Im Wortlaut: Pressekonferenz nach Sitzung des Kabinettsausschusses Klimaschutz in Berlin
Am 20.09.2019, nach der Verabschiedung des Klimaprogramms 2030 der Bundesegierung gaben Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Bundesminister Olaf Scholz und Annegret Kramp-Karrenbauer, die Ministerpräsidenten Maria Luise Dreyer und Markus Söder, der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Ralph Brinkhaus, der kommissarische Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Rolf Mützenich und der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Alexander Dobrindt, eine Pressekonferenz. Solarify dokumentiert den Wortlaut.
BK’IN DR. MERKEL: Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie zur Pressekonferenz begrüßen. Wir sitzen hier als Koalitionsausschuss. Ich begrüße aber auch die Ministerinnen und Minister, die natürlich auch sehr wesentlich zu den Ergebnissen des heutigen Tages beigetragen haben. Hinter uns allen liegen sehr arbeitsreiche Stunden. Wir haben eben im Kabinettsausschuss Klimaschutz unsere Beschlüsse zur Erreichung der Klimaziele 2030 und dann auf längere Sicht auch bis 2050 gefasst.
Wir haben diesen Ort nicht nur wegen des Namens „Futurium“ gewählt. Beim Hereingehen ist Ihnen vielleicht aufgefallen, dass uns eine Installation ganz dominant zeigt, wie die Menschheit in den letzten 200 Jahren und in den Jahren der Industrialisierung ihren Fußabdruck auf der Welt durch einen immer größeren Ressourcenverbrauch hinterlassen hat. Diese Installation ist so etwas wie das Symbol für eine Aufgabe, die vor uns liegt und die wir in den nächsten Jahren bewältigen müssen, um unseren Kindern und Enkelkindern ein zukunftsfrohes Leben zu hinterlassen. Wir leben heute nicht nachhaltig. In einem Aspekt leben wir nicht nachhaltig; das betrifft vor allen Dingen die Frage der Erderwärmung.
Bevor ich Ihnen einige aus meiner Sicht sehr wesentliche Ergebnisse vorstelle, möchte ich eine persönliche Vorbemerkung machen, weil mich, wie wahrscheinlich auch viele von Ihnen und auch viele von denen, die sich heute außerhalb dieses Hauses für Klimaschutz einsetzen, eine Frage beschäftigt. Wir haben uns für das Jahr 2020 vorgenommen, unsere CO2-Emissionen um 40 Prozent zu reduzieren. Wir müssen aber mit großer Wahrscheinlichkeit sagen, dass wir dieses Ziel, das wir uns 2007 vorgenommen haben, leider nicht erfüllen werden. Das beschäftigt mich, das beschäftigt viele andere.
Was bedeutet das jetzt mit Blick auf die neuen Ziele, die wir uns vorgenommen haben, bei denen es bis 2030 um eine Reduktion von 55 Prozent der klimaschädlichen Gase geht?
Ich verstehe diejenigen, die sagen: Wer soll euch das nun glauben, dass ihr das das nächste Mal wirklich schafft? Wir glauben nicht so richtig daran; denn ihr habt uns das schon für 2020 zugesagt. – Deshalb haben wir alle uns im Vorfeld unserer heutigen Entscheidung sehr intensiv mit der Frage befasst: Wie kann man aus einem gut gemeinten Ziel auch eine gut gemachte Zielerfüllung machen? – Das ist das, was sich durch die Beschlüsse zieht, die wir heute gefällt haben. Ich glaube, das ist etwas, was auch mit Recht eingefordert wird, nämlich dass wir Konsequenzen aus der Tatsache gezogen haben, dass wir es einmal nicht schaffen, das zu erreichen, was wir uns vorgenommen haben.
Dafür ist der Mechanismus, den wir heute beschlossen haben, sehr wichtig, nämlich dass der Kabinettsausschuss Klimaschutz jetzt nicht seine Arbeit beendet, sondern dass er weiter existieren wird, und dass wir immer wieder, Jahr für Jahr, entsprechend den Vorgaben, die wir zu erfüllen haben, bewerten und schauen, ob wir die Ziele erreichen oder nicht, auch unterstützt von einem Rat von Experten. Dann entscheiden wir sehr zeitnah: Was muss geschehen? Wie muss nachgesteuert werden? Welche neuen Dinge müssen wir vielleicht noch aufnehmen? Was müssen wir besser machen?
Dieser Mechanismus ist so etwas wie eine Garantie dafür, die Ziele Schritt für Schritt zu erreichen. Natürlich werden wir auch auf diesem Wege wieder lernen müssen. Es ist sehr schwierig, für die nächsten elf Jahre vorauszusagen, wie sich die Wirtschaft entwickelt, wie schnell sich Technologien durchsetzen und wie schnell bestimmte Entwicklungen eintreten. Ich glaube aber, wir sind dazu aufgefordert, gerade auch mit Blick auf die vielen jungen Leute weltweit, die mit Recht einfordern, dass wir etwas dafür tun, dass auch sie gute Lebenschancen haben.
Was mich beeindruckt – das sage ich jetzt einmal als Naturwissenschaftlerin -, ist, wenn Greta Thunberg sagt: „Unite behind the science.“ Es ist nicht so, dass wir hier irgendetwas Ideologisches machen, sondern wir machen etwas, wofür es so massive Evidenzen gibt, dass wir dagegen handeln müssen. Wer diese Evidenzen, wer diese wissenschaftlichen Meinungen ignoriert und sagt: „Wir werden schon irgendwie durchkommen“, der handelt, glaube ich, nicht zukunftsgerecht. Das ist das, was uns geleitet hat.
Nun werden Sie fragen, was wir jetzt die vielen Stunden und schon die vielen Stunden vorher getan haben. Ich darf Ihnen sagen, dass das ein Beispiel für das ist, was Politik ist. Das unterscheidet Politik von Wissenschaft und auch von ungeduldigen jungen Menschen. Politik ist das, was möglich ist. Diese Möglichkeiten haben wir ausgelotet, mit unterschiedlichen Herkünften und mit unterschiedlichen Schwerpunkten in unserer Arbeit.
Für mich ist sehr wichtig, dass sich durch dieses Papier, das wir Ihnen heute vorlegen, zieht, dass wir daran glauben, dass wir die Ziele erreichen können, dass wir dafür wirklich die Grundlagen gelegt haben und dass wir dafür auch die Mechanismen haben. Ich habe auf den Monitoringmechanismus hingewiesen.
Aber wir haben auch einen zweiten Mechanismus eingesetzt, am Anfang zugegebenermaßen sehr langsam, dann aber ansteigend. Das ist das Signal des Preises für CO2. Warum setzen wir auf dieses Signal des Preises? – Weil wir glauben, dass Innovation so gefördert wird. Wir als Politiker können nicht in allen Bereichen genau wissen: Wo entstehen neue Dinge? Wo gibt es kreative Ideen? Wie können sich Technologien verändern? – Wir gehen Schritt für Schritt über das nächste Jahrzehnt wir gehen hier bis zum Jahr 2026 und werden im Jahr 2025 überprüfen, wie wir weiter verfahren im Rahmen eines Zertifikatesystems, das am Anfang natürlich kein marktwirtschaftlicher Mechanismus ist und sich erst schrittweise dahin entwickelt, den Weg des Preises.
Dieses Preissignal ist wichtig. Aber dies weckt natürlich auch berechtigte Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger, dass man das dann wieder kompensiert, und zwar insbesondere da, wo sich soziale Schwierigkeiten einstellen. Das tun wir in verschiedenen Bereichen, zum Beispiel bei der Senkung des Strompreises oder aber auch bei der Pendlerpauschale im Zusammenhang mit dem Weg zur Arbeit.
Wir haben einen weiteren großen Block. Da gehen wir in die verschiedenen Bereiche. Das wird oft als eine Vielzahl von Maßnahmen dargestellt, die vereinzelt dastehen. Dem möchte ich ausdrücklich widersprechen, weil wir in den großen Bereichen gerade der Sektoren, in denen wir unsere Ziele nicht erreicht haben das sind der Gebäude- und der Verkehrsbereich , eine Vielzahl von Ansätzen und Anreizen haben, dass sich Menschen umweltfreundlicher verhalten. Ich will das alles jetzt hier nicht im Einzelnen darstellen.
Die Summe dieser Maßnahmen wird das Preissignal unterstützen und uns dann auf einen Pfad führen, auf dem Menschen Schritt für Schritt ihr Verhalten ändern nicht indem sie auf Wohlstand verzichten, sondern indem sie die soziale Marktwirtschaft mit der ökologischen Komponente verbinden.
Insgesamt darf ich sagen, dass wir hier sozusagen in breiter Front gearbeitet haben und dass aus meiner Sicht die Chancen dafür, dass wir unsere Ziele besser als bei den 2020er-Zielen erreichen, sehr groß sind. Sie sind gewachsen. Wir werden alles daransetzen, dass wir, wenn wir unseren Zielpfad einmal nicht erreichen, sofort korrigieren und weitere Maßnahmen ergreifen. Aber jetzt müssen wir erst einmal beginnen.
Deshalb freue ich mich auch auf die zukünftige Arbeit, die sicherlich nichtleichter werden wird als das, was wir in den letzten Stunden hinter uns gebracht haben. Ich darf Ihnen sagen: Es war intensiv. Es war aber konstruktiv. Es hat manchmal auch Freude gemacht, um den richtigen Weg zu ringen.
BM SCHOLZ: Wenige Meter von uns demonstrieren viele Tausende für mehr Klimaschutz. Fridays for Future hat uns alle aufgerüttelt und in Erinnerung gerufen, dass wir jetzt Schritte gehen müssen, die wir in den vergangenen Jahren nicht gegangen sind. Am Anfang muss immer selbstkritisch gesagt werden: Wir haben in der Vergangenheit für den Klimaschutz nicht genug erreicht. Der Ausstoß von CO2 sinkt nicht schnell genug. Wir haben also allen Anlass zu handeln.
