Energiewende-Index 2019: Ziele werden nicht erreicht
Der Energiewende-Index untersucht seit 2012 den Status der Energiewende im Licht der drei Dimensionen des energiewirtschaftlichen Dreiecks: Klima- und Umweltschutz, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit. Insgesamt werden 14 Indikatoren analysiert und aktuell daraufhin bewertet, inwieweit sie ihre für 2020 geplanten Zielwerte im geplanten Zeitverlauf der Energiewende erreichen oder erreicht haben. Die Entwicklung sei nur bei Arbeitsplätzen und Industriestrompreisen positiv zu bewerten.
116 Mio. t CO2e über Ziel
Der aktuelle Index vom September 2019 liefert einen Gesamtüberblick über die Entwicklung aller Indikatoren seit Beginn der Untersuchungen. Mit 866 Mio. Tonnen lagen die CO2-Emissionen (gemessen in Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten – CO2e) 2018 trotz einer Reduktion um 4,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr immer noch 116 Mio. t über dem anvisierten Ziel von 750 Mio. t CO2e. Bisher hat McKinsey zufolge fast ausschließlich der Stromsektor – im Gegensatz zum Verkehrs- und Heizsektor – zu den Einsparungen beigetragen: im ersten Halbjahr 2019 minus 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Im Gegensatz dazu seien im Verkehrssektor die Emissionen seit 2012 von 153 Mio. auf 162 Mio. Tonnen CO2e (+6%) gestiegen. Hier habe die Zunahme des Pkw-Verkehrs (+5%) trotz geringerer Emissionen pro gefahrenen Kilometer (-3%) unterm Strich eine negative Bilanz bewirkt. In der Industrie habe sich der CO2e-Ausstoß von 180 Mio. auf 196 Mio. Tonnen (+9%) erhöht. Im Heizsektor wurden die Emissionen um 10% von 130 Mio. auf 117 Mio. Tonne CO2e reduziert.
Am langfristigen Trend ändere die vorübergehende, vor allem witterungsbedingte Verbesserung im Vorjahr nichts. McKinsey-Seniorpartner Thomas Vahlenkamp warnt: „Laufen die Emissionseinsparungen im gleichen Tempo weiter wie im vergangenen Jahrzehnt, werden die CO2e-Ziele für 2020 erst acht Jahre später erreicht und die Ziele für 2030 sogar erst 2046.“
Schlussfolgerung von McKinsey: Um den CO2e-Ausstoß substanziell zu senken, bedarf es neben weiteren Maßnahmen für mehr Energieeffizienz einer umfassenden Elektrifizierung von Verkehr, Wärme und Industrie, Stichwort „Sektorkopplung“. Nur so könnten auch diese Sektoren von der CO2e-freien Energieerzeugung durch Wind- und Solaranlagen profitieren.
Der beschlossene Kohleausstieg sieht die Abschaltung von 29 GW Kohlekapazität bis 2030 und weiteren 17 GW bis 2038 vor. In den nächsten zehn Jahren gehen somit im Zug des Atom- und Kohleausstiegs rund 43 Prozent der gesamten gesicherten Leistung des Jahres 2018 vom Netz. Ohne ausgleichende Maßnahmen ist die Versorgungssicherheit in Deutschland in Gefahr. Bis 2030 werden Modellrechnungen zufolge zusätzliche Kapazitäten von 17 GW benötigt, um die Stilllegungen zu kompensieren, um Schwankungen bei den Erneuerbaren auszugleichen und Spitzenlasten abzufedern. Sonst können schon ab Mitte des kommenden Jahrzehnts erste Engpässe auftreten, die sich bis 2030 verschärfen könnten.
Ohne Ausgleichsmaßnahmen drohen Versorgungsengpässe
Der beschlossene Kohleausstieg sieht die Abschaltung von 29 Gigawatt (GW) Kohlekapazität bis 2030 und weiteren 17 GW bis 2038 vor. „In den nächsten zehn Jahren gehen somit im Zuge des Atom- und Kohleausstiegs rund 43 Prozent der gesamten gesicherten Leistung des Jahres 2018 vom Netz“, stellt McKinsey-Experte Vahlenkamp fest. Ohne ausgleichende Maßnahmen sei die Versorgungssicherheit in Deutschland in Gefahr. Bis 2030 würden Modellrechnungen zufolge zusätzliche Kapazitäten von 17 GW benötigt, um die Stilllegungen zu kompensieren, um Schwankungen bei den Erneuerbaren auszugleichen und Spitzenlasten abzufedern. Sonst könnten schon ab Mitte des kommenden Jahrzehnts erste Engpässe auftreten, die sich bis 2030 verschärfen könnten.
Vor allem mit Blick auf 2023, wenn das letzte Atomkraftwerk abgeschaltet und voraussichtlich die erste Phase des Kohleausstiegs umgesetzt sein wird, gibt es McKinsey zufolge akuten Handlungsbedarf, da die reine Bauzeit eines einzelnen Gaskraftwerks 1,5 bis 2,5 Jahre beträgt – Planungs- und Genehmigungszeiten nicht eingerechnet.
Erneuerbaren-Zubau verstärken
Um keine Versorgungsengpässe zu riskieren, sollten daher die Erneuerbaren weiter ausgebaut werden, insbesondere der ins Stocken geratene Windenergieausbau. Zudem müssten neue flexible Kraftwerke errichtet oder vorhandene Kraftwerke als Reserve erhalten werden. Auch die Transportnetze müssten verstärkt werden. Doch gerade bei den Transportnetzen liegt Deutschland weit zurück. Bis zum ersten Quartal 2019 wurden nur 1.087 km der bis 2020 geplanten rund 3.600 km Stromtrassen fertiggestellt. Thomas Vahlenkamp: „Läuft der Netzausbau in diesem Tempo weiter, wird das Ziel für 2020 erst im Jahr 2037 erreicht.“
Nur 6 von 14 Indikatoren und Zielen positiv
Von den 14 Indikatoren und Zielen, die der Energiewende-Index von McKinsey regelmäßig erfasst, haben sich seit 2012 nur sechs insgesamt positiv bzw. stabil entwickelt: Der Anteil des Bruttostromverbrauchs aus Erneuerbaren Energien hat heute schon mit 37,8 Prozent das für 2020 anvisierte 35-Prozent-Ziel erreicht. Die Zahl der Arbeitsplätze in Erneuerbaren Energien ist nur leicht rückläufig und liegt recht stabil bei rund 338.000. Die Zahl der Arbeitsplätze in stromintensiven Industrien ist in den vergangenen sieben Jahren sogar um rund 130.000 auf 1,72 Mio. gestiegen. Auch die Industriestrompreise gingen seit 2014 zurück und lagen zuletzt nur noch 6,2 Prozent über dem europäischen Durchschnitt nach anfangs 14,2 Prozent. Im Zielkorridor sind zudem noch die Indikatoren „Ausfall Stromversorgung“ mit zuletzt 15,1 Minuten sowie die „Gesicherte Reservemarge“, die mit 4,7 Prozent die anvisierten 1,3 Prozent weit übertrifft.
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