Immer noch Abschalteinrichtungen bei VW?

FAZ: „An den Haaren herbeigezogen“

Die FAZ hat ihre eigene Lesart: „Pünktlich zum Beginn der Automesse IAA wartet die ARD mit einem vermeintlichen Skandal auf: VW betrüge auch bei den neuesten Diesel-Modellen. Der Bericht freilich ist an den Haaren herbeigezogen.“ FAZ-Wirtschaftskorrespondent Carsten Germis nannte die Berichterstattung am 13.09.2019 „inszeniert“.

„Wenn die ARD auch bei anderen Themen so gründlich ‚recherchiert‘ wie in diesem Fall“, so Germis – dann macht sich Journalismus in Deutschland langsam überflüssig. Gesinnung und Manipulation der Öffentlichkeit kommen daher in einem Gewand, das sich nur noch den Schein der Fakten gibt. ‚Kein Fahrzeug mit dem Dieselmotor EA288 nach dem heutigen Abgasstandard EU6 in EU28 enthält eine Zykluserkennung‘, erklärte VW auf Nachfrage, nachdem die ARD online gegangen war. Auch der SWR dürfte im Zuge seiner Recherche in Wolfsburg nachgefragt haben. Nur: Was so technisch klingt, ist ein klares Dementi. Auch von den Behörden folgten die harten Dementis und kein weichgespültes Blabla“.

VW-Transparent „Wir brauchen Euch“ – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify 11.11.2015

Neues Urteil im Diesel-Abgasskandal: VW wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung zu Schadensersatz verpflichtet

Das Oberlandesgericht Hamm hat entschieden, dass die Volkswagen AG der Käuferin eines gebrauchten VW-Beetle wegen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung als Schadensersatz den Kaufpreis und bezahlte Darlehensraten unter Abzug einer Nutzungs­ent­schädigung zahlen und sie von noch zu erbringenden Kreditraten freistellen muss.

Die klagende Kundin hatte für 17.990 Euro im November 2016 bei einem VW-Vertragshändler in Bochum einen erstmals im November 2014 zugelassenen VW-Beetle Cabrio 1.6 TDI gekauft. Sie leistete eine Anzahlung von 1.400 Euro und finanzierte den Restbetrag durch ein Darlehen bei der Volkswagen Bank. In dem Fahrzeug eingebaut ist ein Dieselmotor mit der herstellerinternen Typenbezeichnung EA 189. Der Motor ist von der Volkswagen AG mit einer Software ausgestattet worden, die den Stickoxidausstoß im Prüfstandbetrieb (sogenannter „Modus 1“) reduziert. Nur aufgrund dieser Software, die erkennt, dass das Fahrzeug einem Prüfstandtest unterzogen wird, hält der Motor während dieses Tests die gesetzlich vorgegebenen und im technischen Datenblatt aufgenommenen Abgaswerte ein. Unter realen Fahrbedingungen im Straßenverkehr wird das Fahrzeug anderweitig mit einer geringeren Abgasrückführungsrate und damit höherem Stickoxidausstoß betrieben (sogenannter „Modus 0“). Im Januar 2017 ließ die Klägerin ein von der Volkswagen AG angebotenes Software-Update ausführen, das dafür sorgen sollte, im Normalbetrieb die öffentlich-rechtlichen Grenzwerte einzuhalten.

Die Klägerin verlangte Schadensersatz und machte u. a. geltend, dass sie den VW-Beetle nicht gekauft hätte, wenn sie von der Manipulation der Abgaswerte gewusst hätte. Das Landgericht Bochum wies die Klage ab, denn es war der Auffassung, dass der klagenden Kundin kein Schadensersatzanspruch zustehe, weil beim Erwerb des Fahrzeugs sämtliche Umstände des Vorgehens der Volkswagen AG im Rahmen des Abgasskandals durch umfangreiche Berichterstattung allgemein bekannt gewesen seien.

Dieser Auffassung schloss sich das Oberlandesgericht Hamm nicht an und gab auf die Berufung der Klägerin ihrem Schadensersatzbegehren überwiegend statt. Die Klägerin könne – so das Oberlandesgericht – wegen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung von der Volkswagen AG nach den §§ 826, 31 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den für den Erwerb des VW-Beetle verauslagten Kaufpreis und aufgewendete Darlehensraten (abzüglich einer Nutzungsentschädigung) sowie Freistellung von noch zu zahlenden Kreditraten gegen Rückgabe des VW-Beetle verlangen. Die Volkswagen AG habe durch das Inverkehrbringen eines Fahrzeugs mit der manipulierten Motorsteuerungssoftware ihre Kundin getäuscht. Sie hätte davon ausgehen können, dass der Einsatz ihres Pkw im Straßenverkehr entsprechend seinem Verwendungszweck uneingeschränkt zulässig sei, zumal er über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis verfügt habe. Eine solche habe der VW-Beetle allerdings schon deshalb nicht gehabt, weil die installierte Motorsteuerungssoftware eine „Umschaltlogik“ enthalten habe, die als unzulässige Abschalteinrichtung zu qualifizieren sei.

Täuschung durch VW sittenwidrig

Durch diese Täuschung habe die Klägerin einen Vermögensschaden erlitten. Soweit die Volkswagen AG in der mündlichen Verhandlung erstmals behauptet habe, die Klägerin sei bei den Vertragsverhandlungen ausdrücklich darauf hingewiesen worden, das von ihr zu erwerbende Fahrzeug sei von dem Abgasskandal betroffen, könne das Oberlandesgericht diesen Vortrag in der Berufungsinstanz nicht mehr berücksichtigen. Die Täuschung durch die Volkswagen AG sei zudem sittenwidrig. Als Beweggrund für das Inverkehrbringen des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs komme allein eine angestrebte Kostensenkung und Gewinnmaximierung durch hohe Absatzzahlen in Betracht. Dabei habe die Volkswagen AG in Kauf genommen, nicht nur ihre Kunden, sondern auch die Zulassungsbehörden zu täuschen und sich auf diese Weise die Betriebszulassung für die von ihr manipulierten Fahrzeuge zu erschleichen. Das Oberlandesgericht nahm auch an, dass der Vorstand der Volkswagen AG umfassende Kenntnis von dem Einsatz der manipulierten Software gehabt und die Erstellung und das Inverkehrbringen der mangelhaften Motoren veranlasst habe,so  dass diese unverändert und ohne entsprechenden Hinweis an Kunden veräußert wurden. Es wäre an der Volkswagen AG gewesen, entgegenstehende Umstände konkret darzulegen, was diese nicht getan habe.

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