Das ist eine große Aufgabe. Vielleicht ist die Größe der Aufgabe auch der Grund dafür gewesen, dass der eine oder andere zurückgeschreckt ist, das Richtige und Notwendige zu tun. Aber jetzt kann das nicht mehr so sein. Wir müssen mit mehr Entschlossenheit handeln. Wir brauchen mehr Engagement und ganz bestimmt auch die notwendige Ernsthaftigkeit.
Mit dem Klimaschutzpaket machen wir jetzt ernst. Dabei wird ein neuer Weg beschritten, der viele Aspekte umfasst, insbesondere massive Investitionen in den Klimaschutz. Allein bis 2023 geht es um mehr als 54 Milliarden Euro. Das ist eine große Menge. Wir glauben schon, dass in dieser Hinsicht viel doch viel hilft und wir damit vieles auf den Weg bringen können, was auch einen sozial ausgewogenen Klimaschutz möglich macht.
Wir haben uns auch vorgenommen, dass wir die Dinge nicht nur auf den Weg bringen, sondern dass wir das auch die ganze Zeit über miteinander betrachten, dass wir ein Monitoring durchführen und dass wir im Rahmen des Klimaschutzgesetzes schauen: Wie weit sind wir gekommen? Wie weit sind die einzelnen Sektoren vorangeschritten? Was ist zu tun, damit wir die Ziele dann auch tatsächlich erreichen? Es soll ja nicht so sein wie die letzten Male, sondern dieses Mal soll es gut funktionieren und deshalb immer wieder nachgeschärft werden, wenn dies notwendig ist.
Was wir hier tun, sichert Arbeitsplätze. Es geht darum, dass wir den Klimawandel als Chance nutzen, unsere Wirtschaft zu modernisieren und viele zukunftsträchtige neue Arbeitsplätze zu schaffen. Natürlich sorgen wir auch dafür, dass alle ihre Verantwortung wahrnehmen. Ich glaube, dass das eine große Chance ist, die wir jetzt vor uns haben, wenn wir unsere Energie sauberer machen, nachhaltiger werden und gleichzeitig dafür sorgen, dass alles bezahlbar bleibt.
Die wichtigste Entscheidung haben wir schon getroffen, nämlich aus der Kohleverstromung auszusteigen. Nachdem wir uns vor einigen Jahren vorgenommen hatten, aus der Nutzung der Atomenergie auszusteigen, was bald vollendet sein wird, ist dies das nächste große Ding, das wir in der Frage der Klimapolitik auf den Weg bringen. Ich halte das für eine ganz wichtige Entscheidung. Wir müssen mit alldem, was wir heute tun, dafür Sorge tragen, dass das auch tatsächlich funktioniert.
Eine wichtige Voraussetzung ist, dass wir mit dem Ausbau der Netze und der erneuerbaren Energien vorankommen. Deshalb haben wir noch einmal neu festgelegt, das Ziel von 65 Prozent bei den erneuerbaren Energien im Jahr 2030 zu erreichen.
Weil das Paket so groß ist und weil die Investitionen so bedeutsam sind, müssen wir natürlich auch schauen, wie wir dies finanzieren können. Dabei haben wir auf das geachtet, was wir schon bisher als Möglichkeiten aus dem europäischen Emissionshandelssystem haben, das in den Klimafonds der Bundesregierung einfließt. Aber wir werden neue, zusätzliche Möglichkeiten entwickeln, um die Aufgaben zu stemmen, die wir hier mit großer Kraft voranbringen müssen.
Da geht es zum Beispiel um eine Ticketsteuer auf Flugreisen, die wir weiter ausbauen, um es gleichzeitig möglich zu machen, dass Bahntickets billiger werden. Da geht es zum Beispiel um eine Reform der Kfz-Steuer, die dazu beiträgt, dass sich ein hoher CO2-Verbrauch auch in einer höheren Kfz-Steuer niederschlägt, was jeder, der ein neues Auto kauft darum geht es , dann jeweils bei seiner Kaufentscheidung bedenken kann. Es geht natürlich auch darum, wie wir zum Beispiel beim Lkw-Verkehr und bei der Lkw-Maut dafür Sorge tragen, dass die CO2-Belastung bei der Bepreisung eine Rolle spielt. Auch das wird eine weitere Einnahmequelle sein. Am Ende kommen die Einnahmen aus den Zertifikaten dazu, die wir an diejenigen ausgeben wollen, die CO2 emittieren und Heiz- und Kraftstoffe in den Verkehr bringen.
Das alles ist die Finanzgrundlage dafür, dass wir diese große Aufgabe stemmen können. Ich glaube, es ist von zentraler Bedeutung, dass wir das schaffen. Was den Verkehr betrifft, wird es um viele weitere Fragen gehen, zum Beispiel, wie wir die Bahn stärken können, wie wir dafür Sorge tragen können, dass der Schienenverkehr ausgebaut wird, und wie wir dafür Sorge tragen können, dass die Elektromobilität tatsächlich stattfindet, indem wir genügend neue, zusätzliche Möglichkeiten schaffen, um Strom aufzunehmen.
Was die Frage der Wärme betrifft, wird es darauf ankommen, dass wir den CO2-Verbrauch beim Heizen unserer Gebäude reduzieren. Deshalb sind das wichtige Entscheidungen, die wir getroffen haben. Wir werden es mit den Fördermaßnahmen massiv möglich machen, dass die Bürgerinnen und Bürger bei ihren Heizungen umsteigen. Wir werden gleichzeitig dafür Sorge tragen, dass das auch tatsächlich geschehen kann und dass so die Emissionen reduziert werden, die heute mit diesem Wandel verbunden sind.
Ich glaube, dass das ein sehr kraftvolles Paket ist, das uns viele Möglichkeiten schafft und in der Lage ist, den Klimawandel aufzuhalten. Weil wir uns vorgenommen haben, zwischendurch immer wieder nachzuschauen, wo wir stehen, wird es dieses Mal besser gelingen, die Ziele nicht zu verfehlen.
BM’IN KRAMP-KARRENBAUER: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute gehen hier in Berlin und in anderen Städten in Deutschland, in Europa und weltweit Menschen für das Klima auf die Straße Junge, Ältere, ganze Familien. Sie zeigen damit in einer Art Höhepunkt, wie wichtig ihnen dieses Thema ist. Deswegen gibt es eigentlich keinen besseren Tag, an dem diese Koalition ihr Klimapaket beschließen konnte und auch vorstellen kann. Das ist ein Tag, der sicherlich nicht schlecht für das Klima und für den Klimaschutz und ganz sicherlich auch nicht schlecht für das Klima innerhalb dieser Koalition ist.
Ich als Vorsitzende der CDU habe im Frühjahr zugesagt, dass wir über den Sommer hart arbeiten, dass wir unser Konzept zum Klimaschutz entwickeln, dass wir dies gemeinsam mit der Schwesterpartei, mit der CSU, tun und dass wir dies so rechtzeitig tun, damit wir eine programmatische Grundlage haben, auf der wir auch in der Lage sind, diese Diskussion innerhalb der Koalition zu führen. Das ist gelungen. Die Ergebnisse können sich aus meiner Sicht sehen lassen.
Dieses Paket wird dazu beitragen, die Ziele, die wir uns selbst gesetzt und vorgenommen haben diese werden wir 2020 allerdings noch nicht vollständig erreichen , so schnell wie möglich zu erreichen, und die Ziele von 2030 auf jeden Fall verlässlich zu erreichen, um im Jahr 2050 klimaneutral zu werden, so wie sich das auch andere Staaten vorgenommen haben. Diese Ziele sind ehrgeizig. Sie erfordern ein konkretes Herangehen und ein ambitioniertes Paket. Das haben wir in den letzten Stunden intensiv verhandelt.
Vieles von dem, was uns als Christdemokratinnen und Christdemokraten dabei wichtig war, findet sich in diesem Paket wieder. Das ist ein Paket, das auf Innovation und Anreiz setzt. Es ist technologieoffen. Das war uns ganz wichtig. Das sieht man zum Beispiel daran, dass bei der Förderung von Mobilität, beim Kauf von Autos nicht nur auf Elektromobilität gesetzt wird, sondern auch auf andere Antriebe.
Das ist ein Paket, das die Menschen in die Lage versetzt, die Veränderungen, die auf sie zukommen, etwa mit Blick auf ihre Heizanlagen, auf ihre Heizsituation zu Hause, mit einem Vorlauf und mit einer massiven staatlichen Förderung umgestalten zu können. Ich finde, wir haben gemeinsam eine gute Ausgewogenheit zwischen Anreizen, Ermutigungen und Ordnungsrecht gefunden dort, wo dies am Ende des Tages auch notwendig ist.
Das ist ein Paket, das ganz deutlich macht: Neben den einzelnen Maßnahmen geht es insbesondere auch darum, über den Preis und über die Menge zu steuern. Wir beginnen in den nächsten Jahren mit dieser Preissteuerung, und zwar mit einem Festpreis, der am Ende in einen Handel mit Zertifikaten mit Mindest- und Höchstpreis münden wird und der den Weg für ein marktgetriebenes System bereitet. Das ist etwas, was unserer Grundüberzeugung entspricht. Trotzdem haben wir aus meiner Sicht den Weg richtigerweise so gewählt, dass er sozialverträglich ist und niemanden überfordert; denn wir möchten, dass Klimaschutz nicht ein Eliteprojekt wird, dass ihn sich nicht nur wenige in diesem Land leisten können, sondern dass das etwas ist, wozu alle ihren Beitrag beisteuern können.
Deswegen geht es auch um die Entlastung. Uns war sehr wichtig, dass wir eine Entlastung bei der EEG-Umlage festlegen und dass wir Entlastungen bei der Pendlerpauschale haben; denn insbesondere die Pendler im ländlichen Raum, insbesondere die, die ihre Wohnkosten mit einem kleinen Einkommen bestreiten müssen, sind diejenigen, die wir in einer besonderen Art und Weise im Auge behalten und unterstützen müssen.
