Haushaltsrede Altmaiers
In seiner Rede zum Haushalt 2020 vor dem Bundestag bezeichnete Bundeswirtschaftsminister Altmaier am 10.09.2019 den Zustand der deutschen Wirtschaft als gut und nannte die sich abzeichnende Flaute außenwirtschaftlich bedingt. Zum Thema Strukturwandel in den Braunkohleregionen brachte Altmaier eine Art Abschreibungsmöglichkeit für Investitionen ins Spiel, über die nun diskutiert werden solle. Die Beschlüsse im Rahmen des Klimakabinetts stünden noch aus, deswegen hätten diese Aspekte nicht im Haushalt berücksichtigt werden können. Er sprach sich für eine sozialverträgliche Energiewende zur Senkung von Netzentgelten, Strompreisen und EEG-Umlage, schließlich für eine Bürgerstiftung aus. Solarify dokumentiert Altmaiers Rede.
„Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Wir haben in den letzten Wochen und Monaten nicht nur gute Nachrichten zur konjunkturellen Entwicklung bekommen. Aber es liegt mir sehr daran, noch einmal zu unterstreichen: Was wir an rückläufigem Wachstum, an enttäuschenden Zahlen erlebt haben, das ist zum überwiegenden Teil außenwirtschaftlich bedingt. Das hängt damit zusammen, dass weltweit in vielen Bereichen Handelskonflikte die Wirtschaftsbeziehungen belasten. Was die deutsche Wirtschaft angeht, insbesondere den Mittelstand, die vielen Hidden Champions, die Handwerksunternehmen und viele andere, im Baugewerbe, aber auch in weiteren Bereichen: Dort ist die Wirtschaftsleistung nach wie vor gut, findet nach wie vor Wachstum statt. Deshalb sage ich: Ich bin stolz auf diese Leistung, die jetzt zehn Jahre in Folge von den mittelständischen Unternehmen in Deutschland erbracht wird.
Wenn wir nicht wollen, dass aus der Wachstumsschwäche, aus der Wachstumspause, die wir im zweiten Quartal erlebt haben, eine Delle in der wirtschaftlichen Entwicklung wird, wenn wir wollen, dass der Aufschwung sich auch im zehnten und elften Jahr fortsetzt, dann dürfen wir die Krise jetzt nicht herbeireden, und dann müssen wir der Wirtschaft jetzt Signale geben, die das Vertrauen stärken, die Investitionskräfte freisetzen und dafür sorgen, dass sich unternehmerisch denkende Menschen ermutigt fühlen.
Wir haben in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland in den letzten 40 Jahren mehrfach solche Momente gehabt. Otto Graf Lambsdorff hat die Bedeutung von Wirtschaft und Wachstum 1982 mit seinem Thesenpapier in den öffentlichen Diskurs gerückt. Auch der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte den Mut, mit der Agenda 2010 auch vielen in den eigenen Reihen unbequeme Wahrheiten zu sagen. Ich meine, es ist auch jetzt wieder an der Zeit, dass wir uns darüber verständigen, was geschehen muss, damit die Anzahl der Arbeitsplätze dauerhaft hoch bleibt, damit in die Zukunft investiert wird und damit die Wirtschaft nachhaltig wächst.
Ich habe mit einigen von Ihnen hier, von der Opposition vor allen Dingen, im letzten Jahr diskutiert, wann endlich die Mittelstandsstrategie des Bundeswirtschaftsministeriums kommt, die ich 2018 in der Tat angekündigt hatte. Wir haben die Eckpunkte dieser Strategie im August vor meiner Mittelstandsreise präsentiert. Ich kann sagen: Ich habe aus allen Teilen des Landes, von allen Verbänden, von allen Betroffenen dafür ein hohes Maß an Unterstützung bekommen. Die Menschen fühlen sich ermutigt, weil deutlich wird, dass wir ihnen nicht immer mehr wegnehmen, sondern dass wir ihnen auch etwas zurückgeben wollen, weil wir die Themen ansprechen, die die Menschen umtreiben. Deshalb: Geben Sie sich heute einen Ruck und sagen Sie auch einmal etwas Positives über die Politik dieser Bundesregierung! Die Wählerinnen und Wähler werden es Ihnen danken.
Wir haben ja in den letzten Monaten einiges auf den Weg gebracht. Wir haben bei der steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung einen neuen Weg beschritten. Ich hätte mir gewünscht, dass wir noch ein bisschen mutiger herangegangen wären. Die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung ist ein Instrument, das vor allem mittelständischen Unternehmen zugutekommt. Wir werden sie so ausgestalten, dass von der Auftragsforschung gerade die Mittelständler, die keine eigenen Abteilungen für Forschung und Entwicklung haben, profitieren.
Wir sind dabei, beim Soli einen ersten Schritt zur Entlastung von vielen, vielen Bürgerinnen und Bürgern in Deutschland in der Größenordnung von über zehn Milliarden Euro zu machen. Aber ich sage auch – auch wenn es im Bundeskabinett, in der Bundesregierung im ersten Anlauf noch nicht möglich war, dazu einen Konsens zu erzielen –: Aus Sicht des Bundeswirtschaftsministers brauchen wir Klarheit, wann der Soli für alle und endgültig ausläuft. Dass wir uns dabei an den Realitäten orientieren, dass wir eine solide Haushaltsführung nicht gefährden, das versteht sich von selbst. Aber ich würde mir wünschen, dass wir im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch einmal darüber nachdenken, was notwendig ist, um diese Planungssicherheit zu erzielen.
Wir haben mit dem Bundesfinanzminister in den letzten Monaten darüber gesprochen, dass es notwendig ist, die Personengesellschaften zu entlasten, dass es notwendig ist, für den Fall, dass Geld im Unternehmen investiert wird und dort bleibt, bessere und günstigere Regelungen im steuerlichen Bereich zu schaffen. Der Bundesfinanzminister hat sich dazu öffentlich geäußert, deshalb kann ich das hier sagen. Ich würde mir jedoch wünschen, dass wir schnell und zügig zu einem Konzept kommen, das in der Öffentlichkeit vorgestellt werden kann, weil auch davon für viele Unternehmerinnen und Unternehmer ein Anreiz ausgehen würde, Gewinne im Unternehmen zu belassen und nicht für konsumptive Zwecke zu verwenden.
Folgt: Einstieg in umfassende Körperschaft- und Unternehmenssteuerreform