Dünne Luft auf Windgipfel

BWE: Wichtigkeit für Energiewende bestätigt – Positive Signale aus Bund und Ländern – Kritik an Altmaier und am BWE

Energiewendeplakat am BMWi – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify

Hermann Albers forderte nach dem Windenergiegespräch im Bundeswirtschaftsministerium am 05.09.2019, die vorliegenden Vorschläge zur Beschleunigung der schleppenden Genehmigungsverfahren müssten jetzt schnell umgesetzt werden. Hans-Josef Fell übte Kritik am mageren Ergebnis und am Windverband. VKU-Chefin Reiche verlangte eine schnelle Einigung zwischen Bund und Ländern. Die DUH prangerte an, Altmaier habe vor allem Windkraftgegner zum Gipfel gebeten.

Albers nannte den derzeitigen Einbruch des Windenergie-Zubaus um mehr als 80 Prozent und den Rückgang der Baugenehmigungen „dramatisch“: „Die sich seit 2017 aufschaukelnden Probleme haben bereits zum Abbau von fast 35.000 Arbeitsplätzen geführt. Bund und Länder sehen sich in der Verantwortung, an einem Strang ziehen, um diesen Rückgang zu beheben. Dies hat das heute durch den Bundeswirtschaftsminister einberufene Windkraftgespräch deutlich gemacht. Vorschläge zur Beschleunigung der schleppenden Genehmigungsverfahren liegen auf dem Tisch und müssen noch diesen Herbst umgesetzt werden. Darüber waren sich die Teilnehmer des Gesprächs einig“, so Albers.

Kein Bekenntnisproblem, kein Erkenntnisproblem, aber ein Handlungsproblem

Fell: Kein Ende der Windkraftflaute

Nach dem Windgipfel von Wirtschaftsminister Altmaier zeichneten sich als Ergebnis „nur minimale Korrekturen bei der Frage nach der Bereitstellung von mehr Windkraftflächen“ ab, kritisierte EE-Experte Hans-Josef Fell die mageren Ergebnisse auf seiner Webseite. Eine Korrektur der verfehlten Umstellung im EEG auf Ausschreibungen werde es nicht geben. Nötig wäre neben mehr Flächen für Windgeneratoren eine Rückkehr zu „festen Einspeisetarifen zumindest für Investitionen unter 40 MW“.

Fell weiter: „Weder der Bundesverband Windenergie (BWE), noch andere Windkraftbefürworter haben eine fundamentale Korrektur des verheerenden EEG 2017 gefordert. Das EEG 2017, verantwortet von Minister Altmaier, hatte ja die Grundlage für den Einbruch der Windkraftinvestitionen geschaffen. Verursacher Altmaier wurde dafür nicht zur Rechenschaft gezogen, dass er mit dem Wechsel zu Ausschreibungen die einst blühenden und Akzeptanz schaffenden Bürgerenergieprojekte erstickt hat. Er wurde auch nicht zur Verantwortung gezogen dafür, dass das Ausschreibungsvolumen viel zu klein ist, um wirksamen Klimaschutz und eine Umstellung auf 100% Erneuerbare Energien herbeizuführen.

Klimaschutz war Verlierer des Windgipfels

Dabei sind die wissenschaftlichen Belege, dass Ausschreibungen die Bürgerenergien und damit den Löwenanteil der Investitionen blockieren, längst vorgelegt. Auch weltweit zeigt sich in verschiedenen Analysen, dass die Länder, die dem fatalen deutschen Beispiel der Umstellung auf Ausschreibungen folgten ebenfalls mit Einbrüchen in den Investitionen zu kämpfen haben.“

Die Energy Watch Group (EWG) habe erst Anfang dieses Jahres eine aktualisierte Studie dazu vorgelegt, in die auch viele andere Erkenntnisse z.B. vom Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Potsdam oder dem internationalen Verband für Windenergie (WWEA) eingeflossen seien. Letztere habe erst vor wenigen Tagen eine neue Analyse vorgelegt, die besage dass die Bundesregierung alle selbst genannten Ziele mit der Umstellung auf Ausschreibungen verfehlt habe.

Warum selbst der Bundesverband Windenergie (BWE) nicht fordere, zu den festen Einspeisetarifen zurückzukehren. Er selbst trage damit mit einen Teil der Verantwortung dafür, dass es auch in den nächsten Jahren zu wenig Investitionen in die Windkraft geben wird.

„Natürlich ist es zentral zu fordern, dass mehr Flächen für Windenergie bereitgestellt werden müssen. Angesichts der Klagen von Windkraftgegnern, Naturschutzverbänden – allen voran dem NABU – und länderspezifischen Blockaden, wie die bayrische 10H Regelung oder überzogene Regelungen bei der Flugsicherung gibt es zu wenig Windkraftflächen. Das muss selbstverständlich korrigiert werden. Aber was nützen mehr Flächen, wenn das Ausschreibungsvolumen nicht erhöht wird und mit fehlenden bürgerlichen Investitionen vor Ort keine Akzeptanz geschaffen wird. Die hohe Akzeptanz wird mit bürgerlichen und genossenschaftlichen Investitionen und fairen kommunalen ‚Windpakten‘ geschaffen, die die Kommunen in die Einnahmen aus der Windkraft vor Ort einbinden.“