Es ging auch darum, dass wir deutlich machen: Wenn wir von Nachhaltigkeit reden, dann reden wir nicht nur über Nachhaltigkeit im Umweltschutz und im Naturschutz, sondern dann reden wir auch über Nachhaltigkeit, was die Finanzen anbelangt. Deswegen war es ein ehrgeiziges Ziel aber dies ist gelungen; der Finanzminister hat darauf hingewiesen , dass wir nicht nur auf dem Weg zu einer grünen Null sind, sondern dass wir auch in den nächsten Jahren eine solide Finanzpolitik beibehalten können.
Wir haben uns darüber hinaus darauf verständigt das finde ich richtig und auch wichtig , dass wir dieses Paket als Koalition nicht nur vorstellen und vorantreiben, sondern dass uns sehr bewusst ist, dass wir bei der Umsetzung dieses Pakets die Unterstützung der anderen Bundesländer sowie der Städte und Kommunen, aber vor allen Dingen auch die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger brauchen. Wenn wir das Gespräch in einer Art nationalen Klimakonsens, in einer groß angelegten Dialogreihe suchen, unsere Vorschläge noch einmal deutlich machen, um dafür zu werben, und die Menschen auch davon überzeugen, dann ist das genau der richtige Ansatz.
Ich habe gestern Morgen bei der Klausurtagung der CSU in Kloster Banz gesagt, dass das sicherlich eine lange und harte Nacht wird. Wie lang und wie hart, das hätte ich mir da noch nicht vorstellen können. Aber wenn man sich die Ergebnisse anschaut, kann ich nur sagen: Es hat sich gelohnt. Es war viele harte Arbeit. Aber ich glaube, das ist ein wirklich gutes Paket geworden, mit dem man entscheidende Fortschritte beim Klimaschutz auch in unserem Land machen kann. Deswegen bin ich auf dieses Paket sehr stolz.
Ich darf mich bei allen bedanken: bei den Kolleginnen und Kollegen aus dem Kabinett, aber insbesondere auch beim Koalitionsausschuss, die gemeinsam nicht nur in den letzten Stunden, sondern auch in den Tagen und Wochen davor zu diesem Ergebnis beigetragen haben.
MP’IN DREYER: Meine sehr verehrten Herren und Damen! Schlaf wird überbewertet. Auch ich bin wirklich sehr froh darüber, weil ich glaube, dass wir heute ein kraftvolles Paket verabschiedet haben. Ich weiß, dass es trotzdem viele gibt, die meinen, es wäre nicht genug. Für uns als Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen ist zum einen wichtig, dass wir die Klimaziele erreichen. Zum anderen ist uns aber auch wichtig, dass wir als Gesellschaft zusammenbleiben.
Die weltweiten Demonstrationen am heutigen Tag geben uns Rückenwind. Sie machen uns auch noch einmal darauf aufmerksam, dass es überfällig ist, dass wir ganz konkret und wirklich auch sehr umfassend miteinander handeln, um die Klimaziele zu erreichen.
Wir leben in einer Zeit, in der die Menschen wirklich bereit sind, ihr Verhalten zu ändern. Insofern bin ich sehr zuversichtlich, dass die vielen Maßnahmen, die wir heute beschlossen haben, tatsächlich auch tragfähig sind, und dass die Menschen dazu bereit sind, sich aufgrund des Klimawandels in ihrem Verhalten ein ganzes Stück weit zu ändern. Das werden wir alle müssen.
Ich bin froh, dass wir heute ein Paket vorgelegt haben, mit dem wir zum einen die Klimaziele erreichen. Zum anderen können wir damit Politik für die Menschen machen, die zwar Klimaschutz machen wollen, aber die beispielsweise jeden Tag auch weite Wege zu fahren haben, die Pendler sind, die nicht ohne Weiteres auf den ÖPNV zurückgreifen können, weil sie in ländlichen Regionen leben, oder die Mieter mit wenig Geld sind, aber trotzdem Klimaschutz machen wollen, oder die beispielsweise gerne ihre Heizung austauschen wollen, aber eigentlich gar nicht die finanziellen Mittel dafür haben. Das alles berücksichtigen wir in unserem Paket.
Wir haben gute Regeln entwickelt, um deutlich zu machen: Es ist nicht nur Fördern, sondern es ist auch die Erwartung, dass man Verhalten verändert und dass das auch mit Regeln festgelegt ist. Selbstverständlich stellen wir die entsprechenden Fördermaßnahmen und instrumente zur Verfügung, auch viel Geld, wie Olaf Scholz es eben schon dargestellt hat.
Ich bin sehr froh dies ist schon mehrfach gesagt worden , dass uns auch etwas gelungen ist, was besonders ist ich weiß gar nicht, ob dies in dieser Form schon woanders stattgefunden hat , nämlich dass mit dem Klimaschutzgesetz, das Svenja Schulze vorgelegt hat, ein neuer Regelmechanismus eingeführt wird: das Monitoring. Eine externe Expertenkommission überprüft regelmäßig, nämlich jährlich, in jedem Sektor: Konnten die Ziele, die wir uns vorgenommen haben, wirklich erreicht werden? Wenn nicht, was kann man dann tun? Wie kann ein Ressortminister oder eine ministerin Vorschläge machen, damit das Klimakabinett, das verstetigt wird, dann die entsprechenden Konsequenzen daraus zieht?
Insofern glaube ich, dass wir auf einem guten Weg sind, die Klimaziele dieses Mal zu erreichen. Wir alle hier vorne haben es schon gesagt: Wir schämen uns alle ein bisschen dafür, dass wir es nicht schaffen werden, die Klimaziele 2020 zu erreichen. Deshalb sind wir fest entschlossen, tatsächlich alles zu unternehmen, dass uns dies 2030 nicht noch einmal passieren wird.
Ich möchte abschließend noch eine Erklärung dazu machen, warum ich glaube, dass allein auf einen Preis oder eine Bepreisung zu setzen nicht ausreicht. Wir konnten ja einiges über das große Maßnahmenpaket lesen. Ich bin davon überzeugt, dass wir auch die Verpflichtung haben, dass alle Menschen in dieser Gesellschaft daran teilhaben können, diesen Wandel bestreiten zu können. Das kann man eben nicht nur durch eine Bepreisung machen, sondern man muss auch die Förderinstrumente zur Verfügung stellen, damit alle die Chance haben, sich zu verändern. Nicht jeder Mensch in unserer Gesellschaft ist in der Lage, sich einfach eine neue Heizungsanlage zu kaufen. Deshalb ist eine Förderung von 40 Prozent ein Zeichen, dass alle Menschen die Möglichkeit haben, mitzugehen. Es gelingt auch nicht jedem, sich einfach einmal ein neues Auto zu kaufen. Deshalb ist es wichtig, dass man Boni hat, um dabei zu unterstützen, in Elektromobilität umzutauschen.
Alle diese Faktoren spielen eine Rolle. Deshalb ist dieses Paket auch so dick geworden. Das ist ein Einstieg in die Bepreisung, aber zugleich ein ganz klares Signal, dass wir niemanden außen vor lassen, sondern dass wir diesen großen Wandel mit allen Menschen in unserer Gesellschaft gestalten wollen. Insofern war das wirklich eine gute gemeinsame Arbeit in dieser Koalition. Auch ich will mich dafür sehr herzlich bedanken.
MP DR. SÖDER: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Große Koalition bedeutet, man braucht starke Nerven und eine gute Kondition. Ich finde, das, was die letzten 24 Stunden geleistet wurde, ist ein eindrucksvolles Zurückmelden der Großen Koalition auch als Schrittmacher für Politik in Deutschland.
Klar ist: Wir müssen für den Klimaschutz einen gewaltigen Satz nach vorne machen. Ich sage ganz persönlich: Im Grunde genommen müssen wir all denen, die in den letzten Monaten demonstriert und uns das ins Bewusstsein gerufen haben, Danke sagen dafür, dass sich auch eine junge Generation mit ihren Ideen einbringt und uns klarmacht: Es geht jetzt nicht nur um ein Modethema. Es geht um die Bewahrung der Schöpfung und um die Zukunft der nächsten Generation. Insofern ist dieser Impuls unverzichtbar.
Trotzdem wird der eine oder andere fragen: Braucht es das wirklich? Ist das nicht zu viel? Ist das viele Geld nicht übertrieben? Andere werden sagen: Das ist zu wenig. Ich glaube, wahrscheinlich ist genau der Weg, den wir in der Mitte wählen, der eigentliche Pfad der Vernunft. Wir versuchen tatsächlich die goldene Mitte zu finden, um einen strategischen Marshallplan für Klimaschutz in Deutschland auf den Weg zu bringen, und zwar einen, der nicht nur für einige Klimaschutz macht, der Klimaschutz nicht gegen die Bürger, sondern der ihn für die Bürger und mit den Bürgern organisiert.
Wenn sich Klimaschutz am Ende nur für einige wenige darstellt, die dies verstehen oder annehmen, und viele andere am Wegrand stehen gelassen werden, dann wird das spalten und zum Gegenstand vieler Wahlkämpfe werden, die hin und her gehen.
Wenn wir aber die Klimaschutzziele ernsthaft erfüllen wollen, dann müssen wir einen breiten Konsens in der Bevölkerung finden. Ich glaube, dass das Konzept, das wir jetzt auf den Weg bringen, genau diesen integrativen Ansatz verfolgt: keinen umerziehenden, sondern einen mitnehmenden, keinen verbietenden, sondern einen mit Anreizen verbindlichen, der allen eine Perspektive bietet, für sich selbst Klimaschutz zu organisieren.
Es wurde gerade schon angesprochen: Eine CO2-Bepreisung ist wichtig. Sie ist aber nicht der alleinige heilige Gral beim Thema CO2-Reduktion. Das, was wir als Konzept, als strategische Idee auf den Weg bringen, glaube ich, wird helfen, nämlich dass man beispielsweise nicht das Automobil verbietet, sondern dass man mit einem neuen Technologiesprung, mit vielen Elektroautos, beispielsweise auch mit Wasserstoff, eine Perspektive gibt, in Deutschland CO2-freier zu fahren, aber auch international eine Duftmarke setzt. Man muss den Pendlern eine Perspektive geben, damit auch die ländlichen Räume dabei sind und Klimaschutz nicht nur ein Projekt der Stadt ist.
Vorhin wurde von einigen angesprochen, dass auch die soziale Dimension wichtig ist. Der eine kann sich alle Formen von ökologisch neuen Produkten leisten. Er kann als „role model“ für ökologisches Leben auftreten. Viele andere aber haben Probleme, da mitzukommen. Sie haben erst einmal die Situation, dass sie vielleicht gar keine anderen Heizsysteme in der Region haben, oder können sich das auch nicht leisten, auch nicht viele ältere Menschen, die allein sind. Bei einer Heizung 40 Prozent zu fördern, wird ein riesiger Impuls für die Reduktion von CO2 sein, wahrscheinlich größer als jede Form von Verbot. Ich glaube, deswegen ist es ganz entscheidend, solche Dinge voranzubringen.
Dass es uns jetzt gelungen ist deswegen hat es auch etwas gedauert, darüber nachzudenken, was der richtige Weg ist, und die Maßnahmen abzugleichen , die ökologischen Ziele, die der Nachhaltigkeit verpflichtet sind, wegen des Themas Finanzen nicht aufzugeben, ist ein besonderes Kunststück. Ich finde, da hat die Große Koalition in den letzten 24 Stunden wirklich Beachtliches geleistet. Auch dafür mein Respekt an alle Partner.
Das Ganze hat übrigens nicht nur so lange gedauert, weil man sich nicht immer einig war, sondern man hat auch ziemlich intensiv diskutiert, auch bezüglich der Maßnahmen: Was hält denn? Was wirkt denn? Was ist nur ein Strohfeuer, und was macht über Jahre hinaus Sinn, dafür auch viel Steuergelder auszugeben? Ich glaube, dass das insgesamt sehr gut gelungen ist. Deswegen auch mein persönlicher Dank an alle. Ich glaube, wir setzen damit ein kluges Signal in die richtige Richtung.
Ich höre immer viel aus anderen Ländern. Aber die haben andere Voraussetzungen und andere Energieformen. Ich glaube, wir setzen damit nicht nur ein Signal im eigenen Land, sondern ein Stück weit auch ein internationales Signal, wie man die soziale Dimension mit innovativen und nachhaltigen Ideen verbinden kann.
Ich glaube, das ist eine ganz gute Sache. Jetzt kommt es darauf an, das umzusetzen. Das werden wir tun, auch für regenerative Energieformen. Dafür sage ich als CSU-Vorsitzender auch noch ein Dankeschön. Einer der schwierigsten Punkte am Schluss war bei den regenerativen Energien, das Thema Wind gut zusammenzubringen. Da gab es leidenschaftliche Befürworter und auch etwas zurückhaltendere Skeptiker. Ich als CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern sage noch einmal Danke schön, dass zu einem endlos langen und wichtigen Kapitel über Wind ein wichtiger Satz steht, der alles zusammenfasst: In Bayern bleiben unsere Regeln bestehen. Noch einmal vielen Dank dafür. Wir machen das weiter so wie bisher.
BRINKHAUS: Wir sind uns in den letzten 24 Stunden in vielen Sachen einig gewesen. Aber ich glaube, Schlaf wird nicht überschätzt, sondern eher unterschätzt. Ich denke, wir alle sind ein bisschen müde. Aber wir sind auch sehr froh, weil wir als Große Koalition wieder einmal gezeigt haben, dass wir leistungsfähig sind und dass wir wichtige Projekte auch zum Abschluss bringen. Das waren vor der Sommerpause die Migrationsgesetze. Das waren die Grundgesetzänderungen im Bereich Digitalisierung und viele andere Sachen. Das dauert manchmal ein bisschen länger, aber es kommt eigentlich immer ein gutes Ergebnis heraus.
Wir haben heute einen ganz wichtigen Schritt gemacht. Das wird nicht der letzte Schritt sein; es werden weitere Schritte folgen müssen. Aber ich glaube, das, was wir heute beschlossen haben, insbesondere das Bepreisungssystem, wird uns weit in die nächsten Jahrzehnte hineintragen. Das wird hoffentlich, weil wir es gut gemacht haben, auch unseren Nachfolgerinnen und Nachfolgern noch dabei helfen, im Bereich Klimaschutz besser unterwegs zu sein.
Wir als Parlament werden das eng begleiten ich sage auch: enger begleiten , als das vielleicht in der Vergangenheit der Fall war. Dabei helfen uns die Monitoringregeln, die vereinbart worden sind. Ich kann Ihnen versprechen: Die werden nicht nur in der Bundesregierung, im Klimakabinett, ernst genommen, sondern auch der Deutsche Bundestag wird sich wesentlich regelmäßiger und vor allen Dingen auch viel intensiver mit diesem Thema beschäftigen.
Ich denke, dass das auch ein gutes Ergebnis dessen ist, was in den letzten Wochen und Monaten passiert ist. Das hat auch gezeigt insofern ein bisschen Asche auf unser Haupt, obwohl ja auch einiges getan worden ist , dass die Demokratie, dass die Gesellschaft in diesem Land durchaus funktionieren. Das haben wir auch heute gesehen, als wir hierhergekommen sind, nicht nur auf den Straßen von Berlin. Das ist uns Antrieb, aber auch Ermutigung, weiterzumachen und das, was wir heute mit einem weiteren Schritt begonnen haben, auch entsprechend fortzuführen.
Uns ist eines wichtig: Wir haben viel über Bepreisung gesprochen. Wir haben viel über Anreizprogramme gesprochen. Wir haben auch ein bisschen über Ordnungsrecht gesprochen. Aber wir wollen auch sehr viel über Technologie, Innovation und Zukunft sprechen, weil wir glauben, dass das Thema Klima durchaus ein Gewinnerthema für uns sein kann, und zwar deswegen, weil wir ja doch vor der einen oder anderen wirtschaftspolitischen Herausforderung stehen. Ich denke, wenn wir gute Produkte im Bereich Klima entwickeln und wenn wir innovativ unterwegs sind, dann kann uns das auch auf den Märkten dieser Welt weiterbringen. Das ist unser Anspruch. Daran werden wir in den nächsten Wochen und Monaten arbeiten. Vielen Dank.
MÜTZENICH: Meine Damen und Herren! Vielen Dank für das Interesse. Ich möchte betonen, dass in den letzten Stunden durch den Koalitionsausschuss wichtige Verabredungen getroffen worden sind, aber auch durch die Zusammenarbeit mit den Mitgliedern des Kabinetts. Auch ich möchte mich ganz herzlich dafür bedanken. Wichtige Verabredungen sind gut. Aber Verlässlichkeit in der Arbeit ist dann entscheidend.
Für die SPD-Bundestagsfraktion möchte ich betonen, dass die Arbeit im Parlament jetzt erst richtig beginnt. Wir werden Gesetze beschließen. Wir als SPD-Bundestagsfraktion legen großen Wert darauf, dass wir die ersten Lesungen bereits im November durchführen können. Wichtige Entscheidungen stehen an, der Kohleausstieg, aber auch das Strukturstärkungsgesetz. Alles das sind Dinge, die das Parlament beschäftigen werden. Ich bin auch der festen Überzeugung, dass wir am Ende gute Entscheidungen treffen.
Was wir verabredet haben, sind auf der einen Seite Förderungen und große Investitionen, auf der anderen Seite aber auch ordnungsrechtliche Maßnahmen. Uns lag insbesondere daran, dass auch die Menschen, die eben nicht das Privileg haben, auf all das zurückgreifen zu können, was möglicherweise eine moderne Gesellschaft auch beim Klimaschutz bereithält, darauf zurückgreifen können. Deswegen war auch die Frage der sozialen Gerechtigkeit eine wichtige Triebfeder für die Diskussionen, die wir in den letzten Stunden geführt haben.
Aber ich will auch noch ein Zweites betonen. Ich glaube, dass wir gerade auch den jungen Menschen ein Angebot nicht nur im Hinblick auf den Klimaschutz machen, sondern auch im Hinblick auf eine Arbeit der Zukunft, die es schafft, genau die Arbeitsplätze zu identifizieren, auf denen sich auf der einen Seite junge Menschen ihr Auskommen schaffen können, auf denen aber auf der anderen Seite Deutschland möglicherweise auch Vorbild für andere Gesellschaften sein kann, auf der einen Seite eben Lebenswelt, auf der anderen Seite gute und auch gut bezahlte Arbeitsplätze, die es schaffen, eine Zukunft abzubilden.
Wir haben Ziele im nationalen Rahmen festgeschrieben. Aber ich will sehr deutlich betonen: Eine Zusammenarbeit mit europäischen Ländern, aber insbesondere auch die Herausforderungen, dass sich Deutschland bei den Vereinten Nationen zu den Klimaschutzzielen bekennt, sind uns wichtig. Wir würden das gern auch als Parlament begleiten. Ich kann nur sagen: Wir wollen alle Menschen in Deutschland, aber auch darüber hinaus einladen, uns zu unterstützen, zu begleiten und durchaus auch zu kritisieren und es besser zu machen, aber insbesondere uns gegenseitig auch Mut für eine Aufgabe zu machen, die keine Aufgabe von wenigen Tagen oder von einem Jahr, sondern die eine Aufgabe von Jahrzehnten sein wird.
