Müller: „71 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht“
Wie kann man den Ursachen von Flucht und Migration wirksam begegnen? Antworten auf Fragen wie diese soll die im Juli von der Bundesregierung eingesetzte 24köpfige Fachkommission zum Thema Fluchtursachen liefern, die am 02.10.2019 in Berlin erstmals zusammentrat, wie das BMZ mitteilte. 71 Millionen Menschen seien weltweit auf der Flucht, durch den Klimawandel könnten noch mehr Menschen ihre Heimat verlieren, erklärte Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU): „Wir müssen all diesen Menschen eine Perspektive in ihrer Heimat geben und die Ursachen von Flucht und Migration deutlich verringern“.
Bis Ende 2020 soll die Kommission für Regierung und Parlament Vorschläge entwickeln, wie Fluchtursachen abgeholfen werden kann. Den Vorsitz haben die Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, Gerda Hasselfeldt, und die ehemalige Welthungerhilfe-Präsidentin Bärbel . Der Kommission gehören Wissenschaftler unter anderem aus der Wirtschaft und Migrationsforschung sowie Vertreter von Nichtregierungsorganisationen an. Mitglieder sind unter anderem „Brot für die Welt“-Präsidentin Cornelia Füllkrug-Weitzel und der Politikberater Gerald Knaus.
Die Minderung von Fluchtursachen und die Unterstützung von Aufnahmeländern ist bereits seit der letzten Wahlperiode ein Schwerpunkt des BMZ. Mit der Sonderinitiative „Fluchtursachen mindern – Flüchtlinge reintegrieren“ seien schon über neun Millionen Menschen erreicht worden. Deutschland baue Schulen und Krankenhäuser für Flüchtlinge und die aufnehmende Bevölkerung und schaffe Zukunftsperspektiven nahe der Heimat. Im Krisenbogen rund um Syrien sei Deutschland einer der größten Geber. Mit deutscher Unterstützung können 1,4 Millionen Kinder in die Schule gehen. Fast 20.000 Lehrer werden unterstützt, die im letzten Jahr 365.000 Flüchtlingskinder im Libanon, in Jordanien und der Türkei unterrichtet haben. Für 4,2 Millionen Menschen im Syrienbogen wurde die Versorgung mit sauberem Trinkwasser verbessert und die medizinischen Einrichtungen für 3,5 Millionen Menschen ausgebaut. Mit der Beschäftigungsoffensive „Cash for Work“ wurden Jobs und Einkommen für 280.000 Flüchtlinge und Menschen in aufnehmenden Gemeinden im Nahen Osten geschaffen. Mit dem Programm „Perspektive Heimat“ seien seit dem Start 2017 bereits 400.000 Maßnahmen zur Qualifizierung, Unterstützung bei der Existenzgründung, Beschäftigungsvermittlung und zur psychosozialen Unterstützung durchgeführt worden, davon über 32.000 Maßnahmen für Rückkehrer aus Deutschland.
Töpfer: „Politik konzentriert sich weiter auf die Abwehr von Flüchtlingen“
Eine Initiative für eine Untersuchungskommission im Bundestag zum gleichen Thema begrüßte den Start des Expertengremiums. „Die Politik konzentriert sich weiter auf die Abwehr von Flüchtlingen. Es muss endlich darum gehen, die Ursachen, warum Menschen sich gezwungen sehen, ihre Heimat zu verlassen, ernsthaft, systematisch und ehrlich zu ergründen, um dann gegenzusteuern“, sagte der Mitinitiator und frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer. Er hatte die Aktion zusammen mit dem Bürgerrechtler Ralf-Uwe Beck und der Ehrenvorsitzenden des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Angelika Zahrnt, vor der jüngsten Bundestagswahl gestartet. 150 Träger des Bundesverdienstkreuzes aus Zivilgesellschaft und Kirche haben sich der Forderung angeschlossen.
Welche Verantwortung hat Deutschland?
Anlässlich der konstituierenden Sitzung forderte Zahrnt aber auch, die Kommission müsse auch untersuchen, wie Deutschland zu Fluchtursachen beitrage und welche Auswirkungen das Wirtschaften und der Lebensstil in Deutschland auf Fluchtbewegungen habe. „Rüstungsexporte, Handelsbeziehungen, die Rohstoffwirtschaft, Agrarsubventionen und Fischfangquoten gehören auf den Prüfstand“, so die BUND-Ehrenvorsitzende.
Mehr als 1.000 Todesopfer
Unterdessen gaben die Vereinten Nationen bekannt, dass auf der Flucht über das Mittelmeer in diesem Jahr bereits mehr als 1.000 Menschen ertrunken sind. „Wir müssen mit Stand gestern jetzt von 1028 Toten ausgehen“, sagte der in Berlin. Europa müsse sich seiner Verantwortung stellen. Im vorigen Jahr hatte das UN-Hilfswerk am Ende 2.277 Tote und Vermisste gezählt. „Das ist das sechste Jahr in Folge, in dem mehr als 1.000 Menschen im Mittelmeer ertrinken“, sagte Bartsch. „Diese Situation ist ein moralisches Fiasko und absolut inakzeptabel.“ Als einen wichtigen Vorstoß wertete Bartsch die Einigung Deutschlands, Frankreichs, Italiens und Maltas auf eine Übergangslösung zur Seenotrettung.
Solarify fragt sich, wozu wir Ministerien mit nachgeordneten Behörden, teils wissenschaftlicher Art, Botschaften, Universitätsinstitute, Auslandsvertretungen der Parteistiftungen, unabhängige Institutionen, wissenschaftliche Forschungseinrichtungen haben. Gilt das alte Motto: „Wenn ich nicht mehr weiter weiß, gründe ich einen Arbeitskreis“? Haben wir nicht vielmehr ein Entscheidungs- und Handlungs-, als ein Wissensdefizit?
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