetz „Investitionsgesetz Kohleregionen“ und weiteren gesetzlichen Änderungen. Der Kern der Förderarchitektur besteht aus Finanzhilfen für Investitionen der Länder nach 104b GG und aus bundeseigenen Projekten. Zudem regelt das „Investitionsgesetz Kohleregionen“ die Hilfen für strukturschwache Standorte von Steinkohlekraftwerken und für das ehemalige Braunkohlerevier Helmstedt.
VKU: „Völlig unnötige Kopplung“
VKU-Hauptgeschäftsführerin Katherina Reiche hält den Referentenentwurf einerseits für „ein längst überfälliges Signal an die vom Strukturwandel betroffenen Menschen in den Braunkohleregionen und an den Steinkohlekraftwerksstandorten“, andererseits sieht sie den Effekt „durch eine völlig unnötige Kopplung des Inkrafttretens des Strukturstärkungsgesetzes an die Verkündung des Kohleausstiegsgesetzes, für das bisher nicht einmal ein Entwurf vorliegt, erheblich getrübt“. Der Kohleausstieg sei zwar Grund und Bedingung für die Gewährung der Strukturhilfen. Klar sei aber: „Die Strukturhilfen müssen dem Kohleausstieg zeitlich vorausgehen. Dies war auch die Prämisse des Kohlekompromisses. Dass zudem Strukturhilfen für ganze Bundesländer zurückgestellt werden sollen, wenn einzelne Stilllegungen nicht im vorgesehenen Umfang erfolgen, ist der falsche Ansatz. Wenn aus Gründen der Versorgungssicherheit ein einzelnes Kraftwerk etwas länger am Netz bleiben muss, dürfen nicht die Maßnahmen zur Bewältigung des Strukturwandels für die gesamte Region auf Eis gelegt werden.“
Weiter greifen nach Meinung von Reiche „einzelne Regelungen des Entwurfs viel zu kurz“. Denn es wäre „zielführend, wenn bereits das Gesetz eine prozentuale Aufteilung der Strukturhilfen für die betroffenen Gemeinden und Gemeindeverbände festlegt. Außerdem fehlt hier die Festlegung eines Basisjahres zur Ermittlung der wegfallenden Beschäftigung und Wertschöpfung. Nur so kann ein angemessener Mittelfluss sichergestellt werden. Das Gesetz sieht ein Bund-Länder-Gremium für eine bessere Koordinierung der Strukturhilfen vor. Für die zielgerichtete Verwendung der Strukturhilfen bedarf es aber der umfassenden Einbindung der Akteure vor Ort. Richtig wäre daher, eine Trägerinstitution zur Begleitung des Strukturwandels einzurichten, wie sie die Kommission ‚Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung‘ in ihrem Abschlussbericht empfohlen hat. Mit den lokalen Gegebenheiten vertraut, kann eine solche Institution einen effektiven Mitteleinsatz gewährleisten und den Strukturwandel über Jahrzehnte verlässlich begleiten.“
Folgt: BEE: Strukturumbauförderung mit Erneuerbare-Energien-Ausbau verbinden