DOBRINDT: Sehr geehrte Damen und Herren, diese Koalition setzt heute ein lautes und hörbares Signal für mehr Klimaschutz. Diese Koalition hat den Lackmustest, der im Zusammenhang mit dem Klimapaket in den vergangenen Wochen immer wieder einmal formuliert worden ist, bestanden. Es ist richtig, es waren harte Stunden heute Nacht, aber vor allem waren diese Stunden von einem gemeinsamen Interesse am Gelingen geprägt. Wir waren verliebt ins Gelingen bei diesem Thema. Deswegen war es auch möglich, dass man ein wirksames, intelligentes und sozial ausgewogenes Klimapaket geschnürt hat. Wir haben die richtige Balance zwischen Ökonomie und Ökologie, zwischen Investitionen und Anreizen gefunden.
Wir haben ein klares Signal gesetzt, dass wir die Bahn stärken, und zwar nicht nur damit, dass wir die Mehrwertsteuer absenken, sondern auch damit, dass wir ein 11-Milliarden-Euro-Investitionsprogramm zusätzlich für die Bahn in den nächsten Jahren auflegen und uns auf den Weg machen werden, Planungsbeschleunigungen zu organisieren, sodass Elektrifizierung und neue Strecken schneller als bisher realisiert werden können.
Gleichzeitig forcieren wir alle unsere Bemühungen, was die Elektromobilität anbelangt, mit einer Million Ladepunkte, die wir aufbauen wollen, und mit neuer Förderung von E-Fahrzeugen. Das in einem Gesamtpaket zusammengebracht, im Bereich der Mobilität, im Bereich des Wohnens, der Investitionen und Anreize das ist das, was uns, wie wir auch schon in der Vergangenheit formuliert haben, gelingen muss, nämlich ein Klimapaket auch mit einem Konjunkturpaket zusammenzubringen, um ein echtes Zukunftspaket zu schnüren. Ich kann sagen, dass das, was wir uns vorgenommen haben, in der Tat hervorragend umgesetzt und gelungen ist. Dafür kann man sich bei allen nur bedanken.
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FRAGE: Frau Merkel, Sie haben eben Greta Thunberg mit der Aussage „Unite behind the science“ zitiert. Die Wissenschaft hat beim CO2-Preis ja eine deutlich andere Größenordnung gefordert. Einen Einstieg bei 50 Euro und einen Anstieg bis 2030 auf 130 Euro hat Ihr Berater Herr Edenhofer gestern noch einmal gefordert. Davon sind Sie um Größenordnungen entfernt, wenn Sie in drei Jahren mit 10 Euro einsteigen wollen und bis 2025 gerade einmal auf 35 Euro kommen wollen.
Wie passt das, was Sie da machen, zur wissenschaftlichen Forderung? Warum sind Sie dabei so wenig ambitioniert?
Von der SPD wüsste ich gern Folgendes: Sie wollten doch immer einen sehr schnellen Einstieg in den CO2-Preis und haben deswegen gesagt: Emissionshandel dauert zu lange. Warum jetzt doch ein so langer Vorlauf, und warum so niedrig?
BK’IN DR. MERKEL: Wir fangen in der Tat recht niedrig an, um Menschen mitzunehmen. Wir kommen dann aber nach einiger Zeit doch schon auf den Zertifikatepreis, den wir aus dem Emissionshandel im Industriebereich kennen. Wir kommen nach der Mitte des nächsten Jahrzehnts zu einem Preis, von dem man dann schon sagen kann, dass der Höchstpreis relevant ist, sodass sich dazwischen vielleicht ein Marktpreis einstellen könnte.
Wir wollten gern auch in der Ausgangssituation noch ein Stück vorankommen. Das heißt, dass wir einige unserer Förderprogramme schon wirken lassen, bevor wir in die Bepreisung völlig einsteigen. Das ist, so würde ich sagen, der klassische Unterschied zwischen Wissenschaft, bei der man sehr gut nachweisen kann, dass man hätte höher einsteigen sollen, und der Frage, wie man Menschen mitnimmt und den technologischen Wandel noch ein Stück weit mehr nach vorn bringen kann. Insofern ist das ein Kompromiss darum brauchen wir gar nicht herumzureden , aber, wie ich glaube, ein Kompromiss, der seine Langzeitwirkung trotzdem entfalten wird. Denn für uns ist ganz klar, dass wir den Preis sich vor Ende des nächsten Jahrzehnts so entwickeln lassen werden, wie er wirklich ist. Das wird dann natürlich zu dem vollständig funktionierenden Zertifikatesystem passen. Über den Festpreis werden wir auch schon die Mechanismen eines Zertifikatesystems einführen. Ich denke, wir haben ja auch schon Erfahrungen aus dem ETS-Bereich. Aber wir haben jetzt viele Jahre erst einmal einen Festpreis. Das ist auch Teil eines Kompromisses.
Wäre es nur allein der Preis und wären es nicht noch Anreizmaßnahmen und andere Dinge, dann könnte man sagen, dass das nicht ausreicht. Wir denken aber, dass die Summe von beiden doch in die richtige Richtung weist. Wir werden es ja Anfang des nächsten Jahrzehnts sehen. Wir müssen Jahr für Jahr Budgets abrechnen wir haben bestimmte Budgets zur Verfügung und werden sehr bald nach dem Ende des jeweiligen Jahres wissen, wo wir stehen.
BM SCHOLZ: Das, was wir hier vorgelegt haben, ist ein Dreiklang zwischen verschiedenen Handlungsebenen.
Das Erste ist Förderung, die wir sehr massiv aufgebaut haben und die sehr intensiv dort hilft, wo Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen Entscheidungen für die Zukunft treffen müssen: mehr Elektromobilität, mehr Schienenverkehr, die verstärkte Möglichkeit, mit weniger CO2-Ausstoß zu heizen, usw.
Das Zweite ist, dass wir gesetzliche Regeln aufgeschrieben haben. Das ist notwendig, damit man weiß, woran man ist und dass man sich irgendwann daran halten muss.
Das Dritte ist, dass wir auf verschiedene Weise, auch über die Art und Weise, wie wir CO2 bepreisen, Einfluss auf das nehmen, was geschieht.
Daher muss man, wie ich finde, erst einmal sagen, dass wir uns nicht nur auf ein einziges Instrument beschränkt haben. Ich habe es eben gesagt: Es gibt Veränderungen bei der Kfz-Steuer für neu gekaufte Fahrzeuge. Ein höherer CO2-Preis wird sich auch in der Steuer niederschlagen. Es gibt eine Veränderung bei der Ticketsteuer für Flugreisen. Wir haben sie schon – übrigens eine im europäischen Vergleich sehr ambitionierte – , und wir werden noch mal eine Schippe drauflegen, um dann gleichzeitig Verkehr an anderer Stelle zu verbilligen – auch ein Preissignal – , insbesondere was den Bahnverkehr betrifft. Wir werden höhere Preise beim Lkw-Verkehr auf Bundesstraßen und Bundesautobahnen haben, indem wir dort eine CO2-Komponente massiv zur Wirkung bringen. Auch das wird ein Preissignal sein, das an dieser Stelle wirkt. Dann kommt neben dem klassischen ETS-Handelssystem, das wir für die Industrie schon haben und das dort ganz gut funktioniert, noch eine Bepreisung hinzu, die wir durchführen, indem wir jeweils Jahr für Jahr diejenigen, die Heiz- und Kraftstoffe in Verkehr bringen, dazu auffordern, uns Zertifikate abzukaufen. Dabei fanden wir entsprechend unserem Konzept wichtig, dass wir schnell einsteigen. Das findet also ab 2021 statt. Ich meine, das hatten Sie in Ihrer Frage eben ein bisschen anders dargestellt. Wir gehen dann Jahr für Jahr und Stück für Stück höher, um dann zu einer Dimension zu kommen, die diesen Einfluss hat.
Warum ist das Gesamtszenario sinnvoll und richtig? Wir wollen, dass sich jemand, der heute ein Auto besitzt, beim nächsten Autokauf eines kauft, das dazu beiträgt, dass weniger CO2 verbraucht wird. Wir wollen, dass man sich häufiger dazu entscheidet, zum Beispiel von den Möglichkeiten des Schienenverkehrs und des öffentlichen Nahverkehrs Gebrauch zu machen. Deshalb müssen wir zum Beispiel sicherstellen, dass man weiß, dass es Stück für Stück teurer wird, dass sich die Regeln verändern, wie es zum Beispiel durch die europäische Gesetzgebung passiert, und dass man das bei der nächsten Entscheidung besser berücksichtigt.
Aber wir sind nicht so fehlorientiert, dass wir glauben würden, dass sich jeder am nächsten Tag ein neues Auto leisten könnte. Das ist nicht die Realität in unserem Land. Darum ist es wichtig, ein langfristiges, in die Perspektive gehendes, klares und unmissverständliches Signal auch im Hinblick auf den Preis zu setzen. Das haben wir mit der Treppe getan, die sich unserer Vorstellung entsprechend jetzt wiederfindet, und ich denke, das ist richtig.
Das Gleiche gilt zum Beispiel für Heizsysteme. Jeder, der damit zu tun hat, muss wissen, dass bestimmte Heizmethoden keine Zukunft mehr haben. Das haben wir gesetzlich geregelt. Gleichzeitig verbinden wir das mit einer massiven Förderung, damit man das ändert. Auch da wirkt das Preissignal, das völlig klar ist, wenn man in die Zukunft schaut.
Deshalb ist das, denke ich, ein klug abgewogener Weg. Ich bin auch ziemlich sicher, dass es seine Effekte haben wird. Ich denke, dass wir sehen werden, dass das genau so wirkt, wie wir es uns vorstellen.
FRAGE: Meine Frage bezieht sich auf das Finanzvolumen der geplanten Ausgaben. Das habe ich entweder noch nicht ganz verstanden, oder es ist einfach noch nicht genannt worden. Herr Scholz, welche Ausgaben veranschlagen Sie als Finanzminister denn allein in den nächsten vier Jahren, und wie wollen Sie das tatsächlich finanzieren?
An die Vertreter der Unionsparteien: Besteht das Bekenntnis zur schwarzen Null weiter? Das habe ich auch noch nicht gehört. Gehen Sie davon aus, dass das zu machen ist, wenn Sie weiterhin an der schwarzen Null festhalten?
BM SCHOLZ: Wir kalkulieren jetzt mit einem Finanzvolumen von über 54 Milliarden Euro allein für die Jahre bis einschließlich 2023. Das ist eine Menge Geld. Das können wir natürlich nur deshalb aufwenden, weil wir, anders als es der eine oder andere vielleicht eben vermutet hat, doch eine ganze Menge zusätzlicher Einnahmemöglichkeiten haben. Ich habe sie alle eben aufgezählt. Sie alle zusammen machen dann doch eine ganze Menge aus. Das europäische Emissionshandelssystem, das wir schon haben, und die neuen Einnahmen aus der neuen Kfz-Steuer, aus der neuen Ticketsteuer, aus der neu bemessenen Lkw-Maut und aus der CO2-Bepreisung, die Stück für Stück steigt das alles zusammen ergibt die Möglichkeit, dieses Finanzvolumen zu stemmen.
BK’IN DR. MERKEL: Wir stehen zur schwarzen Null, wenn Sie es so nennen wollen. Ich finde den Begriff nicht so toll. Wir wollen einen ausgeglichenen Haushalt. Das hat es können sich ja auch unerwartete Ereignisse einstellen, was wir alle nicht hoffen auch etwas damit zu tun, dass wir Nachhaltigkeit zeigen wollen. Das ist auch eine Art von Generationengerechtigkeit. So war es uns wichtig, die Balance hinzubekommen. Das ist nicht ganz einfach. Wir setzen jetzt einen sehr großen neuen Schwerpunkt. Aber das ist im Übrigen einhellige Meinung nicht nur der Union, sondern auch, wenn ich es richtig verstanden habe, der Koalition.
FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, Sie und andere auf dem Podium haben den Monitoringprozess, der jetzt kommen soll, sehr betont und hervorgehoben, warum das das Besondere und das Entscheidende sein soll. Experten haben Ihnen schon lange gesagt, dass Sie die Ziele 2020 nicht erreichen werden. Das wussten Sie ja nicht erst seit heute. Damals haben Sie aber den Experten nicht zugehört.
Warum – sagen Sie das bitte noch einmal ganz klar – soll sich das jetzt ändern, nur weil es von Ihnen selbst ausgesuchte Experten sind, die Ihnen in den nächsten Jahren sagen werden, ob Sie auf dem richtigen Pfad sind oder nicht?
Noch eine Frage an alle: Es wurde jetzt viel über die Frage gescherzt, wie wichtig Schlaf ist. Wenn ich von mir selbst ausgehe, stelle ich fest, dass ich nicht meine besten Entscheidungen treffe, wenn ich völlig übermüdet bin. Ich sehe mindestens ein bis zwei Personen auf dem Podium, bei denen ich das Gefühl habe, dass sie kaum noch die Augen offenhalten können.
Ist es wirklich die beste Art, Politik zu machen, gerade bei einem so wichtigen Thema, wenn man sich irgendwann nach 19 Stunden Verhandlungen einigt?
BK’IN DR. MERKEL: Wenn wir nicht vorgearbeitet hätten, uns nicht in der Materie auskennen würden und dann anfangen würden, darauf zu setzen, dass man ohne Schlaf besonders gut vorankommt, dann wäre das in der Tat ganz falsch. Da wir uns aber das kann ich für mich sagen nun seit Wochen immer und immer wieder in verschiedensten Kreisen getroffen und die Dinge durchgesprochen haben, kommt dann in der Politik so erlebe ich es jedenfalls, egal, ob es in Brüssel oder Berlin ist ein Punkt, an dem man auch über die Hürden hinweg muss, die man an zehn Abenden vorher nicht überwunden hat, weil man immer wieder gute Argumente gefunden hat.
Wir haben uns so oft getroffen und uns bestimmte Dinge immer wieder erläutert. Wir haben uns sozusagen in unserem Denken wirklich sehr, sehr gut verstanden. Aber dann kommt der Tag der Entscheidung. Das ist auch etwas, was Politik so anders macht. Man kann zum Schluss seinen eigenen Kopf nicht vollkommen durchsetzen, sondern man muss einen Kompromiss finden. Ein Kompromiss ist etwas sehr Gutes, wenn die Vorteile die Nachteile überwiegen, und ich denke, das ist hier der Fall.
Deshalb sage ich: Ich möchte Schlaf nicht missen und werde ihn auch nachholen. Aber wenn ich mir nicht sehr genau bewusst gewesen wäre, worüber ich entscheide und wo vielleicht auch Kompromisslinien liegen könnten, in einem solchen Fall sollte man so etwas nicht tun. Aber in der Vorbereitungsphase, die wir vorgeschaltet hatten, konnten und mussten wir es tun, sonst wären wir heute nicht fertig geworden, und das wäre so war jedenfalls unsere Einschätzung auch nicht so toll gewesen.
Zu dem Thema des Monitoringprozesses: Ja, es ist richtig, einige Experten haben uns das so gesagt. Wir haben auch Abschätzungen gehabt, die anders ausgesehen haben. Aber wir haben nicht ein Klimakabinett gehabt, dass sich jedes Jahr vornimmt, sich hinzusetzen. Die Sektorenziele haben wir uns überhaupt erst in der vergangenen Legislaturperiode vorgenommen. Wir haben noch nie ein so konsistentes Maßnahmenbündel und zusätzlich das Signal der Bepreisung gehabt.
Man kann jetzt sagen: Sie steigen aber gering ein. Aber ich darf vielleicht auch einmal für die Unionsseite sagen: Ich verfolge die Diskussion nun auch schon seit vielen Jahren. Dass wir jetzt ganz bewusst auf den Weg der Bepreisung gehen, ist für uns schon auch ein Paradigmenwechsel. Jetzt kann man sagen: Das geht zu langsam, und das müsste schneller sein. Aber es ist etwas, bei dem wir uns auf der einen Seite wieder an die Marktwirtschaft zurückerinnern, dass Preissignale wichtige Signale sind, bei dem wir aber auch über viele Jahre anders gehandelt haben. Deshalb denke ich, dass wir aus diesen Erfahrungen gelernt haben und dass man auch sehr schnell mitbekommen wird, ob es aufgeht oder nicht.
Dann kommt noch etwas hinzu: Wir haben einer europäischen Regelung zugestimmt, die besagt: Wenn wir im Jahre 2021 unser Budget überschreiten, dann wird das sehr schnell offensichtlich werden, und dann müssen wir schauen, dass wir von anderen europäischen Ländern Zertifikate dazukaufen, weil wir nur ein Budget haben. Das heißt, wir haben nicht nur ein 2030-Ziel, sondern wir haben jedes Jahr ein Ziel, das wir einhalten müssen. Wir können ein bisschen nach vorn und nach hinten umschichten, aber nicht sehr viel. Deshalb stellt sich hier die Frage auch völlig anders, weil das dann Geld kostet, weil der Finanzminister dafür Vorsorge treffen muss und weil es natürlich eine sehr kontroverse Diskussion in Deutschland werden würde, wenn wir ein oder zwei Milliarden Euro ausgeben müssten, weil wir unsere Ziele nicht erfüllt hätten. Die Diskussion möchte ich erleben! Dann stecken wir das Geld lieber in die Senkung der Mehrwertsteuer bei der Bahn.
MP DREYER: Ich denke auch, dass Transparenz und Erfolgskontrolle wirklich einen großen Unterschied machen. Die Bundeskanzlerin hat es ja eben gesagt: Es ist das erste Mal, dass die Sektorenziele überhaupt benannt worden sind und dass man sie sich ganz konkret vorgenommen hat. Das alles ist transparent. Wenn die Fraktionschefs hier gesagt haben, dass sich auch das Parlament daran orientieren wird, dann weiß man einfach, dass der Prozess sehr viel systematischer aufgestellt ist. Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass die Kontrolle und die Transparenz und auch die Verpflichtung, die die Kabinettsmitglieder übernommen haben, dazu führen werden, dass man diese Ziele sehr klar erreichen wird.
FRAGE: Eine Frage an die drei SPD-Vertreter: Im Vorfeld wurde das Klimaschutzpaket so hochstilisiert, dass darüber, ob es ambitioniert genug ist, die Entscheidung fallen soll, ob die SPD in der großen Koalition bleiben kann.
Würden Sie nach dem heutigen Tag sagen, dass Sie die Empfehlung abgeben: „Ja, die SPD sollte in der großen Koalition bleiben, um diese Beschlüsse umzusetzen“?
Herr Scholz, eine kurze Nachfrage zu den Finanzen: Gibt es ein Finanzierungsproblem am Anfang, im ersten Jahr, weil die Förderprogramme ja wahrscheinlich sehr schnell anlaufen, aber bestimmte Einnahmen erst später in die Kassen kommen?
MP DREYER: Ich fand es schon immer falsch, dass kommissarische Parteivorsitzende jede Frage zu einer Entscheidungsfrage über die große Koalition hochstilisieren. Aber ich kann schon sagen, dass das Klimaschutzgesetz für uns alle wirklich ganz besonders bedeutsam gewesen ist, ohne Frage. Ich kann heute nur sagen, dass die Koalition sehr gut zusammengearbeitet hat. Auch wenn wir lange getagt haben, so heißt das nicht darüber gab es ja etliche Spekulationen , dass wir ständig im Clinch lagen, ganz im Gegenteil. Wir haben uns wirklich wie vernünftige Menschen über die Ziele auseinandergesetzt und miteinander über die Maßnahmen entschieden. Ich denke schon, dass sich die Partei ein Bild davon machen kann, dass wir dabei einiges geschafft haben.
Insofern bleibe ich dabei: Wir haben in der Partei einen sehr guten Prozess aufgelegt, wie wir die Halbzeitbilanz bewerten werden. Das Klimaschutzgesetz ist ein Element davon.
BM SCHOLZ: Aus meiner Sicht denke ich schon, dass es eine zentrale Frage für die deutsche Politik ist, ob wir die Aufgabe stemmen, die hier vor uns liegt. Wenn wir das nicht tun und es nicht bewerkstelligen, dann verlieren wir auch die Legitimation für unsere Aufgaben. Insofern ist es, denke ich, zentral, dass wir dabei richtig vorankommen.
Wenn man sich genau anschaut, was hier vorgelegt wird, dann stellt man fest, dass es in seiner Entschiedenheit, in seiner Klarheit, in den gesetzlichen Regeln und in den Instrumenten die wir haben, etwa zur Bepreisung auf verschiedenen Feldern und in der Frage der Förderung, viel größer dimensioniert und viel ambitionierter ist, als viele noch in den letzten Tagen gedacht haben. Allein das Volumen bis 2023 ist oberhalb aller Spekulationen im Hinblick auf das, was wir finanziell bewegen werden. Wenn man das auf das ganze nächste Jahrzehnt hochrechnet, dann kommt man auf eine Dimension, die auch oberhalb aller Forderungen liegt, die in den letzten Tagen und Wochen erhoben worden sind. Insofern haben wir, denke ich, die Herausforderung angenommen, die unser Land jetzt zu erfüllen hat. Die Regierung will Ihren Teil dazu leisten. Das war notwendig, und das ist richtig.
Sie sehen aus dem, was ich geschildert habe, dass wir glauben, dass wir die Finanzierung in der Strecke und auch gleich am Anfang hinbekommen. Dabei war für uns aber ganz wichtig, dass wir die einzelnen Programme, die wir jetzt zur Förderung vorsehen, und die Maßnahmen, die wir machen, genau daraufhin anschauen, ob sie auch wirken. Wir haben ja zu berichten, dass wir aus der Vergangenheit am Ende dieses Jahres wahrscheinlich doch eine Rücklage in Höhe von sechs Milliarden Euro mitschleppen. Das heißt ja, dass die Programme der Vergangenheit nicht so zielgenau waren. Das soll jetzt anders werden. Aber wir können aus diesem Puffer gewissermaßen den Start finanzieren und bekommen dann das Übrige aus den schnell einsetzenden Einnahmen hin.
MÜTZENICH: Stilfragen sind in meiner Partei nicht die entscheidenden Punkte. Entscheidend ist insbesondere die Frage nach Inhalten. Deswegen habe ich hier auch noch einmal betont, dass wir im November im Parlament über diese Inhalte diskutieren werden. Wir werden uns genau anschauen, was an Gesetzentwürfen vorliegt. Wir werden unter Umständen auch nachschärfen. Aber ich denke, wir werden uns damit dann auch dem Parteitag stellen. Auf dem Parteitag werden auch Diskussion über genau diese Fragen geführt werden. Das, was wir in den letzten Stunden besprochen haben, sind in der Tat die Zukunftsfragen für dieses Land. Wenn Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten an diesen Inhalten mitwirken, dann wollen wir auch eine so gute Arbeit machen, wie es möglich ist. Das müssen dann andere bewerten.
FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, im Papier steht, dass Deutschland wie andere Staaten in der EU Treibhausgasneutralität 2050 unterstützt. Wissenschaftler sagen, das könnte für Deutschland bedeuten, dass das schon viel früher der Fall sein müsste.
Erstens. Warum steht in dem Papier nicht: „Deutschland bekennt sich zu Treibhausgasneutralität 2050“?
Zweitens. Hinter Ihnen steht jetzt „Klimaschutzprogramm“. Frau Schulze hat ja ein Klimaschutzgesetz vorgelegt. Ist das – Frau Dreyer hat es angedeutet – immer noch ein Teil dieses Programms? Wird Deutschland, wie beispielsweise Großbritannien, ein großes Rahmengesetz Klimaschutz bekommen?
Eine ganz kleine dritte Frage. Unterstützt die Bundesregierung einen Mindestpreis im ETS?
BK’IN DR. MERKEL: Sagen Sie mir dafür, dass Sie drei Fragen gestellt haben, für welche Zeitung Sie arbeiten?
ZUSATZ: Entschuldigung, für den „Clean Energy Wire Online“.
BK’IN DR. MERKEL: Wir haben in unserem Papier auch verankert, dass wir einen Mindestpreis in ETS-Systemen unterstützen.
Zum Klimaschutzgesetz: Wir haben jetzt natürlich eine Vielzahl von Gesetzen zu verändern. Also das Ganze ist das Klimaschutzpaket oder das sind die Klimaschutzmaßnahmen. Aber ein Gesetz davon ist das Klimaschutzgesetz, und das bildet den Rahmen – über die Art der Kooperation, über die Einrichtung eines Kabinettausschusses, über den externen Sachverständigenrat, über die Tatsache, dass das BMU die Emissionsdaten erhebt, über die Frage der Budgets, die wir einhalten müssen, über die Sektordinge, über die Frage, wie der Entscheidungsmechanismus stattfindet. Also all das ist Teil. Aber daneben gibt es noch viele andere gesetzliche Änderungen.
Dann hatten Sie noch eine Frage gestellt?
ZUSATZ: Zur Klimaschutzneutralität 2050.
BK’IN DR. MERKEL: Ja, das haben wir doch geschrieben. Wir bekennen uns zur Klimaschutzneutralität Deutschlands 2050.
ZUSATZFRAGE: Im Papier steht nur, dass Sie das EU-Ziel Klimaschutzneutralität unterstützen.
BK’IN DR. MERKEL: Ich habe mich persönlich im Europäischen Rat verpflichtet, dass Deutschland eines der Mitgliedstaaten sein möchte, das im Jahr 2050 klimaschutzneutral ist. Wir werden das jetzt auch auf der UN-Vollversammlung in New York durch verschiedene Unterzeichnungszeremonien bekräftigen, wo auch andere Staaten, die sich demselben Ziel verpflichtet fühlen, dabei sind.
BM SCHOLZ: Vielleicht kann ich zwei kurze Ergänzungen machen.
Ja, wir finden es richtig, einen Mindestpreis zum europäischen Emissionshandel zu organisieren und miteinander zu vereinbaren. Wir werden auch in den europäischen Gremien dafür werben. Damit haben wir übrigens auch schon angefangen, weil sich abzeichnete, dass sich die Koalition darauf verständigen wird.
Wir sind übrigens auch der Meinung, dass in der Perspektive ein europäischer Emissionshandel etabliert werden sollte, der sich auch auf die Sektoren bezieht, die bisher nicht in das Emissionshandelssystem einbezogen sind, also eine sehr europäische Perspektive.
In Ihrer zweiten Frage ging es um das Klimaschutzgesetz. Es war uns ganz wichtig, dass wir das hinbekommen mit all den Monitoring-Verbindlichkeiten, die für die einzelnen Sektoren dazu gehören die Klärung des Prozesses, wie dann die Verantwortlichen sagen, was sie tun wollen, wenn die Ziele nicht erreicht werden, die Etablierung des Klimakabinetts als Dauerinstitution, die dann damit beschäftigt ist, diese Frage auch jeweils institutionell zu verhandeln und zu lösen. Da ist jetzt viel mehr Verbindlichkeit in der Sache, als das bisher der Fall war eine Verbindlichkeit, die aus unserer Sicht auch dringend notwendig ist.
FRAGE: Was den Anteil der erneuerbaren Energien angeht – ich meine den Wert von 65 Prozent – , da war ja bisher immer eine große Schwachstelle die Windenergie. Jetzt haben wir gelernt, dass Bayern Bayern bleibt. Wie wird die Frage denn ansonsten so gelöst, dass man da mehr vorankommt?
BK’IN DR. MERKEL: Willst Du erst etwas zu der bayerischen Spezialsituation sagen?
MP DR. SÖDER: Ja, wir sind da gut unterwegs. Es wird ja immer gesagt, dass unsere besondere Regelung, die 10H-Regelung, ein Grund dafür wäre, warum die Windenergie stockt. Unser Bundeswirtschaftsminister hat vor wenigen Tagen klargemacht, dass das kein regionales Problem ist, sondern ein nationales. Deshalb hat er auch zu einem Gespräch eingeladen. Darin geht es jetzt nicht allein um die Frage von Abstandsflächen, ganz im Gegenteil.
Was aber auffällig ist: Ich glaube, dass es klug ist, einen kommunikativen Mechanismus zu finden, wie Bürger in diese Prozesse integriert und nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Das ist heute Morgen gemacht worden. Ich war, wie gesagt, beiden Koalitionspartnern dankbar, dass man unsere Regel lässt.
BK’IN DR. MERKEL: … und Bestandsschutz gewährt hat.
MP DR. SÖDER: Ja, sie ist auch gut. Das kann man wieder machen. Aber da sollten vielleicht die anderen beiden Fraktionsvorsitzenden auch erwähnt werden. Kollege Brinkhaus hat mit großer Leidenschaft gekämpft, um das gut auf den Weg zu bringen. Herr Scholz hat dann am Schluss eine weise Formulierung gefunden.
MP DREYER: Das stimmt.
BRINKHAUS: Das stimmt wirklich, ja.
BK’IN DR. MERKEL: Das stimmt.
MP DR. SÖDER: Nach zwei Stunden.
MP DREYER: Ich will nur sagen: Wir haben uns wirklich darauf verständigt. Natürlich muss die Windenergie ausgebaut werden. Wir wollen dieses 65-Prozent-Ziel durch zusätzlichen Ausbau von Windenergie erreichen. Da haben Abstandsflächen eine Rolle gespielt. Da haben wir uns jetzt verständigt; das können Sie dem Papier entnehmen.
Aber es ist auch völlig klar, dass wir zum Beispiel auch eine Regionalisierungsquote haben wollen. Ich komme beispielsweise aus einem Bundesland – einem Flächenland – , in dem es für den Ausbau wichtig ist, dass wir auch wieder Zuschläge bekommen.
