Lesehinweis auf Die WELT – Schlögl: Energieautarkie falsches Ziel – aber Lösungen vorhanden
Deutschland setzt auf nachhaltige Energie. Doch Robert Schlögl warnt im WELT-Interview mit Wissenschafts-Chefkorrespondent Norbert Lossau: Den Bedarf mit Windrädern und Solaranlagen zu decken, sei schlicht unmöglich, Batterien seien eher ein Teil des Problems als der Lösung – und er skizziert, welche Lösungen wirklich helfen könnten: Synthetische Kraftstoffe aus Erneuerbaren Energien Nordafrikas und des Nahen Ostens.
Bisher stand bei der Energiewende die künftige sichere und bezahlbare Stromversorgung im Vordergrund. Erst in jüngster Zeit sei das Bewusstsein dafür gewachsen, dass auch in den Bereichen Verkehr und Gebäudeheizung umfangreiche Veränderungen notwendig sind, wenn das Ziel einer CO2-Neutralität erreicht werden solle, so Lossau. Professor Robert Schlögl, Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion (CEC) in Mülheim an der Ruhr, und Direktor am Berliner Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft, warnt davor, dass die Energiewende mit den derzeitigen Weichenstellungen scheitern werde.
Schlögl ist über die Wissenschaftsszene hinaus dafür bekannt, dass er Klartext redet – und, dass er sich verständlich ausdrücken kann. Entsprechend trocken beantwortet er Lossaus Eingangsfrage, ob die Energiewende gelingen könne: „So, wie wir die Dinge momentan angehen – sicher nicht“. Das deshalb, weil nach wie vor unter „Energiewende“ der Ersatz fossiler Kraftwerke durch Erneuerbare Energieträger verstanden werde. Doch so einfach sei es „leider nicht“. Aufgrund der Volatilität von Wind und PV seien „große Änderungen im System der elektrischen Energieversorgung erforderlich“. Ob die Speicherung denn keine Lösung sei? “ In der Theorie klingt das gut“, so Schlögl. „Doch in der Praxis ist das Speichern von elektrischer Energie alles andere als einfach. Batterien haben bezogen auf ihr Gewicht noch immer eine sehr kleine Kapazität. Zudem sind sie teuer und haben eine recht begrenzte Lebensdauer.“
Schlögl dämpft die Erwartungen in die Batterieforschung, die habe 150 Jahre auf der Stelle getreten, mit Ausnahme der sogenannten Lithiumionen-Batterien. Mit denen sei die Technologie aber jetzt nahezu ausgereizt. Das liege einfach an physikalischen Grenzen. Denn eine Batterie brauche für jedes zu speichernde Elektron mindestens ein weiteres ganzes Atom. Das aber mache Batterien notgedrungen schwer und nicht besonders effizient. Schlögl glaubt, die Batterieleistung sei höchstens verdoppelbar („um einen Faktor zwei leistungsfähiger“). Dann, sagt er, „ist das Ende der Fahnenstange erreicht“ nicht ohne darauf hinzuweisen, dass bislang jeder Kapazitätsgewinn immer auch die Lebensdauer verkürzt habe.
Ausweg synthetische Kraftstoffe
Also bietet der Chemiker einen Ausweg an: Synthetische Kraftstoffe, auch alternative Treibstoffe, Designer- oder E-Fuels genannt (siehe: solarify.eu/alternative-kraftstoffe-synthetische-treibstoffe-desinger-fuels-e-fuels). Sie können aus CO2 hergestellt und wie Benzin oder Diesel in herkömmlichen Motoren verbrannt werden. Ihr Energiegehalt ist genauso hoch wie der heute üblicher Kraftstoffe. Schlögl propagiert eine neue Art des Elektroantriebs: „Der Strom für diese Motoren sollte allerdings nicht aus einer Batterie kommen, sondern von einem besonderen Verbrennungsmotor, in dem synthetische Kraftstoffe verbrannt werden. Die Turbine versorgt eine kleine Batterie mit der Energie, die zum Betrieb des Elektromotors benötigt wird. Diese verglichen mit reinen Elektrofahrzeugen kleine Batterie kann überdies die beim Bremsen zurückgewonnene Energie aufnehmen.“ Dieser Antrieb werde bereits vielfach eingesetzt – „in praktisch allen großen Maschinen“. Wichtig beim Design der Treibstoffe: die rückstandsfreie Verbrennung.
Beim Thema Wasserstoff weist Schlögl auf Vor- und Nachteile hin: Vorteil sei, dass er nicht im Kreislauf geführt werden müsse. Denn „überall gibt es Wasser, aus dem Wasserstoff gewonnen werden kann; und überall gibt es Sauerstoff, den man zum Verbrennen von Wasserstoff braucht“. Nachteilig sei dagegen, dass es viel Energie brauche, um Wasserstoff hinreichend zu verdichten. Das verkompliziere Transport und Speicherung von Hochdruck-Wasserstoff.
Ob denn die für synthetische Treibstoffe nötigen Mengen in Deutschland überhaupt aus erneuerbaren Energiequellen produziert werden könnten, beantwortet Schlögl kategorisch: “ Auf gar keinen Fall. In Deutschland und ganz Mitteleuropa gibt es einfach nicht genug erneuerbare Energien, um den Bedarf an synthetischen Kraftstoffen zu decken. Die Grundidee der Energiewende, dass wir in Deutschland energieautark sein wollen, ist absolut unsinnig. Das ist allein von den Größenordnungen her schlicht unmöglich.“ Allerdings – und Schlögl zitiert die heute abgewandelte Desertec-Idee – könnten Länder des Südens mit ihrem gewaltigen Angebot an Sonnenenergie E-Fuel-Lieferanten werden. Schlögl: „Entsprechende Anlagen entstehen zum Beispiel bereits in Saudi-Arabien.“
->Quelle und komplettes interview: welt.de/Grundidee-der-Energiewende-absolut-unsinnig