Chemie-Nobelpreis geht an Entwickler von Li-Ionen-Batterien

830.000 Euro für „eine wiederaufladbare Welt“

Der bisher älteste Nobelpreisträger überhaupt erhält den Preis für Chemie 2019: der 1922 in Jena geborene 97jährige Amerikaner John Goodenough. Gemeinsam mit Stanley Whittingham USA) und Akira Yoshino (Japan) gewinnt er den Chemie-Nobelpreis. Sie entwickelten die Lithium-Ionen-Batterie, die u.a. in Mobiltelefonen, Laptops oder E-Autos zum Einsatz kommen. Das teilte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am 09.10.2019 in Stockholm mit.

John Bannister Goodenough wurde  am 25.07.1922 als Kind US-amerikanischer Eltern in Jena geboren. Der amerikanische Physiker und Materialwissenschaftler, Professor an der University of Texas in Austin, hat wichtige Beiträge zur Entwicklung moderner Lithium-Ionen-Akkus geleistet. Vor allem war er an der Entdeckung der bedeutendsten Kathodenmaterialien beteiligt. Goodenough hat mehr als 500 wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht, 85 Buchkapitel und Übersichtsarbeiten und fünf Bücher, darunter zwei bahnbrechende. Für seine Leistungen hat er viele Ehrungen erhalten,

Michael Stanley Whittingham wurde am 22. 12.1941 in Nottingham, England) geboren. Der amerikanische  Chemiker (Fachgebiete Festkörperchemie, Elektrochemie) studierte Chemie an der Oxford University und war von 1968 bis 1972 als Postdoctoral Fellow an der Stanford University tätig. 1972 bis 1984 arbeitete er für die Exxon Research & Engineering Company, 1984 bis 1988 als Direktor für Physikalische Wissenschaften (Physical Science) bei Schlumberger. Seit 1988 ist er Direktor des Instituts für Materialforschung (Institute for Materials Research) an der Binghamton University im US-Bundesstaat New York. Er leistete entscheidende Beiträge zur Erforschung von Lithiumbatterien und entwickelt neue anorganische Oxidmaterialien und Materialien mit hoher Energie-Speicherfähigkeit. 2018 wurde er in die National Academy of Engineering gewählt.

Akira Yoshino wurde am 30.01.1948 in Suita, Präfektur Osaka) geboren. Der japanische Ingenieur ist seit fast 40 Jahren für die marktreife Entwicklung von Lithium-Ionen-Batterien bekannt. 1972 an der Universität Osaka promoviert, arbeitete Yoshino für Asahi Kasei, dann für A&T Battery. Heute ist er General Manager des Yoshino-Labors und Präsident des Lithium Ion Battery Technology and Evaluation Center (LIBTEC) sowie Professor an der Meij?-Universität. Auf der Basis des 1983 von John B. Goodenough entdeckten Lithium-Cobalt(III)-oxid (Lithium-Cobaltdioxid-Akkumulator) entwickelte Yoshino den ersten Prototyp einer Li-Ionen-Batterie, der Polyacetylen als Anode verwendete, ersetzte Polyacetylen aber später durch Kohlenstoff-Verbindungen (Patentierung 1985). Kommerziell erhältlich waren Akkumulatoren dieser Bauart ab Beginn der 90er Jahre. Weitere auf Yoshino zurückgehende Verbesserungen sind der Einsatz von Aluminiumfolien als Separator, die Wicklung als Konstruktionsprinzip sowie verschiedene Sicherheitseinrichtungen und Lademethoden. Yoshinos Arbeiten wurden vielfach ausgezeichnet: U.a. mit dem Global Energy Prize, dem Japan-Preis und dem  Europäischen Erfinderpreis. (Alle drei nach de.wikipedia.org)

Geschichte der Li-Ionen-Batterie (nach der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften)

Der Grundstein für die Lithium-Ionen-Batterie wurde während der Ölkrise in den 1970er Jahren gelegt. Whittingham arbeitete an der Entwicklung von fossilbrennstofffreien Energietechnologien, beginnend mit der Erforschung von Supraleitern. Er entdeckte ein extrem energiereiches Material, aus dem er eine innovative Kathode in einer Lithium-Batterie herstellte. Dieses wurde aus Titandisulfid produziert, das auf molekularer Ebene Räume besitzt, in denen Lithiumionen untergebracht – interkaliert – werden können.