Ich darf noch sagen, dass wir uns auch darauf verständigt haben – dafür bedanke ich mich noch einmal sehr herzlich – , dass jetzt der Solardeckel aufgehoben worden ist, sodass wir auch die Solarenergie weiter ausbauen können. Auch das ist ein wichtiges Signal an all diejenigen, die wissen, dass wir noch ein bisschen zu tun haben, um nach dem Abschalten der Kohlekraftwerke und ohne Kernenergie dann wirklich in der Lage zu sein, viel erneuerbare Energie erzeugen zu können.
BK’IN DR. MERKEL: Wir haben nicht nur den Solardeckel aufgehoben, sondern auch die Offshore-Windenergie auf 20 Gigawatt hochgesetzt. Das ist auch eine sehr gute Nachricht. Ich habe meinen Wahlkreis an der Ostseeküste. Sie waren gegenüber der Nordsee etwas zurückgefallen. Jetzt haben sie wieder alle Chancen. Ich glaube, die Offshore-Windenergie hat auch wirklich viele Maßnahmen. Ich meine, wir müssen etwas für die Akzeptanz der Windenergie tun, auch vor Ort. Denn mitten in der Stadt stehen weniger Windanlagen als auf dem Lande.
Wir haben hier auch noch einen sehr interessanten Punkt im Zusammenhang mit der Grundsteuer. Wir haben nämlich die Möglichkeit, dass dadurch Kommunen bei der Windenergieerzeugung besser an den Gewinnen der Windräder beteiligt werden können. Ich glaube, das ist auch ein ganz wichtiger Punkt. Denn viele fragen sich: Was habe ich davon, wenn in meiner Nähe eine Windkraftanlage steht? Auch da verbessern sich die Rahmenbedingungen.
BRINKHAUS: Genau!
BM SCHOLZ: Es geht also voran. Onshore-Wind, Offshore-Wind, Solar das sind die drei Fragen, die in den letzten Zeiten von allen diskutiert worden sind. Da hat es viele Diskussionen gegeben. Ich glaube, wir haben das jetzt beenden können, sodass der Ausbau wieder stattfinden kann. Das ist auch unverzichtbar. Wir können nicht aus der Kohleverstromung aussteigen und keine neuen Erzeugungskapazitäten etablieren. Das muss in all diesen drei Feldern geschehen. Das ist jetzt mit den Vereinbarungen möglich, und zwar so, dass das mit breiter Akzeptanz geschieht.
Die Regelung bei der Grundsteuer gibt es schon in dem heutigen Grundsteuerentwurf. Wir haben jetzt noch einmal Ergänzungen vorgenommen, sodass man einen höheren Annahmeanteil in der Gemeinde haben kann, wo die Windmühlen stehen. Ich glaube, das ist wirklich etwas, was zur allgemeinen Zufriedenheit beitragen kann und vielleicht auch neue Interessenten auf den Platz ruft, die sagen: Bei uns wäre eigentlich eine windhöffige Veranstaltung möglich.
FRAGE: Meine Frage richtet sich an die Frau Bundeskanzlerin und den Herrn Finanzminister. Wenn das, was Sie heute beschlossen haben, ins Gesetzgebungsverfahren geht, wird man auch in den Bundesrat müssen. Da wird man sich um Mehrheiten bemühen müssen. Es wird um die Grünen und um die FDP gehen. Es ist abzusehen, dass Forderungen von beiden Seiten kommen werden. Es ist abzusehen, dass die Grünen beispielsweise höhere Einstiegspreise bei den Zertifikaten oder beim Festpreis fordern werden. Meine Frage: Ist da noch Spielraum?
BK’IN DR. MERKEL: Also wir haben schon jetzt Bund-Länder-Aspekte diskutieren müssen, weil auch Ministerpräsidenten mit am Tisch saßen. Wir wissen natürlich, dass wir immer kameradschaftlich Lösungen finden müssen. Den Diskussionen will ich aber heute nicht vorgreifen.
Die Grünen haben im Deutschen Bundestag zum Beispiel schon gesagt, dass sie das Parlament für den Ort halten, an dem dann auch überlegt wird, wie man vorankommt. Da gibt es eine lange parlamentarische Tradition, dass man auch schon immer ein bisschen an den Bundesrat denkt. Also da stehen uns sicherlich nicht einfache Gesetzgebungsprozesse bevor. Aber mit Recht hat man von einer Regierung erst einmal erwartet, dass sie ihre Vorstellung auf den Tisch legt. Das ist nicht die vorderste Aufgabe der Opposition, sondern das ist die Aufgabe der Regierung.
BM SCHOLZ: Wir haben ja jetzt eine ganz bunte Landschaft, was das Regieren in Deutschland betrifft. Wenn Sie sich die 16 Länder anschauen, dann gibt es ziemlich unterschiedliche, komplizierte und nicht so komplizierte Konstellationen. Wir haben eine Mehrheit im Deutschen Bundestag, die von der jetzigen Regierung repräsentiert wird. Wir müssen in diesem Prozess miteinander Gesetzgebung hinbekommen. Das klappt übrigens viel besser, als es manche geahnt und vorhergesagt haben. Wir haben jetzt mehrere Verfassungsänderungen miteinander durchgesetzt, und zwar weit über die Regierungsparteien hinaus. Das ist gewissermaßen die große Herausforderung im Gesetzgebungsprozedere. Deshalb bin ich auch optimistisch, was diese Frage betrifft.
Vielleicht ist es auch so, dass man einem solchen langen Weg eher mit heiterer demokratischer Fröhlichkeit gehen sollte, statt sich seufzend in die Ecke zu setzen, weil man denkt, wie schwer das alles werden könnte.
FRAGE: Frau Bundeskanzlerin, haben Sie denn jenseits irgendwelcher Evaluierungen und Überprüfungen durchgerechnet, ob Sie die 300 Millionen Tonnen, die bis zum Jahr 2030 eingespart werden müssen, laut Ihren eigenen Prognosen und Berechnungen tatsächlich beisammen haben?
Herr Finanzminister, vielleicht auch noch eine Frage an Sie zur Finanzierung: Finanziert sich das jetzt aus den Mehreinnahmen, durch höhere CO2-Preise zum Beispiel?
Verwenden Sie zur Finanzierung des Programms größtenteils noch allgemeine Steuereinnahmen? Ist das geplant? Oder zapfen Sie letztendlich noch andere Töpfe an, wie zum Beispiel den Klimafonds? Da wären ja noch andere Möglichkeiten denkbar.
BK’IN DR. MERKEL: Sie haben gefragt, ob wir das durchgerechnet haben. Wir haben extra nicht alle Bepreisungen bis zum Jahre 2030 angegeben, weil es schier unmöglich ist, im Jahre 2019 vorauszusagen, wie sich die Dinge entwickeln. Deshalb versuchen wir natürlich die Umweltministerin ist da sehr streng zu ermitteln: Welche Maßnahme könnte welche CO2-Minderung ergeben?
Sehen Sie sich zum Beispiel einmal an, was uns die Automobilindustrie sagt. Sie denkt, dass wir im Jahre 2030 sieben bis zehn Millionen Elektroautos haben werden. Jetzt müssen sie natürlich sagen: In welchem Hochlauf pro Jahr werden sie genau ihren Anstieg sehen? Wie viele Kilometer wird man im Durchschnitt mit so einem Elektroauto fahren? Also wie viele Kilometer von heute ich spreche vom CO2-Verbrauch wird das ersetzen?
Das sind natürlich sehr komplexe Rechnungen. Deshalb gibt es Gutachter, Ressortgutachter, Kreuzgutachter und vieles andere mehr. Trotzdem wird man nicht mit letzter Sicherheit sagen können, insbesondere wenn noch ein Preissignal dazukommt, wenn man attraktive Angebote bei der Bahn hat oder der ÖPNV ausgebaut wird: Wie genau wird sich das Konsumverhalten, das Fahrverhalten, das Mobilitätsverhalten der Menschen in Deutschland entwickeln? Deshalb ist es so wichtig, dass wir dieses Klimakabinett haben, dass wir jedes Jahr überprüfen: Stimmen unsere Annahmen?
Die Fragen, ob es ein heißer oder ein kühlerer Sommer ist, ob Sie Wirtschaftswachstum oder kein Wirtschaftswachstum haben, entscheiden auch massiv über bestimmte Daten. Deshalb gibt es auf der einen Seite die Langfristbetrachtung; die stellen wir natürlich an. Aber wir müssen auch immer den Kurzfristtest machen. Sonst wird das nicht aufgehen.
BM SCHOLZ: Es geht in der Tat um ein Bündel von Maßnahmen. Es geht um massive Förderung, um klare gesetzliche Regeln, die natürlich auch helfen, dass Anforderungen erfüllt werden. Dann geht es natürlich auch um Preise, auch um Verbilligung. Wir haben ja zum Beispiel vor, Ticketpreise bei der Bahn zu senken usw. Es sind einige Dinge, die mehr Aufwand erfordern. Das ist das, was ich vorhin genannt habe.
Wir können das, soweit wir das bisher vorherrechnen können, aus den Einnahmen, die uns zur Verfügung stehen, ein nicht sehr veränderter Beitrag aus dem Bundeshaushalt, gut finanzieren: Das, was wir aus den Emissionshandelserlösen, die in dem europäischen Emissionshandelssystem für die Energiewirtschaft und die große Industrie erzielt werden, bisher schon im Klimafonds vereinnahmt haben, und das, was wir jetzt aus diesen neuen verschiedenen Schritten entnehmen können ich habe sie alle aufgezählt: Ticketabgabe, andere Kfz-Steuer, CO2-Komponente in der Lkw-Maut und eben das Bepreisungssystem mit allmählich steigenden höheren Preisen für Heiz- und Kraftstoffe, das wir jetzt auf den Weg gebracht haben , das alles zusammen gibt uns die Kraft, das Notwendige zu tun, und zwar viel mehr als wir alle vermutet haben.
VORS. SEIBERT: Vielen Dank dem Podium. Vielen Dank auch Ihnen. Noch einen schönen Freitagnachmittag!
->Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung – http://www.bundesregierung.de