Vielleicht gebe es nach dem Windgipfel etwas mehr Windflächen. Diese würden dann von Investoren aus der Großfinanz belegt, und das nur zu einem geringen Teil, weil die Ausschreibungen nur ihnen die ökonomischen Teilhabebedingungen lieferten. Das Ausschreibungsvolumen bleibe dadurch als viel zu niedriger Deckel erhalten. Fell: „Einzelne Feigenblattprojekte für Genossenschaften wird es vielleicht auch geben, wenn innerhalb des Ausschreibungsdesigns die Bedingungen für Bürgerenergie etwas verbessert werden. Aber so wird nicht die notwendige Dynamik für Bürgerenergien entstehen, die wir für wirksamen Klimaschutz benötigen, etwa um in 10 GW Windkraft pro Jahr zu investieren. Außerdem wird auch der Widerstand von Windkraftgegnern nicht abnehmen, weil die Großfinanz als maßgeblicher Akteur des Windausbaus dominant bleibt. Die zwingend erforderliche Abschaffung der Ausschreibungen unterhalb 40 MW wird es nicht geben, da sie von niemandem auf dem Windgipfel in das Zentrum der Forderungen gestellt wurden. Der Klimaschutz war klar der Verlierer auf dem Windgipfel.“

VKU-Hauptgeschäftsführerin Reiche: „Klimakabinett muss aktiv werden“

„Die Gespräche im Bundeswirtschaftsministerium waren konstruktiv. Sie haben die Komplexität der Herausforderungen noch einmal verdeutlicht und haben klar gezeigt, welche Aufgaben die Bundesregierung jetzt vor sich hat“, erklärte VKU-Hauptgeschäftsführerin Katherina Reiche:

„Dazu gehören unter anderem

  1. Eine schnelle Einigung des Bundes mit den Ländern über verbindliche Flächenfestlegungen
  2. Eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren insgesamt, vor allem aber eine Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens für Repowering-Anlagen
  3. Eine Neubewertung der Abstände von Windkraftanlagen zu den Funkanlagen der Deutschen Flugsicherung

Die Bundesregierung muss jetzt vom Gesprächs- auf den Handlungsmodus umstellen. Ich empfehle, bereits erste Maßnahmen für die Windenergie im Rahmen des Klimakabinetts zu diskutieren. Es bestand auf dem Gipfel große Einigkeit über die Bedeutung der Windenergie beim Klimaschutz. Wenn wir die Klimaziele erreichen wollen, ist ein zügiger Ausbau der Windenergie notwendig. Auch die Kohlekommission hat in ihrem Bericht deutlich gemacht: Das Erreichen des 65% EE-Ziels ist eine notwendige Voraussetzung für die Reduzierung der Kohleverstromung. Denn klar ist: Wer aussteigt, muss auch sagen wo er einsteigen will. Das Bundeswirtschaftsministerium schreibt gerade an einem Kohleausstiegsgesetz. Es muss nun auch die Probleme im Windenergiebereich anpacken und Lösungen liefern. Nur so kann der Windenergieausbau aus der Flaute kommen und schnell wieder an Fahrt aufnehmen.“

Deutsche Umwelthilfe fordert Neustart für Windenergie

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) forderte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier auf, die Windenergie weiter als Chefsache zu behandeln. Als wichtigste Quelle für regenerative Energie in Deutschland muss dem Ausbau der Windenergie höchste Priorität eingeräumt werden. Die Fehlentwicklungen der vergangenen Jahre müssen dringend korrigiert werden, damit die Ausbauzahlen mit dem zunehmenden Bedarf an erneuerbarem Strom Schritt halten können. Dafür sind beispielsweise bundeseinheitliche Vorgaben für die Flächenausweisung und die Artenschutzprüfung notwendig.

Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Der Windgipfel hat nicht den gewünschten Durchbruch geliefert. Minister Altmaier muss nun am Ball bleiben und schnell Gesetzesänderungen auf den Weg bringen, um die Rahmenbedingungen für den Windausbau zu verbessern. Die konkreten Probleme bei Planung und Genehmigung müssen schnell gelöst werden. Wenn die Windenergie die Basis unserer Energieversorgung werden soll – und eine Alternative ist mir nicht bekannt – müssen wir auch sagen, wo und wie die Anlagen gebaut werden können.“

Beim Windgipfel hat das ausrichtende Bundeswirtschaftsministerium neben den Wirtschaftsverbänden der Branche und den Bundesländern vor allem Windkraftgegner eingeladen. Umweltverbände wie die DUH, die für einen weiteren Ausbau der Windenergie eintreten, hat das Wirtschaftsministerium nicht zu Wort kommen lassen.

Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH: „Minister Altmaier darf sich nicht von den Gegnern der Windenergie treiben lassen. Er darf auch nicht die Verantwortung an die Länder oder an andere Akteure abschieben. Der Minister muss nun Führungsstärke zeigen: Bund und Länder müssen sich auf eine gemeinsame Flächenstrategie einigen, Repowering bestehender Anlagen muss ermöglicht werden und pauschalen Abstandsregeln muss eine Absage erteilt werden. Für den Klimaschutz ist Windenergie systemrelevant. Ohne einen weiteren und schnellen Ausbau wird die Bundesrepublik ihre Klimaziele verfehlen.“

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