Die Anode der Batterie wurde teilweise aus metallischem Lithium hergestellt, das einen starken Antrieb zur Freisetzung von Elektronen hat. Daraus resultierte eine Batterie mit buchstäblich großem Potenzial, etwas mehr als zwei Volt. Metallisches Lithium ist jedoch reaktiv und die Batterie war zu explosiv, um lebensfähig zu sein.

Goodenough sagte voraus, dass die Kathode noch mehr Potenzial hätte, wenn sie mit einem Metalloxid anstelle von Metallsulfid hergestellt würde. Nach einer systematischen Suche zeigte er 1980, dass Kobaltoxid mit interkalierten Lithiumionen bis zu vier Volt erzeugen kann. Das war ein wichtiger Durchbruch und würde zu viel leistungsfähigeren Batterien führen.

Auf der Grundlage der Kathode von Goodenough entwickelte Yoshino 1985 die erste kommerziell nutzbare Lithium-Ionen-Batterie. Anstatt reaktives Lithium in der Anode zu verwenden, verwendete er Petrolkoks, ein Kohlenstoffmaterial, das, wie das Kobaltoxid der Kathode, Lithiumionen einlagern kann.

Das Ergebnis war ein leichter, strapazierfähiger Akku, der hunderte Male aufgeladen werden konnte, bevor seine Leistung nachließ. Der Vorteil von Lithium-Ionen-Batterien besteht darin, dass sie nicht auf chemischen Reaktionen basieren, welche die Elektroden zerstören, sondern auf Lithium-Ionen, die zwischen Anode und Kathode hin und her fließen.

„Lithium-Ionen-Akkus haben das Alltags-Leben revolutioniert, seit sie 1991 auf den Markt kamen. Sie haben den Grundstein für eine drahtlose, fossilbrennstofffreie Gesellschaft gelegt und sind für die Menschheit von größtem Nutzen“, so die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften. Die drei Wissenschaftler hätten „eine wiederaufladbare Welt erschaffen“

Die renommierteste Auszeichnung für Chemiker ist derzeit mit umgerechnet rund 830.000 Euro (9 Millionen Schwedischen Kronen) dotiert. Die feierliche Übergabe der Preise findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel.

180 Chemie-Preisträger, davon nur fünf Frauen

Seit 1901 wurde der Chemie-Nobelpreis an 180 Forscher vergeben. Der Brite Frederick Sanger erhielt ihn zweimal. Unter den Preisträgern waren bislang nur fünf Frauen, etwa Marie Curie 1911, für die Entdeckung der radioaktiven Elemente Polonium und Radium. Neben Marie Curie erhielten nur vier weitere Frauen den Chemie-Nobelpreis: 1935 deren Tochter Irène Joliot-Curie (gemeinsam mit ihrem Ehemann Frédéric Joliot-Curie), 1964 die Britin Dorothy Hodgkin, 2009 die Israelin Ada Yonath und 2018 die US-Amerikanerin Frances H. Arnold.

Solarify will kein Wasser in den Nobelpreiswein schütten, erinnert aber daran, dass in Richtung Nachhaltigkeit noch viel geschehen muss, bis man diese Batterien-Art ethisch-ökologisch korrekt nennen kann. Noch werden beim Lithium-Abbau, wie man hört, Menschenrechte verletzt, und auch die Ressource Kobalt steht (mehr als die Hälfte davon im politisch extrem instabilen Südostkongo) nicht korruptionsfrei zur Verfügung

->Quellen: